Showdown in Belo Horizonte: Rekordweltmeister und Gastgeber Brasilien trifft im WM-Halbfinale auf die DFB-Elf. Für beide war es vor dem Turnier das erklärte Ziel den Titel zu holen. Ausgerechnet jetzt muss die Selecao ohne ihre Fixpunkte Neymar und Thiago Silva auskommen. Aber gerade ein Gastgeber sollte in der Lage sein, in einer solchen Situation über sich hinauszuwachsen. Erst recht mit den frenetischen Fans im Rücken. Obendrein haben die Brasilianer beste Erinnerungen an Belo Horizonte: Hier zwangen sie in einem leidenschaftlichen Achtelfinale Chile in die Knie. Keine dankbare Aufgabe für die deutsche Auswahl. Ein Blick in die Historie macht allerdings Mut. Schon oft sah sich eine deutsche Auswahl angefixten Gastgebern gegenüber und dennoch setzten sich die Seelers, Rummenigges und Ballacks zumeist durch.
Die DFB-Statistik gegen die WM-Gastgeber nimmt sich positiv aus. Bei bislang 17 Teilnahmen traf die Nationalmannschaft bei sechs Endrunden auf das Heimteam. Viermal setzte sich die deutsche Elf durch. Lediglich 1958 und 1966 zogen sie den Kürzeren: 1958 trafen Fritz Walter, Helmut Rahn & Co. im Halbfinale auf Schweden und verloren in einer hitzigen Atmosphäre mit 1:3. 1966 kam es in England zur sagenumwobenen Finalniederlage von Wembley. 1962 in Chile und 1982 in Spanien traf die DFB-Auswahl bereits in der ersten bzw. zweiten Gruppenphase auf das gastgebende Team. Beide Male gewann sie. Gegen Chile – das sich zuvor ein knüppelhartes Gruppenspiel mit Italien geliefert hatte – mit 2:0 und gegen Spanien mit 2:1. Im Viertelfinale 1986 eliminierte die von Franz Beckenbauer trainierte Elf Mexiko im Elfmeterschießen und 2002 bremsten Michael Ballack und Oliver Kahn Südkorea im Halbfinale mit 1:0 aus. Es ging also immer knapp zu, wenn die deutsche Nationalmannschaft auf die gastgebende Nationalelf traf. Die Erfahrungen auf dem amerikanischen Kontinent sind bislang durchweg positiv, sowohl Chile als auch Mexiko hatten das Nachsehen.
Deutsche Bilanz bei Europameisterschaften makellos
Bei den Europameisterschaften liest sich die Bilanz der deutschen Elf noch besser. Fünfmal ging es gegen die Mannschaft des Turnierausrichters und in allen fünf Duellen behielt Deutschland die Oberhand: 1972 gegen Belgien, 1976 gegen Jugoslawien, 1992 gegen Schweden, 1996 gegen England und 2008 gegen Österreich. Außer gegen Österreich waren die Siege gleichbedeutend mit dem Einzug ins Endspiel. Doch auch das Turnier 2008 sollte für das DFB-Team erst nach dem Finale zu Ende sein.
Deutsche am häufigsten Spielverderber, danach aber nie Weltmeister
Die Spielverderber bei den Weltturnieren sind erwartungsgemäß die starken Nationen, die zugleich bis heute die meisten WM-Siege errungen haben. Brasilien, Italien und Deutschland kegelten jeweils bei drei Turnieren den Gastgeber aus dem Wettbewerb. Zweimal fiel diese Rolle Uruguay zu und einmal Argentinien. Hinzu kommen je einmal Österreich, die Türkei und Mexiko, das bei der WM vor vier Jahren im Verbund mit Uruguay Gastgeber Südafrika in der Vorrunde ausschaltete. Die Gastgeber-Bezwinger erreichten im Verlauf des Turniers oftmals das Finale, was nicht zuletzt daran lag, dass der Ausrichter selbst oft sehr weit gekommen war. Der Heimvorteil macht sich in dieser Hinsicht positiv bemerkbar. Bei 19 Weltmeisterschaften heimsten die Gastgeber sechsmal den Titel ein, genauso oft siegte das Team, das den Gastgeber ausgebremst hatte. Das deutsche Team zählt gleichwohl nicht dazu. In den Turnieren, in denen sie den Gastgeber ausschalteten (1982, 1986, 2002), reichte es immer „nur“ zum Vizeweltmeister. Es wäre also an der Zeit, in Brasilien mit dieser Tradition zu brechen.