#12 – Weil die Lilien immer schönere Tore schießen

Cover_111-Gründe_#12-Tor-des-MonatsDie Bundesliga-Rückkehr der Lilien am Samstag versüßte Marcel Heller mit seinem Sahnestück zum zwischenzeitlichen 1:0 gegen Hannover 96. Nach einem Sprint über den halben Platz ließ er im Strafraum einen Gegenspieler aussteigen und schlenzte den Ball überlegt ins lange Eck. Marke: ‚Tor des Monats‘. Sollte er am Ende tatsächlich den Preis einheimsen, wäre er der zweite Lilien-Spieler nach Uwe Hahn, dem dies gelänge. Auf Nachfrage bei der Sportschau-Redaktion gab es bislang neun Nominierungen eines Lilien-Spielers für die Endauswahl zum ‚Tor des Monats‘. Ich habe sie im zwölften Grund meiner im September 2015 erscheinenden „111 Gründe, den SV Darmstadt 98 zu lieben“ zusammengefasst:

Tore sind das Salz in der Suppe eines jeden Fußballspiels. Ganz egal ob reingewürgt, reingehämmert oder mit Finesse vollendet, Hauptsache der Ball ist im Netz. Dennoch ist es natürlich ein Highlight, wenn ein Ball besonders sehenswert im gegnerischen Tor landet. Einem Ritterschlag gleich kommt die Nominierung für das ‚Tor des Monats‘ in der Sportschau, das seit März 1971 allmonatlich gewählt wird.

Bis dato ist die Statistik des SV Darmstadt 98 in dieser Wertung ausbaufähig. Lediglich ein einziges Mal hat ein Lilienspieler bislang die Plakette für das ‚Tor des Monats‘ entgegennehmen dürfen. Am 11. November 1978 traf Uwe Hahn per formvollendetem Distanzschuss in der Begegnung gegen Bayern München zum 1:1-Endstand. Der Ball senkte sich dabei in einer Art Bogenlampe unhaltbar über Bayern-Keeper Sepp Maier hinweg ins Tor. Den Zuschauern der Sportschau hat der Torerfolg so sehr gefallen, dass sie ihn zum schönsten Treffer im November 1978 wählten. Ein Schmankerl sollte dann die Ehrung für den Offensivspieler der 98er bereithalten. Die ARD verlegte die Medaillenübergabe ins Quartier der Nationalmannschaft, die sich auf ein Länderspiel gegen die Niederlande vorbereitete. So überreichte Bundestrainer Jupp Derwall dem Lilienakteur im Kreise der Nationalspieler die Anerkennung. Auf Einladung der Nationalelf nahm Hahn nach der Ehrung sogar noch das Abendessen mit den Nationalspielern ein. Damit ist er bis heute der einzige Spieler des SV Darmstadt 98, der während seiner Lilien-Zeit zur Nationalmannschaft fuhr. Wenngleich ohne zuvor vom Nationaltrainer nominiert worden zu sein.

Ein einziges ‚Tor des Monats‘ in über 44 Jahren wirkt schon recht mager. Doch die Profis aus Darmstadt gerieten mit ihren Treffern zuletzt immer häufiger in den Fokus: Machte die Sportschau-Redaktion in den 1980ern mit Guido Stetter (21.08.1981 gegen Bayer Leverkusen) und in den 1990ern mit Stephan Täuber (06.03.1992 gegen den Halleschen FC) auf Nachfrage nur zwei Lilienspieler ausfindig, die den Weg in die Endauswahl zum Torschützen des Monats fanden, so wurden sie seit 2005 schon fast inflationär häufig nominiert. Zunächst im März 2005 der Argentinier Matías Cenci, der im Regionalligaspiel gegen die TuS aus Koblenz per Fallrückzieher traf, aber in der Abstimmung gegen einen Geniestreich von Lukas Podolski unterlag. Im Juli 2007 stand ein Seitfallzieher von Fabio Eidelwein zur Auswahl, den er im Testspiel bei Waldhof Mannheim erzielt hatte. Im Mai 2011 fand Flügelspieler Sven Sökler Eingang in den Kreis der fünf Nominierten, als er im Spiel gegen den FC Memmingen den Ball gefühlvoll in den Winkel schlenzte. Die Nominierung des Treffers war das Tüpfelchen auf dem i, besiegelte der Sieg gegen Memmingen doch zugleich den Aufstieg in die 3. Liga. Dort machte im Januar 2012 Danny Latza auf sich aufmerksam. Seine skurrile Bogenlampe gegen den SV Sandhausen war ebenfalls unter den Top-5-Toren zu finden.

Im Jahr des Zweitligaaufstiegs 2014 haben es dann zwei Darmstädter Profis in jeweils eine Monatswertung geschafft. Da war zum einen Jerôme Gondorfs Hammer vom 19. Mai im Relegationskrimi gegen Bielefeld. Sein 3:1 gab nicht nur allen Arminen-Fans eine konkrete Ahnung, dass das Spiel für sie kein gutes Ende nehmen würde, es war auch für alle neutralen Fans schön anzuschauen. Vorausgegangen war ‚Toni‘ Sailers vehementes Nachsetzen, bevor Gondorf nicht lange fackelte und aus über 25 Metern einen beständig ansteigenden Schuss in die Maschen wuchtete. Streng genommen war jeder der vier Lilien-Treffer an diesem Abend ein Goldstück. Dominik Stroh-Engels 1:0 von der Strafraumkante, das neben dem Pfosten einschlug, Hanno Behrens‘ Hackentor nach einer Ecke und erst recht natürlich Elton da Costa mit seinem Treffer in der Nachspielzeit, den er außerhalb des Strafraums auf Hüfthöhe abfeuern musste. Schlussendlich unterlag Gondorfs Treffer in der Gunst der Zuschauer einem Fallrückzieher des Bayern-Spielers Claudio Pizarro. Nicht von ungefähr liegt der Klub mit den meisten Fans in der Statistik der Mannschaften meilenweit vorne, die am häufigsten das „Tor des Monats“ erzielt haben.

Der nächste und bis dato letzte sehenswerte Streich eines 98ers folgte im September 2014. Marcel Heller erzielte es am 27. September beim Auswärtsspiel an der Alten Försterei. Sein 1:0 gegen Union Berlin erzielte er per Direktabnahme aus spitzem Winkel ins lange Eck. Pech für ihn, dass sein Tor zusammen mit Moritz Stoppelkamp nominiert wurde. Der Spieler des SC Paderborn 07 schrieb sich in die Geschichtsbücher ein, als er gegen Hannover 96 aus über 80 Metern ins zugegebenermaßen leere Tor der Niedersachsen traf.

Vielleicht klappt es ja bei der nächsten Nominierung. Schöne Lilientore gibt es jedenfalls regelmäßig zu bestaunen. Mag man der guten alten Sportschau glauben, werden sie gar immer schöner. Und wer mag den Gralshütern widersprechen?

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