Australiens Fußballschicksal wendete sich im März 2005 schlagartig. Nach vielen vergeblichen Anläufen erklärte sich der asiatische Fußballverband endlich bereit, die Australier in seine Fußballfamilie aufzunehmen. Der Weg für regelmäßige WM-Auftritte der Australier war geebnet. In die Entscheidungsfindung der Asiaten waren ein Marketingpartner der Asian Football Federation (AFC) und Mohamad Bin Hammam involviert.
Die Ausgangslage
Lange Zeit war der australische Fußball von einer WM-Teilnahme so weit entfernt, wie der Kontinent vom Rest der Welt. In zehn Anläufen gelang es der australischen Nationalelf nur ein einziges Mal, sich zu einem Endturnier zu spielen – 1974 nach Deutschland. Der Weg zu einer Endrunde blieb für die Socceroos ansonsten wie vernagelt. War der ozeanische Verband bis 1982 noch der asiatischen Vorausscheidung zugeordnet, so kam es anschließend zu einer rein ozeanischen Qualifikation, bisweilen unter Beteiligung anderer Verbände wie dem israelischen. Da Ozeanien keinen fixen WM-Startplatz besaß, musste das beste Team immer noch Play-off-Duelle gegen einen Vertreter anderer Kontinentalverbände bestreiten. In ihnen scheiterten die Australier in schöner Regelmäßigkeit gegen Schottland, Argentinien, den Iran oder Uruguay.
Der Ausweg
Australien strebte nordwärts. Seit 1982 verfügte der asiatische Fußballverband über zwei WM-Startplätze. 1998 führte die Ausweitung des WM-Starterfeldes auf 32 Teilnehmer zu 3,5 fixen Startplätzen, die nach der Jahrtausendwende auf 4,5 anwuchsen. Die Australier wollten sich über das Startplatzkontingent der Asiaten zur WM spielen, statt immer Play-offs gegen zumeist starke Südamerikaner zu bestreiten. Australiens Coach Frank Farina erklärte 2005, dass ein schlechter Tag in einem Relegationsduell ausreiche, um vier Jahre Aufwand zunichte zu machen. Das asiatische System mit seinen Gruppenphasen erlaube hingegen auch einmal schlechte Leistungen.
Die asiatische Haltung
Die AFC ließ die Australier lange Zeit abblitzen. Naturgemäß verspürte sie wenig Lust an einem zusätzlichen Bewerber um die eigenen WM-Endrundenplätze. Doch 2005 kam der Sinneswandel und ausschlaggebend war das liebe Geld. Laut „The Sydney Morning Herald“ hatte der Marketingpartner des AFC den Verband darauf hingewiesen, dass Australiens Aufnahme den Markenwert des AFC steigern und folglich zu höheren Sponsorendeals und TV-Erlösen führen würde. So gab das Exekutivkomitee, dem der heute bei der FIFA in Ungnade gefallene Mohamed Bin Hammam vorstand, den Australiern grünes Licht. Offiziell erklärte Bin Hammam, dass Asiaten wie Australier von dem Schritt profitieren würden. Die Australier würden Weltfußballstandard darstellen und seien wirtschaftlich stark.
Die ozeanische Reaktion
In Ozeanien waren die Gefühle über den Abschied der Australier gemischt. Während die Neuseeländer es nicht gut hießen, fortan nur noch im Wettbewerb um den größten Zwerg zu stehen, sahen es die kleinen Südseestaaten anders. Sie versprachen sich bessere Chancen in die Nähe einer WM-Teilnahme zu gelangen.
Erfahrungen und Ausblick
Ausgerechnet nach dem feststehenden Wechsel qualifizierten sich Australier bei ihrer letzten Ozeanien-Kampagne für die WM 2006. Doch auch nach dem Wechsel ging der Plan der Socceroos voll auf. Nach 2010 sind sie auch in diesem Jahr wieder bei der WM-Endrunde mit von der Partie. Der Verbandswechsel sollte sich für die Australier weiterhin auszahlen, denn im asiatischen Fußball gibt es lediglich zwei konkurrenzfähige Regionen. Zum einen den Fernen Osten mit Südkorea, Japan und bisweilen Nordkorea sowie China. Zum anderen die Golfregion, in der die lange bei Weltmeisterschaften präsenten Saudis mittlerweile anscheinend den Anschluss verloren haben. Einzig das ambitionierte Usbekistan darf seit einigen Jahren als weiterer Kontrahent gelten.
Dennoch wird für Australien die asiatische WM-Qualifikation kein Selbstläufer. Das zeigte die Qualifikation für Brasilien mit den Niederlagen im Oman und in Jordanien sowie mehreren nicht erwarteten Punkteteilungen. Die notwendigen Siege wurden erst auf der Zielgeraden eingefahren. Im Gegensatz zu 2006, als alleine elf England-Legionäre im WM-Kader standen, bestimmen heute Profis der heimischen Liga und eher zweitklassige Europa- und Asien-Legionäre das Bild. Die individuelle Qualität scheint also eher zu sinken. Wie gut, dass es da in Asien 4,5 feste Startplätze für die WM-Endrunde gibt.
Australiens größter und zugleich tragischster Moment auf der WM-Bühne:
Im WM-Achtelfinale 2006 „foult“ der sitzende Lucas Neill den Italiener Fabio Grosso. Francesco Totti verwandelt den fälligen Elfer.