Wundermacher Henrik Larsson?

Henrik Larsson ist hierzulande als herausragender Stürmer mit Rastamähne bekannt. Mittlerweile ist der 43-jährige dabei, sich in seiner schwedischen Heimat einen Ruf als erfolgreicher Trainer zu erwerben. Am Wochenende könnte er das eigentlich Unmögliche möglich machen.

Henrik Larsson hat sich als treffsicherer Stürmer bei Celtic Glasgow unsterblich gemacht und mit dem FC Barcelona 2006 die Champions League gewonnen. 2009 hing er seine Kickschuhe an den Nagel und heuerte sogleich beim schwedischen Zweitligisten Landskrona BoIS als Trainer an. In drei Spielzeiten gelang es ihm jedoch nicht die Südschweden in die erstklassige Allsvenskan zurückzuführen. Nach einem einjährigen Intermezzo als Co-Trainer bei seinem unterklassigen Heimatverein Högaborgs BK übernahm er Anfang 2014 eine Aufgabe, die gemeinhin als aussichtslos galt: den Aufsteiger Falkenbergs FF in der 1. Liga zu halten.

Größtem Erfolg der Vereinsgeschichte folgt schmerzlicher Aderlass
Man stelle sich vor, ein Klub steigt erstmals in seiner 86-jährigen Geschichte in die 1. Liga auf. Die Ausschüttung der Glückshormone bei den Fans stoppt allerdings umgehend, als klar wird, dass die drei besten Spieler und der Aufstiegscoach den Verein verlassen. Mit Per Frick und Victor Sköld wechseln zwei junge Stürmer zu Erstligisten, die zusammen 27 der 63 Tore erzielten. Abwehrstabilisator Danny Ervik zieht es zum heutigen Ligakonkurrenten Mjällby AIF. Trainer Hans Eklund, der den Verein vom Abstiegskandidaten zum Aufsteiger gemacht hat, folgt dem Lockruf aus Kalmar. In dieser Situation gibt der Verein im Dezember 2013 die Verpflichtung von Henrik Larsson bekannt.

Der ausgemachte Absteiger …
Eigentlich kein schlechter Schachzug. Schließlich war Eklund in Landskrona Larssons Assistent gewesen. Die Verantwortlichen des Aufsteigers durften also davon ausgehen, dass die Spielphilosophie der beiden nicht allzu weit auseinander liegt. Dennoch blieb Falkenbergs FF vor der Saisoneröffnung der meistgenannte Abstiegskandidat unter Schwedens Erstligatrainern und Sportjournalisten. Umso mehr, als der Klub den Verlust der wichtigen Aufstiegshelden nicht zwingend auf dem Transfermarkt kompensieren konnte. Henrik Larsson gab sich dennoch kämpferisch und appellierte an das Selbstvertrauen seiner Spieler. „Wenn nicht wir daran glauben es zu packen, wer sonst?“ fragte Larsson trotzig. Und tatsächlich, es glaubte sonst kaum jemand. In den schwedischen Medien galt es vor dem Saisonauftakt als ausgemachte Sache, dass mit einem solchen Team der Klassenerhalt nicht zu schaffen sein würde. Auch die Statistik sprach gegen den Klub aus Falkenberg. Seit 1959 haben es nur vier von 21 Debütanten geschafft, in ihrer Premierensaison den Abstieg aus der Allsvenskan zu vermeiden.

Der Charme guter, alter Bezirkssportanlagen und reichlich Eindrücke schwedischer Fußballberichterstattung u.a. mit Henrik Larsson (z. B. ab Minute 07:30)


Falkenbergs FF finest hour: Der Underdog schickt Titelanwärter AIK Solna im Juli mit 4:1 nach Hause. (Die Tore fallen nach 34:13, 1:10:52, 1:15:10, 1:44:42 und 1:50:48)

… überrascht
Das Auftaktspiel der Allsvenskan führte Falkenbergs FF zum Titelfavoriten nach Malmö und prompt fand sich der Erstligadebütant am Tabellenende wieder. Doch Larssons Truppe ließ sich nicht entmutigen und feierte am darauffolgenden Wochenende ihren Premierensieg. Auf dem letzten Tabellenplatz sollte sie nie wieder stehen. Die Truppe schlug sich fortan mehr als passabel und rangierte fast durchweg über dem ominösen Strich. Larsson legte sein Augenmerk auf die richtige Einstellung und die Physis des Teams. Der Aufsteiger weist zwar den geringsten Ballbesitz aller Erstligisten auf, er sucht sein Heil aber auch im schnellen Überbrücken des Mittelfelds, um zügig vor das Tor des Gegners zu kommen. Befragt nach dem größten Talent in seiner Mannschaft, sagte er vor wenigen Tagen „das Kollektiv“. Dieses nimmermüde Kollektiv fuhr im Juli den bis heute höchsten Sieg seiner Allsvenskan-Geschichte ein. Ausgerechnet den damals aussichtsreich im Titelrennen liegenden AIK Solna schickten die Underdogs mit 4:1 nach Hause. Doch im Spätsommer lief beim Aufsteiger plötzlich nur noch wenig zusammen. Fünf Niederlagen infolge, schienen die anfänglichen Unkenrufe doch noch zu bestätigen. Die Südwestschweden fielen bis auf den vorletzten Tabellenplatz zurück, der den direkten Abstieg bedeutet. Bei noch fünf ausstehenden Partien war die Situation heikel. Doch Larssons Team zeigte eine beachtliche Reaktion. Drei Siege am Stück – unter anderem beim Fünftplatzierten BK Häcken – ließ das Debütantenteam auf Platz 12 der 16er Liga klettern und plötzlich war die vermeintliche Sensation ganz nah.

Matchball Nummer 1 vergeben
Am vergangenen Sonntag kamen Larssons Mannen allerdings beim Derby gegen Halmstads BK mit 0:4 unter die Räder und ließen den ersten Matchball ungenutzt. Der 43-jährige Coach stellte sich anschließend vor sein Team und begründete die hohe Niederlage mit seiner falschen Taktik. Immerhin spielten die Ergebnisse der Konkurrenten der Fotbollförening in die Karten. Vor dem abschließenden Spieltag am Wochenende stehen Larsson und sein Team auf Rang 13. Der direkte Abstieg ist bereits abgewendet. Es gilt nun noch ein Zurückfallen auf den Relegationsplatz 14 zu vermeiden. Kontrahent am letzten Spieltag ist der Tabellen-15. aus Mjällby, der mit einem Sieg noch auf Platz 14 vorrücken kann.

Nervenkrieg vor dem letzten Spieltag
Das Duell gegen Mjällby hält eine äußerst pikante Personalie bereit. Falkenbergs FF lieh im Sommer Stürmer Patrik Ingelsten von Mjällby aus. Eine Zusatzvereinbarung im Leihvertrag besagt angeblich, dass der mit fünf Toren zweitbeste Stürmer Falkenbergs nicht in der Partie gegen Mjällby auflaufen darf. Larsson will das nicht gelten lassen und verkündete über die Medien sein stärkstes Team aufzustellen, also mit Ingelsten. Auch der Verband sprang Falkenbergs FF zur Seite und erklärte die Vereinbarung für nichtig. Mjällbys Verantwortliche beharren auf der Zusatzvereinbarung und so gestaltet sich das Duell im Vorfeld zum Nervenkrieg. Larsson will sich davon nicht beirren lassen und am Samstag den Klassenerhalt klar machen. Damit hätte er als Trainer ein erstes Ausrufezeichen gesetzt. Mit einer – selbst für schwedische Verhältnisse – relativ unbekannten Truppe den Abstieg zu verhindern, wäre in der Tat eine beachtliche Leistung. Doch das soll erst der Anfang für Larsson sein. Irgendwann – so ließ er Anfang dieser Woche verlauten – würde er gerne einen Verein im europäischen Ausland trainieren. Wir dürften also noch einiges hören vom einstigen Rastamann mit kapverdischen Wurzeln.