#KOED98: „Das Auf und Ab dieser Mannschaft ist nicht vorhersehbar“

Wenn die Lilien am Freitagabend in Köln antreten, dann bittet der Klassenprimus zum Tanz. Aufgrund der beiden Unentschieden gegen Duisburg und den HSV sowie der überraschenden 0:3-Niederlage in Dresden, kann der effzeh dann aber noch nicht den Deckel drauf machen. Die letzten Ergebnisse sorgten für reichlich dicke Luft am Geißbockheim und Coach Markus Anfang wird nicht nur medial angezählt. Dennoch wird den Kölnern der Aufstieg kaum mehr zu nehmen sein. Hinzu kommt: Mit den 98ern kreuzt ein gern gesehener Gegner auf. Die letzten Spiele am Bölle gewann Köln mit 6:1 und 3:0. Die letzten beiden Heimspiele mit 4:1 und 2:0. Und diese Siege hätten gar noch deutlicher ausfallen müssen. All das verdeutlicht: Auf die Truppe von Dimitrios Grammozis wartet eine große Aufgabe bei einem schwer gereizten Gastgeber. Das Spiel kann böse in die Hose gehen, … oder der SVD geht in seiner Außenseiterrolle auf. 

In 98 Worten

Das 0:0 gegen ersatzgeschwächte Bochumer brachte die Lilien noch nicht außer Reichweite der Kellerteams aus Ingolstadt und Magdeburg. Hinter dem Klassenerhalt fehlt folglich noch das Ausrufezeichen. Gegen seinen alten Klub zeigte sich Dimitrios Grammozis pragmatisch. Mit zunehmender Spieldauer wurde klar, dass er mit einem Punkt bestens leben konnte. Sein Team fand zwar ordentlich in die Partie, wurde dann aber von früh angreifenden Gästen immer besser ausgeguckt. So blieb der Eindruck, dass sich der VfL besser auf die (offensiv umständlichen) Lilien eingestellt hatte als umgekehrt. Gegen Köln ist Mathias Wittek (zuletzt gesperrt) wieder an Bord, Marvin Mehlem ein Startelfkandidat.


Der Kontrahent hat das Wort

Arne zählt zum festen Stamm der Redakteure bei effzeh.com. Das Online-Fanzine befasst sich ausgiebig mit Kölns fußballerischem Aushängeschild. Daneben wusste er zuletzt beim Rasenfunk allerhand Erhellendes über den Fußball in der Bundesliga zu sagen.

Arne, dicke Luft beim effzeh. Ist das eine der typischen Extreme rund um den Klub, oder steckt da Substantielles dahinter?
Die dicke Luft ist definitiv hausgemacht und hat auch feste Gründe. Der Abstieg aus der vergangenen Saison steckt eh noch tief in den Knochen und die Herangehensweise in dieser Saison hat jetzt auch nicht alle restlos überzeugt, um es mal positiv zu formulieren. Insgesamt gibt es Probleme im Vorstand, in der Geschäftsführung, auf der Trainerposition und in der Mannschaft. Es wird dann irgendwann schwierig, von einem positiven Gesamteindruck zu sprechen.

Warum steht insbesondere Coach Markus Anfang immer wieder in der Kritik?
Er hat sicherlich Entscheidungen getroffen, die nicht immer nachvollziehbar waren. Als Alleinschuldigen einer Krise eines gesamten Vereins würde ich ihn aber nicht bezeichnen, dafür liegen die Probleme zu tief. Er muss mit einem Geschäftsführer Sport (Armin Veh) zurechtkommen, der sich sehr wortgewaltig äußert. Er muss mit der Rückkehr eines Stürmers (Anthony Modeste) umgehen, die sportlich eigentlich gar keinen Sinn gemacht hat. Er muss für die Spiele eine Mannschaft zusammenstellen, die sich aus einem unbalancierten Kader zusammensetzt, bei dem es an entscheidenden Elementen mangelt. Das ist für keinen Trainer eine leichte Aufgabe.

Du hast zuletzt auf effzeh.com angemerkt, dass Simon Terodde und Anthony Modeste sich zu ähnlich seien und im Doppelpack neutralisieren. Was sagt das über die zurückliegende Kaderpolitik des Klubs aus und was bedeutet das für die anstehende Erstligaspielzeit?
Die Verpflichtung von Modeste zeigt eben genau die genannten Problematiken des fehlenden Konzepts auf. Ein dritter Stürmer war nicht nötig, obwohl man als Verein kaum ablehnen kann, wenn ein Spieler wie Modeste sich anbietet. Aber in Bezug auf die Ruhe im Kader und auch das Gehaltsgefüge war es von vornherein schwierig. Dass es dann fast drei Monate gedauert hat, bis Modeste spielen durfte, hat dem Ganzen die Krone aufgesetzt. Aber hier schien es fast so, als würde der damals amtierende Vorstand den Fans ein Geschenk machen wollen, um die Stimmung wieder ein wenig positiver zu beeinflussen. Für die kommende Saison heißt es, die ganze Situation zu moderieren, weil Modeste nach einer kompletten Vorbereitung auch wieder mehr Ansprüche auf die Startelf anmelden wird, als er es momentan ohnehin schon tut. Konkurrenz belebt zwar das Geschäft, drei potenzielle Leistungsträger auf einer Position erscheint dann aber ein wenig komplizierter.

Erwartest Du im Heimspiel gegen die Lilien ein Team, das die Messer zwischen den Zähnen trägt und die 98er aus dem Stadion schießen will, oder ganz im Gegenteil eine verunsicherte Truppe?
Das lässt sich schwer beantworten, weil das Auf und Ab dieser Mannschaft nicht vorhersehbar ist. Die letzten drei Spiele gegen Duisburg, Hamburg und Dresden waren zum Teil erschreckend schwach, weswegen es jetzt keine Überraschung wäre, wenn es so weiterginge. Gleichzeitig könnte die Mannschaft mit einem Heimsieg aber auch die letzten Zweifel am ohnehin sehr realistischen Aufstieg wegwischen, was dann schon auch helfen kann. Aber wie gesagt, was die Mannschaft abliefern wird, lässt sich schwer sagen. Dominick Drexler hat mit seinen Worten „Das machen die Stars!“ aufgezeigt, dass es in der Mannschaft vielleicht auch die ein oder andere Konfrontation gegeben hat. Er war nach dem Dresden-Spiel um ein Statement gebeten worden und hat damit noch ein weiteres Fass aufgemacht. Es bleibt spannend!

Die beiden Spiele gegen Dresden zeigen die beiden Extreme der Kölner Saison. Einmal demontieren sie Dynamo mit 8:1 und am vergangenen Wochenende verlieren sie sang- und klanglos 0:3. Für mich schlägt sich der effzeh in seinen nachlässigen Phasen eher selbst, als die Kontrahenten ihn. Fehlt es dem Team von Zeit zu Zeit schlichtweg an der richtigen Einstellung, bzw. nehmen sie die 2. Liga nicht durchweg ernst?
Ich glaube, das ist weniger Einstellungssache, sondern vielmehr eine Frage der Qualität. Mit 59 Punkten aus 30 Spielen ist der effzeh weit davon entfernt, die Sterne in dieser Liga vom Himmel zu spielen. Auch die Anzahl der Gegentore spricht dagegen. Die 2. Liga war in den letzten Jahren ja schon traditionell sehr ausgeglichen, der Kölner Vorsprung rührt vielleicht eher aus der Qualität der Einzelspieler denn aus den Vorteilen einer taktisch überdurchschnittlich guten Herangehensweise. Das ist schade, denn eigentlich war ich davon ausgegangen, dass Markus Anfang mit seinem offensiv geprägten 4-1-4-1 ein paar Akzente in der Liga setzen würde. Nach der Schwächephase im Herbst wurde das System ad acta gelegt, der effzeh spielte fortan mit zwei Stürmern, gewann einige Spiele – Ausreißer nach unten gab es aber auch immer wieder. Dass die Spieler die 2. Liga ernst genommen haben, setze ich aufgrund der Tatsache, dass sie dafür alle fürstlich entlohnt werden, einfach mal voraus.

Du hast die Anzahl der Gegentore erwähnt. Es sind 39. Für einen Klassenprimus, der sich doch eigentlich nur versehentlich in die 2. Liga verirrt hat, ist das eindeutig zu viel. Wie erklärst Du dir das?
Es ist wahrscheinlich die bereits von mir angesprochene fehlende Balance. Der effzeh gerät zu häufig in Unterzahl in der Defensive, meistens reicht ein Ballgewinn im Pressing, ein tiefer Ball und schon wird es gefährlich. Momentan spielen viele Gegner mit einer simplen Manndeckung gegen den Aufbauspieler auf der Sechs und die beiden Achter/Zehner. Dann bleibt dem effzeh häufig nur der lange Ball, was meistens keine ansehnlichen Spiele zur Folge hat. Wenn die gegnerische Mannschaft dann vorne Tempo mitbringt und ihre Umschaltgelegenheiten nutzt, wird es gefährlich – siehe Duisburg mit Stoppelkamp und Dresden mit Duljevic und Berko. Das ist jetzt nicht die Crème de la Crème der 2. Liga, es hat aber beide Male gereicht, um gegen Köln zumindest nicht zu verlieren.

Was macht der effzeh dahingegen zumeist richtig gut und wer ist auf dem Platz dafür zuständig?
An guten Tagen ist der Zug zum Tor schon enorm. Schaub und Drexler bringen enorme spielgestalterische Fähigkeiten mit und können im letzten Drittel immer für eine gute vorletzte Aktion sorgen. Teroddes Qualitäten als Abschlussspieler sind ohnehin bekannt. Wucht und Dynamik von Jhon Cordoba haben sich im Laufe dieser Saison zu einer beeindruckenden Waffe entwickelt, weswegen er auch zweistellig treffen konnte.

Du hast vorhin die Ausgeglichenheit der 2. Liga erwähnt. Welche Teams haben dich in der abgelaufenen Spielzeit richtig positiv überrascht?
Ich bin sehr angetan von der Spielweise Paderborns, die einen bewusst offensiven und mutigen Stil haben. Dazu kommen mit Klement, Michel und Pröger noch sehr interessante Einzelspieler, die aus dem SCP eine der besseren Mannschaften in der 2. Liga gemacht haben. Das war unter Steffen Baumgart ja bereits in der 3. Liga der Fall. Das zeigt, dass Kontinuität und das Etablieren einer spielerischen Identität langfristig Vorteile bringen. Ähnlich ist es auch beim FC Heidenheim, wo die sportlichen Entscheidungsträger seit langer Zeit zusammenarbeiten, an einem Strang ziehen und deswegen konstant gut abliefern.

Hannover und Stuttgart stiegen beide vor zwei Jahren auf und stehen in der Bundesliga im Tabellenkeller. Nürnberg stieg vor einem Jahr auf und nun vermutlich wieder ab. Düsseldorf dürfte nächstes Jahr wohl ebenfalls wieder nach unten schauen müssen. Kann es sein, dass sich die Bundesliga zu einer Art „Geschlossener Gesellschaft“ entwickelt, in der die Aufsteiger es noch schwerer haben als früher? Und was bedeutet das für den effzeh?
Mannschaften aus der 2. Liga bekommen es durch die DFL bewusst schwerer gemacht, weil die Relegation ihnen schon einen sicheren dritten Platz nimmt – das ist unnötig. Ansonsten glaube ich, dass man sich auch als Aufsteiger in der Bundesliga etablieren kann, wenn man vernünftig arbeitet. Dazu gehört natürlich das Budget. In diesem Punkt haben Stuttgart und Köln womöglich Vorteile. Hannover zerschießt sich durch die Querelen auf Klubebene eher selbst, aber davor ist der effzeh auch nicht gefeit. Durch das hohe Gehaltsniveau wäre der effzeh bei einem Wiederaufstieg kein normaler Aufsteiger. Darauf ist man am Geißbockheim stolz. Dass man die hervorragende Ausgangslage nach der (glücklichen) Qualifikation für die Europa League so einfach weggeschmissen hat und mittlerweile stolz darauf ist, nach einem Aufstieg wie ein Bundesligist Geld ausgeben zu können, halte ich für eine falsche Form von professionellem Ehrgeiz.

Was müssen die Lilien am Freitagabend auf den Platz bringen, um etwas Zählbares aus Müngersdorf mitzunehmen?
Wie vorhin schon angedeutet: Mannorientierungen im Spielaufbau, eklig sein, Drexler und/oder Schaub nicht Richtung gegnerisches Tor aufdrehen lassen, Bälle gewinnen, mit Tempo in die Schnittstellen spielen, Meré und Czichos in Laufduelle zwingen, Abschlüsse suchen – falls Dimitrios Grammozis fragt, ich habe ab Sommer Zeit für eine Stelle als Co-Trainer.

Wunderbar. Ich sag ihm Bescheid. Besten Dank, Arne, für Deine Einblicke in die aktuelle Situation beim effzeh.
Ich habe zu danken und höre erst einmal Alberto Colucci!

Ah, sehr schön. Da scheint doch gleich die Sonne. 😉


Auf die Ohren

Christian, Mike und ich machten uns am Montagabend in Folge 115 einen Reim auf die Leistung der Lilien gegen Bochum. Wir sahen Luft nach oben, aber wie heißt es so schön? Lieber den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach. Daneben warfen wir natürlich noch einen Blick auf das Spiel in Müngersdorf.


Jung & …

Einige Jugendteams nutzten das spielfreie Wochenende zum Testen. Die U19 – in der Hessenliga schon ohne Chancen im Aufstiegskampf – gewann bei Wormatia Worms mit 4:1. Die U15 trennte sich von ihren französischen Altersgenossen der ES Nanterre mit 1:1. Die U17 testet als frischgebackener Hessenligameister erst am kommenden Wochenende gegen ihre Stadtrivalen von Rot-Weiß, bevor am 1. Mai das Prestigeduell gegen die Eintracht im Pokal ansteht. Im Ligaspielbetrieb geht es für die U19 gegen den JFV Viktoria Fulda weiter. Die U15 empfängt am Samstag in der Regionalliga Süd den FSV Frankfurt.

… verliehen

Die in die 3. Liga verliehenen Lilienspieler machen weiterhin keine Werbung in eigener Sache. Am vergangenen Spieltag fehlte Julian von Haacke (SV Meppen) immer noch aufgrund einer Verletzung des Syndesmosebandes. Romuald Lacazette (1860 München) war trotz personellen Engpasses erneut nicht im Kader zu finden und bleibt damit bei kümmerlichen acht Saisoneinsätzen stehen. Orrin McKinze Gaines II (FSV Zwickau) verfolgte den Sieg seines Teams nur von der Ersatzbank aus.

In der Regionalliga Bayern empfing Silas Zehnder mit Viktoria Aschaffenburg den SV Schalding-Heining aus Passau. Der Youngster kam in den letzten 20 Minuten aufs Feld, am 0:0 änderte dies aber nichts mehr. Patrick Banggaard (AE Pafos) behielt auf Zypern in der Abstiegsrunde gegen Doxa Katokopia mit 3:2 die Oberhand. Der Däne verteidigte wieder über 90 Minuten und dürfte mit seinem Klub den Klassenerhalt so gut wie sicher haben.