Gestern vermeldeten die Stuttgarter Kickers einen Neuzugang von Dinamo Tiflis. Ein nicht alltäglicher Transfer für einen deutschen Drittligisten. Doch der neue Spieler heißt nicht etwa Kakabadze, Shashiashvili oder Tatanashvili, sondern Milchraum! Der 29-jährige Mittelfeldspieler kehrt nach diversen Stationen in Deutschland und einem einjährigen Abenteuer in der georgischen Umaglesi Liga zurück zu seinen Wurzeln, debütierte der gebürtige Stuttgarter doch im Sommer 2002 in der ersten Elf der Kickers.
Patrick Milchraum bringt eine gehörige Portion Erfahrung mit zurück an die Waldau. Mit 1860 München, Alemannia Aachen, Erzgebirge Aue und dem Karlsruher SC kickte er insgesamt acht Jahre in der 2. Bundesliga und brachte es auf 157 Einsätze. Im vergangenen Jahr schnürte er seine Schuhe dann für den FC Zestafoni und Dinamo Tiflis in der georgischen Eliteklasse. 22 Spiele und ein Tor später darf er sich georgischer Meister und Pokalsieger nennen. Dass er nun die Möglichkeit in der nächsten Saison international zu spielen gegen die 3. Liga eintauscht, mag daran liegen, dass er zuletzt zum zweiten Mal Vater geworden ist. Ein Engagement im heimischen Stuttgart erscheint unter diesen Umständen sicher weniger stressig, als eine Pendelei zwischen Deutschland und Georgien.
Unorthodoxer Wechsel
Dass Milchraum überhaupt in Georgien landete, lag an seinem Karlsruher Mitspieler Alexander Iashvili. Der ehemalige georgische Nationalspieler, der seit mittlerweile 16 Jahren für deutsche Klubs spielt, machte den im vergangenen Sommer ohne Verein da stehenden Milchraum auf den amtierenden georgischen Meister aus Zestafoni aufmerksam. Wie Milchraum dfb.de verriet, ließ er sich auf das Wagnis ein und unterschrieb einen halbjährigen Vertrag. Und Milchraum wusste als erster deutscher Profi in Georgien zu überzeugen. So sehr, dass er im Winter für die anstehende Meisterschaftsrunde zum ungleich bekannteren Hauptstadtklub Dinamo Tiflis wechselte. In fünf Spielen trug er dazu bei den Titel erstmals seit 2008 wieder zum populärsten georgischen Klub zu holen.
Rein die Kirsche:
Wer etwas Zeit mitbringt, kann den Zusammenschnitt von Milchraums erster Partie für Zestafoni genießen, in der er zugleich seinen einzigen Treffer für die Georgier erzielte. Für alle die, die es nicht abwarten können, das Tor fällt nach 9:24 Minuten.
Go East: Eine Option für gestandene deutsche Profis aus der zweiten Reihe
Der Wechsel von Milchraum zeigt, dass für deutsche Profis aus der zweiten Reihe ein Engagement im Ausland durchaus reizvoll sein kann. Selbst wenn die neue sportliche Heimat nicht gerade der Nabel der Fußballwelt ist, wird auch dort außerordentlich gutes Geld gezahlt, wie Milchraum im Interview gegenüber dem DFB-Onlineportal gestand. Warum also in Deutschland erst einmal arbeitslos sein oder bei einem niederklassigen Verein anheuern, wenn man in einer eher unbekannten ausländischen Profiliga gut verdienen und auch noch um Titel mitspielen kann? Freilich gehört dazu ein wenig Mut. Doch den bewiesen zuletzt einige erfahrenere deutsche Kicker.
Philipp Bönig – Ferencvaros Budapest (Ungarn)
Bönig (33) wechselte im November 2012 mit der Empfehlung von 140 Bundesliga- und 96 Zweitligapartien aus der Arbeitslosigkeit zu Ferencvaros Budapest. Mit sieben Einsätzen hinterließ er allerdings nicht die tiefsten Spuren in der zurückliegenden Saison. Zudem verpasste er mit der jungen Mannschaft auch noch das lukrative internationale Geschäft. Derzeit ist noch nicht klar, ob es eine Fortsetzung der ungarischen Episode geben wird.
David Odonkor – Goverla Zakarpattia Uzhgorod (Ukraine)
David Odonkor (29) wechselte im vergangenen Jahr ebenfalls aus der 2. Bundesliga zu einem osteuropäischen Klub. Sein neuer Verein hörte auf den wohl klingenden Namen Goverla Zakarpattia Uzhgorod und dürfte westlich der Oder so gut wie keinem Fußballfan jemals untergekommen sein. Der Aufsteiger in die ukrainische Eliteklasse erwies sich für einen der Hauptdarsteller des deutschen Sommermärchens 2006 jedoch als kein allzu gutes Pflaster. Odonkor avancierte zwar zum Stammspieler, die Mannschaft entpuppte sich jedoch als wenig konkurrenzfähig. Im Januar 2013 ließ der ehemalige Nationalspieler medienwirksam verlauten, dass er unbedingt zurück nach Deutschland wolle, da er und seine Familie sich in der ukrainischen Provinz nicht wohl fühlten. In der Rückrunde stand er denn auch nicht mehr für die Ukrainer auf dem Spielfeld.
Björn Lindemann – Army United FC (Thailand)
Noch weiter nach Osten zog es Björn Lindemann, der für den VfL Osnabrück immerhin 24-mal in der 2. Liga auflief. Der 29-jährige steht seit Januar 2012 beim thailändischen Armeesportklub Army United FC unter Vertrag. Dass er sein zunächst einjähriges Engagement verlängerte, lässt darauf schließen, dass sich der technisch versierte Kicker in Fernost wohl fühlt und den verloren geglaubten Spaß am Fußball wiedergefunden hat. Zudem wuchs die deutsche Fraktion beim letztjährigen Pokalfinalisten weiter an. Seit Januar stürmt Bakary Diakité (32) für den Hauptstadtklub, der zudem von Alexandre Pölking gecoacht wird. Der Deutsch-Brasilianer dürfte allen Fans aus Bielefeld und Darmstadt nur zu gut bekannt sein, schnürte er doch in den 2000ern für die Arminen und die Lilien seine Kickschuhe.
The boy is back in town
Wie es mit Bönig, Odonkor und Lindemann weitergeht, wird sich zeigen. Patrick Milchraum hat sein einjähriges Intermezzo in Georgien mit dem Gewinn des Doubles jedenfalls bestmöglich absolviert. Nun kehrt der Stuttgarter Junge wieder zu seinem Ausbildungsverein zurück. Zusammen mit Kapitän Vincenzo Marchese gehört er zu den Routiniers der Blauen und wird der jungen Elf sicher helfen können in der 3. Liga zu bestehen. Mit Marchese stand er übrigens schon genau einmal zusammen für die Kickers auf dem Platz. Am 8. November 2003 wurde der damalige Nachwuchsstürmer Marchese für die letzten 13 Minuten eingewechselt. Der Gegner hörte seinerzeit noch auf den Namen TSG Hoffenheim und wurde von Hansi Flick trainiert, während Robin Dutt die Kickers coachte. Zehn Jahre später schließt sich für Patrick Milchraum also wieder der Kreis: The boy is back in town!