WM-Spieltag 6: Belgiens feiner Mix

Die belgische Auswahl zählt für nicht wenige Experten zu den Geheimfavoriten bei der WM. Nach zwölf Jahren Abstinenz kreuzen Flamen und Wallonen mit einem ebenso aufregenden wie talentierten Kader beim Weltturnier auf. Wer den Hype um Belgiens Team verstehen will, der muss es nur einmal mit dem letzten WM-Kader der Belgier aus dem Jahr 2002 vergleichen.

Heutiger Kader im Schnitt mehr als drei Jahre jünger als 2002
Marc Wilmots konnte sich für die WM in Brasilien aus einem reichhaltigen Talentpool bedienen. Letztlich nominierte er 23 Spieler, die im Schnitt gerade einmal 25,5 Jahre alt sind. Damit liegen sie zwei Jahre unter dem Altersschnitt aller Teams bei der aktuellen WM. Die erste Elf, die beim WM-Auftakt auf dem Feld erwartet wird, dürfte die 25 Jahre sogar noch unterschreiten. Vor zwölf Jahren führte „Kampfschwein“ Wilmots die „Roten Teufel“ selbst noch als Kapitän aufs Feld. Doch die Auswahl sah mit ihren durchschnittlich 28,9 Jahren schon ganz schön alt aus. Beim – zugegebenermaßen unglücklichen – Achtelfinal-Aus gegen Brasilien lag der Altersschnitt der Startelf gar bei 29,2 Jahren. Aus der damaligen Elf ist nur noch Bayern-Spieler Daniel van Buyten übrig geblieben. In Brasilien fungiert er als Back-up für die nominellen Innenverteidiger Vincent Kompany (Manchester City) und Thomas Vermaelen (Arsenal FC).

2014: 20 WM-Fahrer bei europäischen Spitzenvereinen international gefordert 
Die beiden zählen zu den insgesamt elf Belgiern, die in der englischen Premier League ihr Geld verdienen. Insgesamt stehen 20 der 23 WM-Fahrer beim Who-is-who europäischer Spitzenklubs unter Vertrag: Atlético Madrid, FC Porto, SSC Neapel, Zenit St. Petersburg, OSC Lille, Manchester United, Manchester City, Arsenal FC, Tottenham Hotspur, Everton FC und Liverpool FC. Kein Spieler des aktuellen Kaders beendete die abgelaufene Spielzeit mit seinem Verein schlechter als Platz 7 (Marouane Fellaini und Adnan Januzaj mit Man United). Dass unter diesen Gesichtspunkten nicht jeder belgische WM-Spieler als Stammkraft in seinem Klub gelten darf, versteht sich von selbst. Immerhin zwölf Feldspieler können sich jedoch mit Fug und Recht als solche bezeichnen. 13 WM-Fahrer durften sich im vergangenen Jahr in zusammen 70 Champions-League-Partien beweisen, immerhin noch fünf weitere kamen in der Europa League zum Einsatz.

2002: 15 Belgier schmoren in der heimischen Liga
Im Vergleich dazu nimmt sich die Bilanz des 2002er Kaders absolut bescheiden aus. 2001/02 spielten zwar immerhin 13 Belgier mit ihren Klubs im Europapokal, jedoch nur sechs in der Champions League. Keiner der 13 überwinterte damals international. Kaum einer der 23 WM-Fahrer spielte 2002 in einer der großen Ligen. 15 von ihnen waren bei Vereinen der heimischen Liga angestellt, nur acht im Ausland. Darunter eine große Schalker-Kolonie mit Wilmots, Nico van Kerckhoven und Sven Vermant.

2014: WM-Fahrer profitieren von guter Ausbildung bei in- und ausländischen Klubs
Die heutige Spielergeneration profitierte vom Misserfolg der „Roten Teufel“ um die Jahrtausendwende. Bei der Heim-Euro 2000 scheiterten sie bereits in der Vorrunde, als erster Gastgeber überhaupt. 2002 stimmte der Achtelfinal-Einzug zwar versöhnlich, doch danach folgten lange Jahre des Zuschauens. Der Verband zog die richtigen Lehren. Er baute in Kooperation mit den Profiklubs Leistungszentren, verknüpfte die Schul- mit der Fußballausbildung. So hat sich die belgische Liga inzwischen einen guten Ruf als Ausbildungsliga erworben. Einige der heutigen Nationalspieler haben in ihr jedoch noch nie gespielt. Vertonghen, Vermaelen und auch Toby Alderweireld (Atlético Madrid) wechselten dank eines langjährigen Kooperationsvertrages aus der Jugend von Germinal Beerschot zu Ajax Amsterdam und von dort weiter nach England bzw. Spanien. Divock Origi, mit 19 Jahren das Kücken im aktuellen Kader, ging als Jugendlicher von Beerschot zum OSC Lille, wo er auch heute noch spielt. Auch Kevin Mirallas (Everton FC) und Superstar Eden Hazard (Chelsea FC) ließen sich jenseits der Grenze beim französischen Spitzenverein ausbilden.

2014: Vielfalt auf dem Platz
Die Nachwuchsarbeit der Belgier trug 2008 erstmals Früchte, als bei Olympia ein vierter Platz heraussprang. Ein Merkmal der guten Jugendarbeit ist ähnlich wie in Frankreich, der Schweiz, den Niederlanden oder Deutschland, dass vermehrt Jugendliche mit Migrationshintergrund in die Nationalteams drängen. Hatten 2002 mit Branko Strupar und Mbo Mpenza gerade einmal zwei WM-Fahrer ausländische Wurzeln, so sind es heute neun. Im vorläufigen 30er-Kader waren es 13. Ihre Vorfahren kommen aus aller Herren Länder (Demokratische Republik Kongo, Marokko, Mali, Kenia, Martinique und Albanien/Kosovo). Ab heute können sie die Welt für das neue Belgien begeistern.


Musiker Stromae ist ein Ebenbild der „Roten Teufel“: ein Twen, ruandischer Abstammung und 2009 mit „Alors en danse“ in ganz Europa angesagt. Hier versucht er das belgische Team vor der WM für seine Sichtweise zu begeistern.

2 Gedanken zu “WM-Spieltag 6: Belgiens feiner Mix

  1. „Hatten 2002 mit Branko Strupar und Mbo Mpenza gerade einmal zwei WM-Fahrer ausländische Wurzeln, so sind es heute neun. Im vorläufigen 30er-Kader waren es 13.“

    1. kann Branko Strupar nicht als Spieler mit ausländischen Wurzeln gelten weil er ein eingebürgerter ist/war
    2. Es wurde Emile Mpenza vergessen

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