Neuauflage: 111 Gründe, den SV Darmstadt 98 zu lieben

Im September 2015 erschien mein Lilien-Buch in der „111 Gründe“-Reihe. Seitdem ist einiges passiert, weshalb mich der Verlag bat, die 111 Kapitel durch elf Bonusgründe zu ergänzen. Gesagt, getan. Im vierten Quartal 2018 habe ich die bisher bereits veröffentlichten Gründe behutsam aktualisiert und elf neue Kapitel hinzugefügt. Dabei habe ich – wie schon in der Erstauflage – namhafte Zeitgenossen ihre Geschichte des SV Darmstadt 98 erzählen lassen. So konnte ich für zuletzt ausführlich mit Jerôme (Jego) Gondorf sprechen. Daneben kommt Ironman-Sieger Patrick Lange zu Wort, der seit zehn Jahren in Darmstadt lebt und trainiert.  Als kleinen Appetithappen veröffentliche ich hier den zweiten meiner elf Bonusgründe. Dabei rufe ich mir und allen Lesern den größten Erfolg in der Vereinsgeschichte des SVD in Erinnerung:

Bonusgrund 2:
Weil man Hoffenheim, RB und die Eintracht vergebens vor dem SVD suchte

Vor der Saison 2015/16 galten zwei Dinge als ausgemacht: Die Bayern werden Meister und der SV Darmstadt 98 steigt ab. Doch während die Bayern in der Endabrechnung die Erwartungen mit zehn Punkten Vorsprung auf Dortmund und 28 Punkten Vorsprung auf die drittplatzierten Leverkusener vollauf erfüllten, drehten die 98er der Konkurrenz eine mächtig lange Nase. Wie schon zuvor in der 3. Liga und in der 2. Bundesliga wuchs die Truppe von Dirk Schuster über sich hinaus. Das Team beherzigte durchweg die Maßgabe ihres Coaches, die darin bestand, nach jedem Spieltag nie weniger Punkte auf dem Konto zu haben, als Spieltage gespielt waren. So reichten am Ende 38 Punkte zu Rang 14, punktgleich mit dem Tabellenzwölften. Die beste Saisonplatzierung der Vereinsgeschichte war perfekt. Nur drei Jahre nach dem sportlichen Abstieg aus der 3. Liga.

Er ist nicht nur im Buch, sondern er hat auch ein Exemplar. Jerôme (Jego) Gondorf spricht in Bonusgrund 8 ausführlich über seine Zeit beim SVD.

Außer gegen die Bayern und gegen Mönchengladbach hatten es die 98er verstanden, gegen jeden Gegner zu punkten. Sie verloren nur einmal mehr als die Gladbacher auf Rang 4. Auswärts holten die Lilien 26 Zähler. Mehr als 14 ihrer Kontrahenten. Oft genug genügte auswärts eine 1:0-Führung um den Platz zumindest ungeschlagen zu verlassen. Hinzu kam: Der befürchtete Einbruch in der Rückrunde blieb aus. Aytaç Sulu & Co. holten sogar noch zwei Zähler mehr als vor der Winterpause. In der Abstiegszone rangierten sie in der gesamten Spielzeit nie.

Auf diese Weise hatte der größte Underdog seit vielen Spielzeiten in der Endabrechnung vier Teams hinter sich gelassen. Und diese waren mehr als namhaft. Den Gang in die Zweitklassigkeit mussten Hannover 96 – bis dahin seit 14 Spielzeiten erstklassig – und der VfB Stuttgart – immerhin seit 1977 ununterbrochener Bundesligist – antreten. Nicht minder überraschend waren die Teams auf den Positionen 15 und 16. Die TSG Hoffenheim aus dem nicht allzu fernen Kraichgau und der große Nachbar Eintracht Frankfurt.


Die Erstauflage

  • Weitere Details zu dem Buch an sich, Bilder mit Interviewten (z.B. Elton da Costa und Mergim Mavraj), plus ein paar Kritiken gibt’s hier: KLICK
  • Und hier findet ihr noch ein paar Leseproben aus der Erstauflage: KLICK

Mit Hoffenheim hatte sich der SVD ein paar Jahre in der 3. Liga duelliert. Als sich die Wege 2007 trennten, da musste man in Darmstadt angesichts der so unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten davon ausgehen, dass es von Dauer sein würde. Die TSG hatte 2008 die Bundesliga im Sturm genommen und zählte anschließend zu den ambitionierteren Erstligaklubs. Mit der Saison 2015/16 konnten die Nordbadener schon auf mehr Erstligaspielzeiten zurückblicken als Waldhof Mannheim, Rot-Weiß Essen und Kickers Offenbach. Dennoch kam die mit 23 Millionen Euro verstärkte Truppe von Markus Gisdol (darunter Kevin Kuranyi, Fabian Schär und Eduardo Vargas) nicht so recht aus dem Quark. Am 3. Spieltag ging es für den Favoriten nach Darmstadt. Die Gäste dominierten erwartungsgemäß die Partie, die Lilien wehrten sich bei saunaartigen Temperaturen mit allem was in ihnen steckte. So verteidigten sich die 98er mit Glück und Geschick zur ersten Nullnummer der Saison, gleichbedeutend mit der dritten Punkteteilung. Exemplarisch war die Rettungstat von Abwehrrecke Luca Caldirola, der einen Schuss von Kevin Kuranyi fast schon im Spagat auf der Linie stoppte. Als die Lilien in der Rückrunde 2:0 in Hoffenheim gewannen, da steckten nicht sie selbst, sondern die Gastgeber ganz tief im Schlamassel. Die 98er präsentierten sich abgezockter, während harmlose Kraichgauer noch Stunden hätten spielen können, ohne ein Tor zu erzielen.  Hernach betrug der Vorsprung des dann elftplatzierten SVD auf die TSG satte zehn Punkte. Nach dem Duell kam ein gewisser Julian Nagelsmann ans Ruder, der die hoch eingeschätzte Mannschaft noch von den Abstiegsrängen hieven sollte.

Allen Lilien-Fans nur zu gut in Erinnerung ist die Partie bei der Eintracht, dem ersten Aufeinandertreffen der beiden hessischen Klubs seit 33 Jahren. In ihr behielten die 98er Anfang Dezember 2015 mit 1:0 die Oberhand. Wie so oft in dieser Spielzeit, verwertete Kapitän Aytaç Sulu einen Standard per Kopf. Eine hilflose Eintracht fand im Anschluss keine Antwort und die Reaktion von Teilen ihrer Anhänger sprach Bände. Statt ihr verunsichertes Team bis zum Abpfiff zu unterstützen, zündeten sie gegen Ende zahlreiche erbeutete Darmstädter Banner und Fanutensilien an. Ein Vorfall, der dazu beitrug, dass das Rückspiel in Darmstadt zu einer lokalpolitischen Posse wurde. Zunächst waren die Eintracht-Fans aufgrund der Vorfälle im Hinspiel vom DFB vom Stadionbesuch ausgeschlossen worden. Hernach wollte Bürgermeister Rafael Reißer sämtlichen Anhängern der SGE gar den Zutritt zur Darmstädter Innenstadt verwehren, was wenige Stunden vor Anpfiff zwar kassiert wurde, aber dennoch ein Großaufgebot der Polizei notwendig machte und zu insgesamt 530 Festnahmen führte. Trotzdem sollte das Rückspiel für die inzwischen von Niko Kovac angeleitete Eintracht positiv verlaufen. Das 1:0 für den SVD hätte Sandro Wagner nach 20 Minuten veredeln können, wenn er seinen Elfer verwertet hätte. So blieb die Eintracht im Spiel und siegte letztlich mit 2:1. Ein immens wichtiger Dreier, um sich wenigstens noch in die Relegation zu retten, die sie erfolgreich bestreiten konnte.

Am Ende stand jedoch: Die zähen und leidenschaftlicheren Lilien hatten ihren beiden höher eingeschätzten Kontrahenten das Nachsehen gegeben. Da der SVD in der Vorsaison bereits RB Leipzig das Eintrittsticket in die Bundesliga weggeschnappt hatte, sucht man in der Abschlusstabelle 2015/16 vor den Lilien vergebens nach der TSG Hoffenheim, der Eintracht und RB Leipzig. Eine wahrlich denkwürdige Tatsache, die sich nach menschlichem Ermessen nicht so schnell wiederholen dürfte. Es war eine Wohlfühlsaison, wie sie im Buche steht.


Die Neuauflage

Die Neuauflage erscheint in diesen Tagen. Ihr könnt sie also beim (Online-)Buchhändler eures Vertrauens bestellen.

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