Was hat dich bloß so ruiniert, HSV & St.Pauli?

Der Hamburger Fußball hat es in diesen Wochen und Monaten leicht. Der Hamburger SV und der FC St. Pauli taumeln unisono Richtung Abgrund. Höhepunkt der Tiefschläge waren die gestrigen 0:1-Niederlagen beider Teams gegen die Berliner Konkurrenz. Kurz vor Schluss verloren beide in nahezu typisch-tragischer Manier und versäumten es, die Hertha und Union mit in die Abstiegszonen zu ziehen. Sind also die Tage des HSV als Erst- und die von Pauli als Zweitligist gezählt?

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„Die Jahreswende im Keller verbracht
und bei der Feierei über Zahlen nachgedacht“

Diese Liedzeile der Hamburger Band „Die Sterne“ bringt es auf den Punkt. Beide Hamburger Klubs verbrachten die Winterpause schon in reichlich unruhigem Gewässer. Der HSV lag zwar auf Platz 14, ihn trennten allerdings nur zwei Punkte vom Tabellenende. St. Pauli stand in Liga 2 ebenfalls nur zwei Punkte besser da als der Letztplatzierte, rangierte aber bereits auf Abstiegsplatz 17. Doch was kam beim Nachdenken in der spielfreien Zeit eigentlich raus? Der HSV hielt an Trainernovize Joe Zinnbauer fest, den er erst kurz nach Saisonbeginn installiert hatte. Beim Spielerpersonal justierte der ehemalige Spitzenklub nach. Chiles WM-Teilnehmer Marcelo Díaz kam aus Basel, verletzte sich aber prompt am Innenband. Ivica Olic kehrte nach Jahren in München und Wolfsburg heim nach Hamburg, blieb bislang jedoch ohne große Wirkung.

St. Pauli kam zwischen den Jahren ebenfalls zum Schluss, personell nachlegen zu müssen. Julian Koch kam aus Mainz und spielte sich bereits in die Mannschaft, bisher aber ohne durchschlagenden, also zählbaren Erfolg. Allerdings hatte er in den letzten Jahren derart viel Verletzungspech, dass er erst einmal wieder beständig im Profifußball Fuß fassen muss. Die anderen Neuzugänge spielten bislang keine Rolle. Die größten Konsequenzen zogen die Verantwortlichen des Kiezklubs ohnehin bereits unmittelbar vor dem Weihnachtsfest. Trainerdino Ewald Lienen übernahm die Verantwortung an der Seitenlinie. Sein Vorgänger Thomas Meggle rotierte auf den Posten des Sportdirektors, wo er den glücklosen Rachid Azzouzi ersetzte. Diese Entscheidungen wirkten vom Zeitpunkt her sehr unglücklich, hatte Klub-Präsident Oke Göttlich doch nur einen Tag zuvor in einem ausführlichen kicker-Interview jeglichen Aktionismus weit von sich gewiesen. „Weshalb sollten wir uns von Rachid trennen?“, fragte er da etwa. Er stellte vielmehr fest „(…), dass wir heiß darauf sein müssen, wieder andere Wege zu finden, mutige Entscheidungen zu treffen. Dass es wieder eine Aufbruchstimmung gibt, wir nach anderen, kreativen Lösungen suchen.“ Nun, sonderlich kreativ war die Personalpolitik einen Tag später nicht gerade.

„Du hast dich aufgerieben wie noch nie
und deine Energie ist jetzt irgendwie weg
doch es hat dich gegeben
du hast Spuren hinterlassen
immerhin jemand wird sich erinnern
Nichts ist perfekt“

Aufgerieben haben sich beide Mannschaften in dieser Saison ohne Zweifel. Fußball wird eher gekämpft, als gespielt. Beide liegen in der Statistik der Gelben Karten in ihren Ligen vorne. Der Ertrag des Kampfeswillens lässt freilich zu wünschen übrig. Exemplarisch sei das körperbetonte Spiel des HSV gegen Dortmund erwähnt, als die Nordlichter vor lauter Kampf das eigene Offensivspiel aus dem Blick verloren. Die Energie fürs Toreschießen blieb folglich auf der Strecke. In 15 der 26 Spiele blieb der HSV ohne eigenen Torerfolg. Schon zu diesem Zeitpunkt der Saison ein Allzeit-Rekord im negativen Sinne. St. Pauli verfügt hingegen über die Schießbude der 2. Bundesliga. 44 Gegentreffer musste noch kein Team hinnehmen. Kein Wunder bei dem Slapstick-Gegentor von gestern Abend. Dass ausgerechnet gegen die zweitschwächste Abwehr von Union kein Tor gelang, zeigt die ganze Misere der Jungs vom Kiez. Verletzungssorgen kommen hinzu. Beide müssen immer wieder ihre Aufstellungen durcheinanderwürfeln. Routinen entwickeln sich nicht. Individuelle Fehler stellen sich regelmäßig ein, die die Konkurrenz oft genug ausnutzt. Folglich sitzt die Angst in den Köpfen der Spieler. Joe Zinnbauer hat jedenfalls wie alle seiner zahlreichen Vorgänger keine Trendwende herbeiführen können und wird nach der gestrigen Niederlage deutlich angezählt. (Update: 22.03., 19:30 Uhr. Und schon ist Zinnbauers Entlassung Fakt: Link). Ewald Lienen kommt mit seinem Team im Schneckenrennen am Tabellenende ebenfalls nicht vom Fleck. Ihm scheint wie schon als Trainer von Arminia Bielefeld kein Glück beschieden. Vor vier Jahren holte er mit der Arminia in 23 Spielen gerade einmal drei Siege und 16 Punkte. Viel zu wenig für den Klassenerhalt in der 2. Bundesliga. Auf St. Pauli scheint er die Trendwende ebenfalls nicht herbeiführen zu können: Nur zwei Siege und neun Punkte in neun Spielen sind im Abstiegskampf definitiv zu wenig. Vor allem, wenn es Niederlagen gegen die direkte Konkurrenz (Fürth, 1860, Union) setzt.

Alle St. Pauli und HSV-Fans eint deshalb im Moment nicht mehr als das Warten, dass es wieder etwas besser wird. Hält man sich an „Die Sterne“ und ihren Song „Das bisschen besser“, dann wäre die Hoffnung vergebens!

„Es hat keinen Sinn zu warten bis es besser wird
Das bisschen besser wär das Warten nicht wert“

Hier gehts zum Sterne-Video auf vimeo: Link

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