Karim Guédé – Slovenský futbalový reprezentant

Karim Guédé fiel mir zum ersten Mal am 24. März auf. An jenem Samstag erzielte er nach 8 Minuten das 1:0 für den SC Freiburg gegen den 1. FC Kaiserslautern. Das nahm ich zunächst nur zur Kenntnis. Was mich allerdings stutzig machte, war sein anschließendes Interview in der Sportschau. In fließendem Deutsch gratulierte er seiner Mutter zum Geburtstag. Moment! Stopp! War er nicht in der Winterpause von einem slowakischen Verein nach Freiburg gewechselt? Im globalisierten Fußball kein unüblicher Zwischenschritt für Afrikaner auf dem Weg in eine der größeren Ligen, so dachte ich. Nur wieso spricht er dann so gut Deutsch? Und wieso grüßt er dann noch in dieser Sprache seine Mutter? Diese Fragen waren der Auftakt zur Entdeckung einer wahrlich außergewöhnlichen Fußballer-Biographie.

Das erste Mal sorgt Karim Guédé im Frühsommer 2006 für Schlagzeilen … und zwar weltweit. Das Nationalteam Togos hat sich erstmals für eine WM-Endrunde qualifiziert und der Fußballverband des westafrikanischen Staates zaubert den deutschen Weltenbummler Otto Pfister als Nationaltrainer aus dem Hut. Pfister macht sich auf die Suche nach Verstärkungen für den krassen WM-Außenseiter. Einzig Superstar Emmanuel Adebayor (damals Arsenal London) sticht aus einer Mannschaft der Namenlosen heraus. Pfister wird in Deutschland fündig und nominiert zwei Spieler, die togoische Wurzeln haben. Der eine ist Assimiou Touré, ein 18-jähriger Juniorenspieler von Bayer Leverkusen, der es später tatsächlich auf zwei WM-Einsätze bringen wird. Der andere ist Karim Guédé. Er ist zum damaligen Zeitpunkt 21 und stößt mit der Empfehlung von 14 Regionalligaeinsätzen für die Zweitvertretung des Hamburger SV zum WM-Kader. Guédé ist in der Hansestadt geboren, sein Vater ist Franzose, seine Mutter stammt aus Togo. Er durchlief einige Jugendteams des FC St. Pauli, bevor er über den Umweg Concordia Hamburg im Sommer 2005 beim Hamburger SV II anheuert. Doch so unverhofft sich die WM-Bühne öffnet, so jäh zerplatzt sein WM-Traum. Nach dem ersten Gruppenspiel gegen Südkorea, bei dem er nicht eingesetzt wurde, streicht Pfister den Defensivspieler wegen einer Rückenverletzung aus dem Kader. Der 21-jährige versteht die Welt nicht mehr und kritisiert den Coach scharf über die Medien: Er fühle sich gut und könne spielen. Mit dem Abstand von einigen Jahren äußert sich Guédé zurückhaltender. 2011 äußert er gegenüber der Hamburger Morgenpost: „Ich war natürlich traurig, aber alles im Leben hat einen Sinn.“

Vom WM-Fahrer für Togo zum Profi in der Slowakei
Und so nutzt Guédé im Sommer 2006 die WM-Nominierung doch noch zum eigenen Vorteil. Der Hamburger SV legt keinen Wert mehr auf seine Dienste und so unterschreibt der Abwehrspieler beim slowakischen Vizemeister FC Petrzalka, der damals noch auf den Namen Artmedia Bratislava hörte. Der Anfang ist nicht leicht und der Hamburger bringt es in seiner ersten Saison auf gerade einmal neun Einsätze. Doch Guédé stellt sich der Herausforderung und beherrscht auch die slowakische Sprache nach und nach immer besser. In der Saison 2007/08 startet er schließlich durch. Mit 33 Saisoneinsätzen hat er maßgeblichen Anteil am Gewinn der Meisterschaft des Hauptstadtklubs, der sich auch noch den Pokalsieg sichert. Nebenbei sammelt Guédé internationale Erfahrung, etwa in den UEFA-Cup-Partien gegen Panathinaikos Athen und Sporting Braga. Bis 2010 steht er bei Petrzalka unter Vertrag, ehe ihn mit Slovan Bratislava der namhafteste Verein der Slowakei verpflichtet. Und gleich seine erste Spielzeit bei Slovan sollte für den „Hamburger Jung“ zu einem vollen Erfolg werden. Zum zweiten Mal holt er das slowakische Double aus Meisterschaft und Pokalsieg.

Mit dem Doppelkreuz auf der Brust
Doch damit nicht genug. Plötzlich meldet sich der slowakische Fußballverband und fragt an, ob Guédé nicht für dessen Nationalelf spielen möchte. Und so kommt es, dass Guédé nur fünf Jahre nach seiner gescheiterten WM-Teilnahme für Togo im Wörtherseestadion von Klagenfurt die slowakische Nationalhymne mitsingt. Schon bei seiner ersten Nominierung gehört er zur Startelf und fungiert zusammen mit Juraj Kucka vom FC Genua 1893 als Doppelsechs beim 2:1-Sieg über Österreich. Es folgen drei weitere Länderspiele für das Team mit dem Doppelkreuz auf der Brust, allesamt in der EM-Qualifikation. Doch die Slowaken können sich nicht für die Euro qualifizieren. Unter anderem setzt es eine unerwartete 0:4-Heimpleite gegen Armenien. In diesem Spiel agiert Guédé bis zur 55. Minute im Mittelfeld, ehe er beim Stand von 0:0 ausgewechselt wird. Auch mit Slovan Bratislava sammelt der Jungnationalspieler weitere internationale Erfahrung. In der Champions-League-Qualifikation scheitert der slowakische Meister noch knapp am späteren Überraschungsteam APOEL Nikosia, nur um kurz darauf den AS Rom aus der Europa League zu schießen. In der Gruppenphase holt Slovan gegen starke Gegner (Athletic Bilbao, Paris St. Germain, RB Salzburg) zwar nur einen Punkt, verliert jedoch zumeist nur äußerst knapp. Guédé zählt zu den Stützen seiner Elf.

Von der „Doppelsechs“ zur „Neuneinhalb“
Nicht zuletzt aufgrund dieser Auftritte auf der europäischen Bühne wird der gebürtige Hamburger für Vereine aus seiner alten Heimat interessant. Mit dem SC Freiburg buhlt ein deutscher Bundesligist nachhaltig um seine Dienste. Nach einigem Hin und Her einigen sich die Badener mit Slovan und Guédé gelangt quasi über den zweiten Bildungsweg in die Bundesliga, in der er immer schon spielen wollte. Nach einer längeren Eingewöhnungsphase und einem Crashkurs in Sachen taktisches Verhalten gehört er beim starken 0:0 gegen den FC Bayern erstmals zum Team der Breisgauer. Seither folgten drei weitere Bundesligapartien, mit der Krönung des eingangs erwähnten Tores gegen Kaiserslautern. Neben der ungewohnten Bundesligaluft, muss der mittlerweile 27-jährige noch in anderer Hinsicht umschulen. Coach Christian Streich setzt ihn nicht auf seiner angestammten Position im defensiven Mittelfeld ein, sondern im Sturm. Oder wie Streich präzisiert, auf der „Neuneinhalb“. Gut möglich, dass Guédé in dieser Saison noch weitere Treffer folgen lässt. Sein vollständiger Vorname bürgt immerhin für Vollstreckerqualitäten: Karim Abdul-Jabbar. Kareem Abdul-Jabbar ist noch heute mit weitem Abstand der erfolgreichste Korbschütze der nordamerikanischen Basketball-Profiliga NBA.

Kein Togoer, kein Slowake, aber immerhin ein Deutscher. Leicht nervös und etwas wortkarg stellt Karim Guédé im Sommer 2011 gegenüber transfermarkt-tv seine ganz persönliche Traumelf vor:

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