Franck Ribéry, Cristiano Ronaldo und Lionel Messi sollen im vorangegangenen Kalenderjahr die besten Kicker der Welt gewesen sein. Einer von ihnen wird jedenfalls morgen in Zürich zum Weltfußballer 2013 gekürt. Während Ronaldo und Messi in einer Art Dauerfehde Stammgäste bei der alljährlichen Gala sind, ist Ribéry erstmals in der Endauswahl, reist aber immerhin mit der Empfehlung des Titels „Europas Fußballer des Jahres“ in die Schweiz. Doch das will bei der seit 1991 durchgeführten Kür des Weltfußballers nichts heißen.
Eine internationale Ehrung bester Fußballer gab es erstmals 1956. Allerdings zunächst nur auf europäischer Ebene durch das Magazin France Football. Der Geehrte erhielt den Goldenen Ball, den Ballon d’Or. Ab 1995 konnten schließlich auch Fußballer anderer Kontinente die Ehrung erhalten, sofern sie bei einem europäischen Klub spielten. 2007 fiel diese Einschränkung dann ebenfalls, bevor 2010 die Vereinigung des Ballon d’Or mit der Ehrung des Weltfußballers folgte. Ihn hatte die FIFA seit 1991 ausgerufen. Der Gewinner von Montag wird demzufolge der 23. Weltfußballer sein. Wahlberechtigt sind die Trainer und Kapitäne der Nationalmannschaften sowie Fußballjournalisten aus aller Herren Länder. Aus den bisherigen Wahlen lassen sich gewisse Tendenzen herauslesen.
Titel ebnen Weg für Wahl zum Weltfußballer
Wenig überraschend ist die Erkenntnis, dass errungene Titel essentiell für die Wahl zum Weltfußballer sind. Lediglich die Brasilianer Ronaldo 1996 und Ronaldinho 2004 erhielten die Ehrung, ohne auf internationaler oder nationaler Ebene eine Meisterschaft errungen zu haben, beziehungsweise wenigstens Torschützenkönig geworden zu sein. Insgesamt tummelten sich unter den 22 Gewinnern elf amtierende Landesmeister, sieben aktuelle Europapokalsieger und vier Spieler, die im selben Jahr Weltmeister geworden waren. Zudem waren unter den Weltfußballern zwei Confed-Cup-Gewinner, zwei Sieger der südamerikanischen Copa América und ein Europameister.
Offensivspieler bevorzugt
Zwölf der 22 Weltfußballer errangen im Jahr der Ehrung einen Torjägertitel. Entweder in der nationalen Liga, in der Champions League, bei der Copa América oder bei der Weltmeisterschaft. Tore sind folglich bei der Vergabe das Salz in der Suppe. Mit Fabio Cannavaro reiht sich lediglich ein Verteidiger in die Riege der bisherigen Weltfußballer ein, allerdings hatte er 2006 die Squadra Azzurra als Kapitän zum Weltmeistertitel geführt. Alle anderen Preisträger überzeugten als treffsichere Goalgetter oder als Spielgestalter und Vorlagengeber. Insofern ist die diesjährige Wahl zwischen Ribéry, Messi und Ronaldo ein Spiegelbild dieser Tatsache. Messi und Ronaldo die Tormaschinen, Ribéry der Wegbereiter.
Serie A und Primera División dominieren
Was bei den Weltfußballern noch ins Auge sticht: Die italienische Serie A dominierte in den 1990er Jahren, die spanische Priméra Division seither. Acht Weltfußballer verdienten zum Zeitpunkt der Verleihung ihr Geld in Italien. Sage und schreibe 13 in Spanien. Einmal war ein Preisträger während des ausgezeichneten Kalenderjahres aus der französischen Ligue 1 (George Weah, Paris St. Germain) in die Serie A gewechselt, einmal aus der niederländischen Eredivisie (Ronaldo, PSV Eindhoven) in die spanische Topliga. Trotz der immensen Leistungs- und Finanzstärke der englischen Premier League errang bisher lediglich einer ihrer Spieler (Cristiano Ronaldo, Manchester United) den Titel des weltbesten Fußballers. Die Bundesliga ging komplett leer aus.
Weltfußballer = teuer
Dies dürfte daran liegen, dass die Bundesliga beim Wettbieten um die Topstars der Szene finanziell nie wirklich mithalten konnte. Die Superstars des internationalen Fußballs wechselten durchweg in die lukrativen Ligen Italiens, Spaniens und Englands. Bei den Weltfußballern der Jahre 1994 bis 2006 lässt sich dies besonders deutlich herauslesen. Bis auf einmal (Zinédine Zidan, 2000) war der Geehrte innerhalb der beiden vorausgegangenen Jahre Gegenstand eines zumeist kostspieligen Transfers gewesen. Die Ziele hießen durchweg Real Madrid, FC Barcelona, AC Milan, Inter Mailand und Juventus Turin. In all diesen Klubs saß das Geld lange Zeit locker. Doch nicht nur die Entlohnung stimmte, die genannten Klubs verhießen allesamt Titel und internationales Renommee. Wer sich als Spieler dort durchsetzte und dem Spiel seinen Stempel aufdrückte, der hatte schon eine Menge Argumente für eine persönliche Ehrung. Umso erstaunlicher, dass die Premier League bei der Wahl zum Weltfußballer bislang kaum Spuren hinterlassen hat.
Bundesliga auf dem Sprung?
Umso mehr wäre eine Wahl Ribérys zum weltbesten Kicker ein Meilenstein für die Bundesliga. Denn bislang kam sie nicht nur beim Erwerb von Topstars zu kurz. Sie schaffte es zudem in den vergangenen beiden Jahrzehnten nicht, Weltstars zu produzieren. Michael Ballack hätte es vielleicht sein können, ihm fehlte aber – wie so vielen anderen deutschen Spielern – ein internationaler Titel und die nötige Trefferquote. Mit einem Weltfußballer Ribéry könnte sich das internationale Image der Bundesliga weiter verbessern, spielt er doch bereits seit über sechs Jahren in Deutschland und darf somit als „Produkt“ der Liga gelten. Und der aktuelle Kader der Bayern hält in Mario Götze oder Thiago Alcántara weitere potentielle Superstars bereit.
Ribéry Topfavorit … nicht ganz!
Doch wie steht es nun um Ribérys Chancen? Seine Wahl zu „Europas Fußballer des Jahres 2013“ ist bestenfalls die halbe Miete. Denn immerhin neun der 22 bisher gewählten Titelträger waren bei der Wahl zu Europas bestem Fußballer übergangen worden. Zuletzt im vergangenen Jahr, als Messi seinem Mannschaftskollegen Andres Iniesta den Vortritt lassen musste. Zudem fiele Ribéry aufgrund seiner 30 Jahre ein wenig aus dem Rahmen. Das Durchschnittsalter der Geehrten beträgt 26 Jahre. Lediglich drei der bisherigen Preisträger waren 30 Jahre oder älter. Und mit Zinédine Zidane hatte einer von ihnen den Titel zuvor bereits zwei Mal geholt. Auch das Triple der Bayern sollte ihn nicht automatisch zum Topfavoriten machen, zumal er nicht die Lichtgestalt der Bayern war, sondern ein wichtiger Spieler in einem herausragenden Kollektiv. Aus dem Triple-Team von Manchester United ging 1999 kein Weltfußballer hervor. Den Titel holte Rivaldo, der damals „lediglich“ spanischer Meister und Sieger der Copa América war, die er zugleich als erfolgreichster Torschütze beendete. Genauso erging es den Spielern von Inter Mailand 2010, die mit Wesley Snijder immerhin noch einen Vizeweltmeister in ihren Reihen hatten. Er drang nicht einmal unter die Top 3 vor. Der Gewinner hieß Messi, der damals spanischer Meister und Toptorjäger geworden war … wie im vergangenen Jahr.
Momentum pro Cristiano Ronaldo?
Was ebenfalls gegen eine Wahl Ribérys sprechen könnte, wäre das Momentum bei der Stimmabgabe im November und Dezember. Cristiano Ronaldo präsentierte sich am Jahresende für Real Madrid unverändert torgefährlich und führt die Torjägerlisten in Spanien und der Champions League an. Zudem schoss er als Nationalelf-Kapitän Portugal sprichwörtlich im Alleingang zur Weltmeisterschaft nach Brasilien. Franck Ribéry überzeugte hingegen weiterhin als kreatives Element auf dem Flügel und als Vorlagengeber. Dieser steht aber letztlich nicht so sehr im Fokus wie der Vollstrecker selbst, es sei denn er besäße eine Aura wie ehedem Zinédine Zidan oder Ronaldinho. Zudem waren die Weltfußballer der letzten sechs Jahre immer zumindest in der Champions League Torschützenkönig. Das spräche erneut für Cristiano Ronaldo, der 2012/13 mit zwölf Treffern zum Toptorjäger der europäischen Spitzenklasse avancierte. Lionel Messi wiederum kommt zwar mit der Empfehlung des spanischen Meistertitels und Torschützenkönigs zur Gala nach Zürich. Er hatte aber mit seiner Nationalelf keine kritischen Qualifikationsspiele zu bewältigen, in denen er sich beweisen konnte oder musste. Zudem war er während der Wahlperiode am Jahresende länger verletzt.
So heißt es letztlich morgen Abend in Zürich: Zwei teure Torjäger und Weltstars aus der erfolgsverwöhnten spanischen Liga gegen den Vorlagenkönig und Seriensieger des vergangenen Jahres aus der Bundesliga.
Einmal mehr: Respekt fürs Zusammentragen dieser Infos und das fleißige Graben in der Statistik. Die eine oder andere Erkenntnis überrascht allemal. Etwa die weitgehende Bedeutungslosigkeit der Premier-League-Kicker bei dieser Wahl. Oder der damalige Marktwert der Geehrten. Bleibt zu hoffen, dass die Wahlberechtigten sich ähnlich gewissenhaft auf ihren Job vorbereitet haben. Vielleicht wird (dann) ja die Messi-Serie durchbrochen… Kölsche Jrööss aus DA! Hennes