Der hohe Norden ruft. Erst zum zweiten Mal verschlägt es die Lilien zu einem Pflichtspiel nach Kiel. Vor fünf Jahren siegten sie eine Klasse tiefer mit 2:0. Ein Szenario, das dem SVD auch am Samstag gut zu Gesicht stehen würde. Zwar haben die Störche vor eigenem Publikum in dieser Spielzeit erst einmal verloren, aber am letzten Spieltag stand der Sieg der 98er gegen den Klassenprimus aus Düsseldorf auch nicht unbedingt auf dem Zettel.
So sieht’s aus:
Die Lilien, sie leben noch. Wenn die Abstiegskonkurrenz schon mit zahlreichen Siegen vorlegt, dann ziehen die 98er doch einfach nach. Und es war sooooo bitter notwendig. Eine Niederlage gegen Düsseldorf und die 98er hätten ihre Planungen für die 3. Liga konkretisieren dürfen. Doch dann traf Tobi Kempe und die Lilien überstanden am Ende noch eine 50-minütige Unterzahl mit ganz viel Glück und mit noch viel mehr Herz. Der Flutlichtsieg war Gold wert. Für die Tabelle, für das Gemüt, für die Moral und für die komplette Stimmung rund um das Bölle. Fans und Team pushten sich gegen Düsseldorf gegenseitig zum überlebenswichtigen Sieg. Eine Initialzündung für die anstehenden Wochen? Das von den Fans vor der Partie gegen Düsseldorf abgebrannte Feuerwerk und die Pyroshow zum Abschied von der alten Gegengeraden unterstrichen jedenfalls genau diesen Eindruck!
Und so schnell kann es gehen. Vor dem Fortuna-Spiel noch Letzter der Rückrundentabelle, ist der SVD einen Sieg später schon auf Rang 4 in der Formtabelle der letzten fünf Spiele. In dieser stehen nur die bisherigen Abstiegskonkurrenten aus Fürth, Aue und Bochum vor den Lilien. Es heißt also weiter dran bleiben. Vor einer Woche verwies ich auf die letztjährige Situation, als ein glücklicher Ostermontagssieg gegen Schalke in zwei überzeugenden Siegen beim HSV und gegen Freiburg mündete. Genau das gilt es zu kopieren. Dirk Schuster wird die Mannschaft auf die schwere Auswärtshürde in Kiel einschwören und seinen Mannen einbimsen, keinen Deut nachzulassen. Denn nicht immer können sich Sulu & Co. darauf verlassen, dass das Aluminium aushilft, wie gegen Heidenheim, Nürnberg und Düsseldorf. Es fehlen weiterhin drei Punkte auf den Relegationsplatz, den plötzlich der 1. FC Heidenheim einnimmt, und fünf Punkte auf Platz 15. Ein genauso engagierter Auftritt wie gegen Düsseldorf kann dabei nur die Grundlage sein. In der Defensive gilt es die Konzentration hochzuhalten, denn ein Rückstand wäre immer noch Gift für das Spiel der Lilien. Vorne heißt es, entschlossen den Abschluss zu suchen und ein wenig mehr Geschwindigkeit kann in den Aktionen auch nicht schaden. Denn auch gegen Düsseldorf wusste das Offensivspiel nicht so recht zu überzeugen. Das war sicher auch der Unterzahl geschuldet, aber die Bälle sind einfach viel zu schnell weg und viel zu selten wird ein Spieler in eine vielversprechende Abschlusssituation gebracht.
Die Störche werden alles daran setzen, ihre gute Heimbilanz auszubauen. Zudem wollen sie den Druck auf Nürnberg hochhalten und die Verfolger aus Ingolstadt und Regensburg nicht näher kommen lassen. Der Spielplan will es, das just alle relegationsverdächtigen Teams aufeinandertreffen. Nürnberg (2.) auf Heidenheim (16.), Regensburg (5.) auf Kaiserslautern (18.) und eben Kiel (3.) auf die Lilien (17.). FOOTBALL BLOODY HELL!
Der Kontrahent hat das Wort:
Leon kommt aus dem hohen Norden und supportet neben dem HSV auch die Störche aus Kiel. Bei Twitter findet ihr ihn hier: KLICK.
Leon, die KSV stellt als Herbstmeister derzeit das zweitschlechteste Rückrundenteam und liegt dennoch gut im Rennen um den Aufstieg. Was überwiegt? Die Freude nach wie vor dick im Geschäft zu sein oder der Frust, die Schwäche von Nürnberg nicht vehement auszunutzen?
Bei mir überwiegt ganz klar die Freude, immer noch so weit oben in der Tabelle zu stehen. Wer hätte vor der Saison gedacht, dass Holstein zu diesem Zeitpunkt der Saison auf Platz 3 zu finden ist? Es war nicht zu erwarten, dass die KSV die ganze Saison über die Serie der Hinrunde aufrecht erhalten kann. Aber die Mannschaft hat es zuletzt geschafft, genau zum richtigen Zeitpunkt wieder erfolgreicher Fußball zu spielen.
Worin liegt für dich der Unterschied im Spiel der Störche, wenn Du die Hin- mit der Rückrunde vergleichst?
Für mich ist spielerisch gar kein so großer Unterschied im Vergleich zur Hinrunde zu sehen. In der Hinrunde wendete Holstein viele Spiele in der letzten Viertelstunde zu seinen Gunsten. Das fehlt bis jetzt in der Rückrunde einfach noch. Zudem gelang es in der Hinrunde noch, auch die Auswärtsspiele zu gewinnen. Der letzte Auswärtssieg datiert vom 15.10. in Heidenheim. Dazu kam auch noch in einigen Spielen das Pech dazu. Wie zum Beispiel im Spiel gegen St. Pauli, bei dem die Kieler meiner Meinung nach deutlich besser waren, aber in der Nachspielzeit das Gegentor zur Niederlage kassiert haben.
Zuhause ist Kiel hingegen eine Macht. Nur eine Niederlage spricht dafür und zuletzt kamen wieder zwei Siege hinzu. Was macht Holstein zuhause so stark?
In den meisten Heimspielen drücken die Kieler gleich von Anfang an aufs Tempo. In den letzten beiden Heimspielen führte dies jeweils gleich zu frühen Toren. Meistens steht man auch sicher in der Defensive, was es dem Gegner natürlich schwer macht, einen möglichen frühen Rückstand wieder aufzuholen.
Zuletzt holte das Team einen eher glücklichen Punkt in Bielefeld. Die DSC-Fans beklagten die ruppige Spielart und das ständige Meckern und Schauspielern der Kieler-Spieler. Kannst Du die Vorwürfe nachvollziehen?
Ein ruppiges Spiel war es gewiss. Aber aus meiner Sicht ging dieses ruppige Spiel von beiden Mannschaften aus. Sicherlich ist Kiel eine Mannschaft, die durchaus mal etwas körperbetonter in die Zweikämpfe geht und die Fairnesstabelle (Platz 16) bestätigt dies auch . Aber den Vorwurf der Schauspielerei kann ich nicht nachvollziehen.
Am Wochenende ist Johannes van den Bergh gesperrt. Er ist zweifellos ein wichtiger Spieler, aber keiner, den ihr nicht ersetzen könnt, oder?
Sicherlich ist van den Bergh ein wichtiger Spieler. Aber ich denke mit Christopher Lenz hat man einen würdigen Ersatz in der Hinterhand. Er war zu Beginn der Saison Stammspieler, verletzte sich dann allerdings. Doch nun ist seine Verletzung auskuriert.
Worauf müssen sich die 98er im Spiel der KSV besonders einstellen?
Die Darmstädter müssen sich auf einen schnellen, konterstarken Gegner einstellen, der sicherlich wieder versucht Druck aufzubauen, um früh ein Tor zu erzielen. Zudem müssen die 98er sich auf die Zweikampfhärte der Kieler einstellen, aber da könnt ihr laut Fairnesstabelle ja auch ganz gut mithalten.
Vor drei Jahren stiegen die Lilien mit 59 Punkten als eines der punktschwächsten Teams direkt in die Bundesliga auf. Ihr liegt nun bei 45. Wie schätzt Du die Chancen ein, dass es für die KSV für Platz 2 reicht?
Nachdem man es geschafft zuletzt wieder ein kleine Serie zu starten (vier Spiele ungeschlagen) und Nürnberg etwas schwächelt, schätze ich die Chancen auf den direkten Aufstieg nicht so schlecht ein. Vor allem, wenn das direkte Duell gegen den FCN gewonnen wird. Allerdings hat Kiel ein durchaus schweres Restprogramm. Mit Düsseldorf, Nürnberg und Ingolstadt folgen noch drei Duelle gegen die Hauptkonkurrenten um den Aufstieg. Allerdings finde ich , dass die KSV ganz entspannt dem Restprogramm entgegenblicken sollte. Egal was passiert, selbst wenn (nur) Platz vier oder fünf herausspringt, es war bzw. ist eine herausragende Saison. Die Bundesliga wäre ein Traum und ein großes Abenteuer zugleich. Eine Mannschaft aus Schleswig-Holstein in der 1. Liga, davon hätte ich bis vor einigen Jahren noch nicht einmal zu träumen gewagt.
Leon, besten Dank.
Auf die Ohren: Der Lilien-Podcast
Christian, Mike und ich waren am Mittwochabend immer noch ganz angetan, endlich wieder über einen Heimsieg sprechen zu können. Aber auch die Personalie Romuald Lacazette und die Frage, ob Spieler nach einer Verletzungspause nicht den Platz verlassen müssen, wollten erörtert werden: KLICK