Vereint vom Rekordspiel bis zum Abstieg: AS Monaco und Deportivo La Coruna

Am 5. November 2003 trug sich im Stade Louis II wahrlich Historisches zu. AS Monaco gewann in der Vorrunde der Champions League mit 8:3 gegen Deportivo La Coruna. Bis heute die torreichste Partie in der europäischen Königsklasse. Keine sechs Monate später standen beide Vereine im Halbfinale der Champions League. Ein Erfolg, der ihnen seither nicht mehr gelang. Schlimmer noch, beide stiegen im Mai 2011 ab!

A night to remember
Keiner der 17.000 Zuschauer im Stade Louis II hätte wohl vor dem Spiel AS Monaco gegen Deportivo La Coruna damit gerechnet elf Toren beizuwohnen. Die erste Begegnung der beiden Klubs endete zwei Wochen zuvor noch mit dem knappsten aller Siege 1:0 für La Coruna. Doch an diesem Abend sollten es beide Teams mit dem Verteidigen nicht allzu genau nehmen. Nach zwei Minuten leistete sich La Coruna den ersten kapitalen Abwehrschnitzer, den Jerome Rothen per Heber zum 1:0 ausnutzte. Bis zum Pausentee hatten die Stürmer hüben wie drüben wenig Probleme den Spielstand auf 5:2 in die Höhe zu treiben. Zu viel für Molina, den Torwart der Galizier, der sich auswechseln ließ. Seinem Vertreter sollte es kaum besser ergehen. Keine vier Minuten nach seiner Einwechslung stand es bereits 2:7. Dado Prso, der kroatische Stürmer der Monegassen, machte das Spiel seines Lebens und erzielte vier Tore. Bei seiner Auswechslung nach 75 Minuten durfte er sich den Applaus der Zuschauer abholen. Für ihn betrat übrigens ein 19-jähriger Togoer den Platz: Emmanuel Adebayor. Bemerkenswert an dem hohen Resultat war, dass zehn der elf Tore aus dem Spiel heraus fielen. Zudem hatte kein Platzverweis den „Tag der offenen Tore“ begünstigt.

Champions-League-Finale AufSchalke 2004 (Quelle: Matthias Kneifl)

Nach dem Rekordspiel starten beide durch
Die böse Schlappe hatte für die Spanier keine negativen Auswirkungen. Hinter Monaco erreichten sie als Gruppenzweiter die K.O.-Runde. Und hier sorgten beide für weitere Sternstunden. La Coruna schaltete zunächst Juventus Turin aus (1:0, 1:0), bevor es im Viertelfinale Titelverteidiger AC Mailand nach einer 1:4 Hinspielniederlage im heimischen Stadion sensationell mit 4:0 abfertigte. Im Halbfinale sollte dann jedoch der FC Porto Endstation sein (0:0, 0:1).
Die Monegassen hingegen marschierten bis ins Finale. Im Achtelfinale setzten sie sich gegen Lokomotive Moskau (2:1, 0:1) durch, bevor im Viertelfinale die „Galaktischen“ aus Madrid eliminiert wurden. Einem schmeichelhaften 2:4 in Madrid folgte zu Hause ein leidenschaftlicher 3:1-Sieg. In der Vorschlussrunde blieb der favorisierte Chelsea FC auf der Strecke (3:1, 2:2). Im Endspiel ging den Monegassen allerdings der Sprit aus: Am Ende hieß es gegen den FC Porto 0:3.

Nur noch Mittelmaß
Neben der erfolgreichen Champions-League-Kampagne beendeten beide Vereine ihre heimischen Ligen 2004 auf dem dritten Platz, der zur Qualifikation für die Königsklasse berechtigte. Beide setzten sich in den Quali-Spielen problemlos durch und das Schicksal wollte es, dass beide erneut in eine gemeinsame Vorrundengruppe gelost wurden. Während sich Monaco im direkten Duell deutlich durchsetzte (2:0 und 5:0) und den Gruppensieg errang, blieb La Coruna mit zwei Punkten und 0:9 Toren nur der letzte Platz. Die Monegassen scheiterten eine Runde später an der PSV aus Eindhoven.
Damit verabschiedeten sich La Coruna und Monaco bis auf Weiteres aus der europäischen Königsklasse. Beide sollten es danach nur noch einmal in den UEFA-Cup schaffen. Die zweite Hälfte der 00er-Jahre waren geprägt vom grauen Mittelmaß.

Nichts geht mehr – der Abstieg
Die Talfahrt beider Vereine kulminierte in der Saison 2010/11. Deportivo und AS befanden sich fast durchweg im Abstiegskampf, hatten aber am letzten Spieltag die Gelegenheit den Super-Gau mit Heimsiegen abzuwenden. Beide trafen mit dem FC Valencia bzw. Olympique Lyon auf die drittplatzierten Teams, für die es um nichts mehr ging. Dieser Sachverhalt schien La Coruna und Monaco jedoch nicht zu beflügeln. Zu schwer lastete der Erfolgsdruck, so dass sie ihre Spiele jeweils mit 0:2 verloren und die Saison auf Platz 18 und damit dem ersten Abstiegsplatz beendeten. Für Deportivo hieß es nach 20 Jahren Abschied von der spanische Eliteklasse zu nehmen, Monaco trat nach 35 Jahren den harten Gang in die Zweitklassigkeit an.

Gründe für den parallelen Niedergang
Während „Depor“ und AS noch im Jahr 2000 den Meistertitel in Spanien bzw. Frankreich feierten, folgte spätestens ab 2005 der parallele Niedergang. Den Auftakt bildete im Sommer 2005 der „Verlust“ der beiden langjährigen Erfolgstrainer. La Coruna entließ am Ende einer verhältnismäßig schlechten Saison (2004/05: 8. Platz) Javier Irureta. Didier Deschamps zog bei Monaco am Beginn der Saison 2005/06 selbst die Konsequenz aus einem mißglückten Saisonstart (Rang 15) und trat zurück. Irureta hatte die Galizier seit 1999 in der Spitzengruppe der spanischen Liga und damit auch in der Champions League etabliert. Trainernovize Deschamps (seit 2001) hatte den AS Monaco nach anfänglichen Schwierigkeiten zwischen 2003 und 2005 zu einer letzten Hochphase in der Ligue 1 (2., 3., 3.) geführt.
Schwerer noch als der Verlust der Erfolgstrainer wogen bei beiden Vereinen allerdings finanzielle Probleme. Sowohl Deportivo als auch AS hatten jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt und einen gigantischen Schuldenberg angehäuft. Transferüberschüsse sollten diesen fortan abtragen. Folglich mussten die erfolgsverwöhnten Clubs Jahr für Jahr ihre besten Spieler ziehen lassen. Monaco stand schon 2003 mit kolportierten 50 Millionen Euro Schulden in der Kreide. Spätestens nach der erfolgreichen Champions-League-Kampagne 2004 begann der Ausverkauf. La Coruna bekam 2005 von den Banken das Stoppschild gezeigt. Eine dreistellige Schuldensumme ließ nur noch Platz für einen strikten Sparplan. Die sich abzeichnende Banken- und Finanzkrise verschärfte die Situation noch, gewährten die Banken doch kaum noch Kredite.
Mit der Sparpolitik war allerdings in beiden Fällen eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt: Weniger Finanzmittel führten zu geringerer Qualität in den Kadern, was für ausbleibenden Erfolg in den heimischen Ligen sorgte und damit für fehlende Einnahmen aus dem internationalen Geschäft. Zudem sank der Zuschauerschnitt in beiden Fällen von 2004 bis 2010 rapide (La Coruna: 31.000 auf 20.227, Monaco: 9.088 auf 6.907). Die Vereine waren also in der misslichen Lage Geld einzusparen, zugleich aber immer weniger einzunehmen. Zwangsläufig wirkte sich dies auf die Wettbewerbsfähigkeit. Borussia Dortmund hatte mit ähnlichen Problemen zu kämpfen, fand nach Jahren des Darbens aber mit einer „Jugendwelle“ jüngst zurück in die Erfolgsspur.
Bei La Coruna schlugen sich die finanziellen Zwänge am deutlichsten in der Treffsicherheit nieder: War die Offensive lange Jahre das Aushängeschild der Galizier (2002 und 2003 stellten sie den Torschützenkönig), so galt die Abteilung Attacke zuletzt als die harmloseste der spanischen Liga: in 21 von 38 Spielen wollte 2010/11 kein Treffer gelingen.
Bei Monaco kam zu den finanziellen Problemen noch eine unheilvolle Fluktuation bei den handelnden Personen hinzu. Vier verschiedene Präsidenten und sechs Trainer in sechs Jahren hinterließen beim einstigen Titelträger ein heilloses Durcheinander. Zudem entwuchsen der einstmals starken Jugendakademie keine Hoffnungsträger mehr vom Schlage eines David Trezeguet oder Thierry Henry.

La tristesse durera
In der zurückliegenden Sommerpause hat der AS Monaco seinen Kader ordentlich verjüngt und einen deutlichen Transferüberschuss erwirtschaftet. Trotzdem besitzt der Verein noch den zweitteuersten Kader der Liga. Hoffnungsträger ist der mittlerweile 35-jährige Ludovic Giuly, der nach den Stationen FC Barcelona, AS Rom und Paris St. Germain wieder zu den Monegassen zurückkehrte. Nichtsdestotrotz erlebt der Verein gerade die nahtlose Fortsetzung seines ganz persönlichen Alptraums. Wenn die Rot-Weißen am Samstag, auf den Tag genau acht Jahre nach dem grandiosen 8:3, die Gästeelf aus Le Mans empfangen, dann tun sie dies als Tabellenletzter der Ligue 2. Nur ein Sieg aus 13 Spieltagen bedeutet Rang 20. Klar, dass bei dieser Bilanz der Trainer bereits seinen Hut nehmen musste.
Auch Deportivo La Coruna hat noch mit Akklimatisierungsproblemen in der zweiten spanischen Liga zu kämpfen. Der Verein stellt zwar den teuersten Kader der Liga und setzt im Gegensatz zu Monaco auf Erfahrung, dennoch muss er hartnäckig um den Anschluss an die Tabellenspitze kämpfen. Nach elf Spieltagen liegt La Coruna neun Punkte hinter Rang eins auf Platz sieben. Zu Platz zwei, der ebenfalls zum direkten Aufstieg berechtigt, fehlen derzeit drei Punkte. Es besteht in Galizien also noch Hoffnung, das Malheur des Abstieges postwendend auszubügeln.
An neue Champions-League-Abenteuer denkt in beiden Vereinen derzeit aber mit Sicherheit niemand mehr.

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