Insider im Gespräch über … Philipp Förster (#18)

Foerster-27-1024x683Mit Philipp Förster haben die Lilien in dieser Woche nach Marco Thiede einen weiteren vertragslosen Spieler verpflichtet. Da die 98er ihn bei seiner Präsentation als offensiven Mittelfeldspieler vorstellten, darf er als verspätete Reaktion auf den Weggang von Marvin Mehlem betrachtet werden, und nicht als Vertreter für den langzeitverletzten Sechser Paul Will. Förster hat in den vergangenen vier Jahren beim VfB Stuttgart und beim VfL Bochum reichlich Erstligaerfahrung gesammelt. Nun wird der 29-Jährige also für den SVD auflaufen. Ich tauschte mich mit Philipp ausführlich über Förster aus. Philipp ist VfL-Reporter für das von ihm gegründete VfL-Magazin, die Ruhr-Nachrichten und die dpa. (Bildquelle: sv98.de)

Philipp, welche Art von Spieler bekommt der SVD mit Philipp Förster?
Einen Spieler, der seine Qualitäten bereits in der Bundesliga und in der 2. Bundesliga nachgewiesen hat. Er hat in 83 Bundesligaspielen acht Tore erzielt und elf Vorlagen gegeben. Das ist eine gute Quote finde ich. Erst recht, wenn man berücksichtigt, dass er in Bochum vor allem im Abstiegskampf unterwegs war. Philipp Förster ist alles in allem ein technisch starker Spieler, der bei Standardsituationen überzeugt, der aber auch aus dem Spiel heraus Chancen kreiert und selbst den Abschluss sucht. In meinen Augen hat er seine Stärken ganz klar auf der Zehnerposition. Er ist daneben ein Spieler, der körperlich recht robust und groß gewachsen ist. Also jemand, der die Lilien aus meiner Sicht sicherlich verstärken wird.

Du hast die Zehnerposition angesprochen. Kommt Förster Deines Erachtens auf weiteren Positionen infrage?
Er ist kein Flügelspieler. Dort fühlt er sich mangels Tempo nicht wohl. Je nach Spielsystem kann er als hängende Spitze agieren oder als Achter, das hat er in Bochum gezeigt. Denn seine Daten zeigen, dass er in der Defensivarbeit gar nicht so schlecht ist, wenngleich er manchmal etwas behäbig wirkt. Seine Stärken liegen für mich aber zweifelsohne in seinen technischen Fähigkeiten. Er sucht gerne den Abschluss und kann das auch. Er findet gut Räume, erkennt Spielsituationen und weiß, wann sich Abschlussituationen ergeben können. Deshalb glaube ich, dass er sich in einer offensiveren Rolle wohler fühlt und dort als Zehner seine Stärken am besten einbringen kann.

Letzte Saison spielte er beim VfL keine große Rolle mehr. Warum?
Da ist insbesondere Kevin Stöger zu nennen, der als Topscorer und Spielgestalter die Nase vorn hatte. Gegen ihn hatte Philipp Förster in der vergangenen Saison einfach das Nachsehen. Darüber hinaus hatte ich persönlich den Eindruck, dass er nicht den allergrößten Biss hatte, wie man sich das vielleicht an der ein oder anderen Stelle gewünscht hätte.
In seiner ersten Saison unter Thomas Letsch hatte Philipp Förster jedenfalls noch häufiger gespielt. Und als am Ende der letzten Saison Heiko Butscher kam, da hatte er auch bei ihm keine nennenswerte Rolle mehr gespielt. Manchmal wirkte Philipp Förster so, als müsse man ihn etwas anschieben. Das meinte ich vorhin auch mit behäbig. Vielleicht – das muss ich vorsichtig formulieren – war darin die Ursache zu suchen, warum es nicht mehr geklappt hatte. Es gab jedenfalls schon im Winter die Überlegungen, dass er den Verein verlässt. Aber da gab es offenbar keine passenden Optionen für ihn. An seinen technischen Fähigkeiten hat es sicherlich nicht gelegen. Aber die Konkurrenzsituation war im letzten Jahr im zentralen Mittelfeld letztlich zu groß, so dass er sich nicht mehr durchsetzen konnte.

Im Sommer trennte sich Bochum neben Förster von zahlreichen weiteren Spielern. Dabei gehört Förster mit seinen 29 Jahren nun wahrlich nicht zum alten Eisen gehört. Wenn man sich nun den schwachen Saisonstart betrachtet, war es womöglich eine verfrühte Trennung?
Ich glaube, wenn man Peter Zeidlers Spielstil sieht, mit einem sehr starken Pressing, dann passt das nicht unbedingt zu Philipp Förster. Zumal ich gar nicht weiß, ob Förster sich überhaupt einen Verbleib hätte vorstellen können.
Schlussendlich hatte er – wie erwähnt – in der letzten Saison einfach keine allzu große Rolle mehr gespielt. Auch gehaltstechnisch war er eher weiter oben als weiter unten angesiedelt. Hinzu kommt: Der VfL will seinen Kader verjüngen. Er will Werte schaffen, indem er jüngere Spieler mit Anfang, Mitte 20 in den Kader integriert. Mit Dani de Wit hat man auf dem Transfermarkt einen Spielerty geholt, der Förster in Teilen ähnlich ist. Es war letztich sehr, sehr früh klar, dass sich die Wege trennen werden. In dieser Hinsicht gab es auch von Fanseite nur wenig Unverständnis.

Nun also Darmstadt. Nach drei Monaten ohne Verein schienen die Interessenten nicht gerade Schlange gestanden zu haben. Oder glaubst Du, er hat sich ein wenig verzockt?
Ich glaube, wenn ein durchaus gestandener Bundesligaspieler erst im September einen Verein findet und dann – bei allem Respekt – in der 2. Bundesliga unterschreibt, dann deutet das tatsächlich darauf hin, dass es kaum Interessenten gab. Beziehungsweise, dass der Spieler von den Optionen nicht so überzeugt war oder die Vereine nicht so von ihm. Ich glaube, dass Philipp Förster, wenn er gut drauf ist und er den unbedingten Willen mitbringt, in der 2. Liga eine sehr, sehr gute Rolle spielen und sich zu einem absoluten Leistungsträger entwickeln kann. Aber klar, wenn ein Spieler knapp drei Monate ohne Verein ist, dann ist irgendetwas schief gelaufen. Die genauen Dateils kenne ich natürlich nicht. Ich glaube, bei Philipp Förster liegt es nicht am Potenzial. Wenn er das in Darmstadt ausschöpft und abruft, dann kann er sicher zu einem Gewinn werden. Ich bin jedenfalls gespannt und werde es aus der Ferne beobachten.

Letzte Frage: Wie hast Du ihn als Journalist in seinen beiden Jahren beim VfL wahrgenommen?
Er war eher unscheinbar. Nach den Spielen ist er selten zu Interviews gekommen. Er ist jedenfalls kein Spieler, der großen Töne spuckt. Sportlich betrachtet, habe ich ihm jedenfalls gerne zugesehen. Seine Standardsituationen waren immer sehr gefährlich. Er hat sich speziell in der vorletzten Saison beim VfL spürbar eingebracht. Gerade im Endspurt hat er mit dazu beigetragen, dass der VfL die Klasse gehalten hat. In Bochum erinnert man sich immer gerne an den 34. Spieltag zurück und das 3:0 gegen Leverkusen. Da hat Philipp Förster ein Tor erzielt. Auch wenn er sich gerade in seiner zweiten Saison nicht immer optimal eingebracht hat, so würde ich niemals sagen, dass er aus Bochumer Sicht ein Fehleinkauf war. Er hat die Mannschaft zeitweise verstärkt.

Besten Dank für Deine Antworten, Philipp.


Hier geht’s zum kurzen Vorstellungsvideo der Lilien mit Philipp Förster: KLICK


Interviews zu den bisherigen Verpflichtungen des SV Darmstadt 98 im Sommer 2024
Aleksandar Vukotic (Innenverteidiger vom SV Wehen Wiesbaden)
Kai Klefisch (defensiver Mittelfeldspieler vom SC Paderborn 07)
Sergio López (Außenverteidiger und Schienenspieler vom FC Basel)
Karol Niemczycki (Torwart von Fortuna Düsseldorf)
Paul Will (defensiver Mittelfeldspieler von Dynamo Dresden)
Luca Marseiler (offensiver Mittelfeldspieler von Viktoria Köln)
Fynn Lakenmacher (Angreifer von 1860 München)
Merveille Papela (Mittelfeldspieler von 1. FSV Mainz 05)
Marco Thiede (vertragsloser Außenverteidiger, zuvor Karlsruher SC)
Keine Interviews geführt zu:
Killian Corredor (Offensivspieler von AF Rodez)
Isac Lidberg (Offensivspieler vom FC Utrecht)