Der Ausgleichstreffer von Cesc Fabregas gegen Italien steht stellvertretend für die aktuelle spanische Nationalmannschaft. Abgesichert vom „Sechser“ Xabi Alonso von Real Madrid erreicht der Ball Xavi und Iniesta vom FC Barcelona, die sich durch das Mittelfeld kombinieren. Passempfänger David Silva von Manchester City lauert am Sechzehner, von wo er den bei Arsenal London gereiften und bei Barcelona spielenden Fabregas einsetzt, der nervenstark vollendet. Das spanische Spiel umfasst also ganz viel Barca, gestützt von Real und einem wichtigen Schuss England.
Sieben Spieler der spanischen Auswahl kommen vom FC Barcelona, der Mannschaft, die dem europäischen Vereinsfußball in den vergangenen Jahren ihren Stempel aufgedrückt hat. Nimmt man die verletzten Carles Puyol, David Villa und Thiago Alcantara hinzu, dann hätte sich der Barca-Anteil des Teams nochmals um drei Spieler erhöht. Die Katalanen bestimmen die Schaltzentrale des spanischen Spiels, während die fünf Königlichen vom spanischen Meister Real Madrid (Iker Casillas, Alvaro Arbeloa, Sergio Ramos, Raul Albiol, Xabi Alonso) hauptsächlich Defensivaufgaben übernehmen.
Mehr als nur Barca und Real
Nicht zu vernachlässigen ist mittlerweile die Fraktion der England-Legionäre. Der eingangs erwähnte David Silva glänzt durch trickreiches Spiel, Fernando Torres vom Chelsea FC versteht sich als ebenso lauffreudiger wie ballsicherer Stürmer, dem allerdings schon seit geraumer Zeit das Zielwasser abhanden gekommen ist. Mit Juan Mata vom aktuellen Champions-League-Sieger Chelsea FC verfügt Spanien über einen ebenso jungen wie laufstarken und torgefährlichen Offensivspieler im zweiten Glied. Ersatztorwart Pepe Reina vom Liverpool FC komplettiert die englische Fraktion in der Seleccion. Da die Stammkräfte Cesc Fabregas und Xabi Alonso ebenfalls lange Zeit äußerst erfolgreich bei Arsenal bzw. Liverpool spielten, ist der „ausländische“ Einfluss nicht zu unterschätzen.
Spanien setzt seit zehn Jahren wieder auf Legionäre
2002 stellt einen Traditionsbruch in der spanischen Nationalelf dar. Erstmals seit den 1960er Jahren, als vereinzelt Italien-Legionäre zur Auswahl zählten, setzte die Seleccion mit Gaizka Mendieta bei der Weltmeisterschaft in Japan und Südkorea wieder auf einen im Ausland spielenden Profi. Zwei Jahre später stieß mit Fernando Morientes ein Frankreich-Legionär (AS Monaco) zum EM-Kader. Seit 2006 stehen immer vier, bzw. fünf „Engländer“ bei großen Turnieren im Aufgebot. Die Nachfrage nach Spaniern auf der Insel hat sicher mit dem Engagement iberischer Trainer bei englischen Spitzenklubs zu tun, die sich gerne in Spanien und Portugal bedienten. Seien es José Mourinho und André Villas-Boas bei Chelsea oder Rafa Benitez bei Liverpool.
Positiver Einfluss der England-Legionäre
Die England-Legionäre taten dem spanischen Spiel in zweierlei Hinsicht gut. Zum einen brachten sie Erfahrungen mit anderen Spielsystemen und dem zielstrebigen englischen Spiel ins Team. Zum anderen bildeten sie ein deutliches Gegengewicht zu den traditionell dominierenden Barca- und Real-Blöcken, die oft die Hälfte aller Nationalspieler stellten, sich aber nicht sonderlich verstanden und so das Team hemmten. Nach 1998 nahm die Zahl der Spieler der beiden Spitzenklubs in der Seleccion permanent ab, bis er 2008 mit nur noch fünf Spielern einen Minuswert erreichte. Prompt fuhren die Iberer den EM-Titel ein.
Zuletzt konstante Quote
Mit dem zur Perfektion verfeinerten Barca-Spiel, das 2009 und 2011 im Champions-League-Sieg mündete, nahm der Einfluss der Katalanen im Nationalteam wieder sprunghaft zu. Beim WM-Sieg 2010 stellten sie mit acht Spielern das Herzstück der Auswahl von Vicente del Bosque. Fünf Madrilenen und vier „Engländer“ ergänzten diesen Kern punktuell. Mit einer fast identischen Quote versuchen die Spanier nun bei der EURO zum Erfolg zu kommen.