Wenn morgen Abend die Knappen aus Schalke zur Champions-League-Partie in Arsenals guter Stube antreten, könnten sie auf drei deutsche Landsleute treffen. Neben Lukas Podolski und Per Mertesacker schickt sich auch der erst 17-jährige Serge Gnabry an mitzumischen.
Gnabry absolvierte am vergangenen Samstag sein erstes Spiel in der englischen Premier League. Damit avancierte der junge Schwabe, dessen Vater aus der Elfenbeinküste stammt, zum zweitjüngsten Gunner in der Premier-League-Historie. Selbst der heutige Weltklassespieler Cesc Fabregas war 2004 bei seinem Liga-Debüt für Arsenal fünf Tage älter. Kein Wunder, dass Gnabrys Einstand in diesen Tagen in deutschen wie englischen Medien nachhallt. In seinen knapp zehn Minuten Einsatzzeit konnte er zwar die überraschende Niederlage Arsenals beim Tabellenvorletzten Norwich City nicht verhindern, heimste aber ein Lob seines Trainers Arsène Wenger ein: “I think he’s one of the guys who was dangerous when he came on. He was incisive and he looked very interesting.” Angeblich wird er ob seiner viel versprechenden Auftritte in Arsenals Reserveteam von den Fans bereits „german wunderkind“ gerufen. In der britischen Popkultur würde man bei so viel Vorschusslorbeeren wohl von „the next big thing“ sprechen. Prädikate, die nicht immer hilfreich sind, denn oft genug schlagen solch hoch gelobte Himmelsstürmer irgendwann hart auf dem Boden der Tatsachen auf.
Ein Spieler mit tollen Anlagen
Gnabry spielt erst seit Sommer 2011 bei den Gunners. Zuvor hatte er sechs Jahre lang die Juniorenteams des VfB Stuttgart durchlaufen, eine Zeit lang trat er parallel in der Leichtathletik an. Nach allem was zu lesen ist, erfolgte der Abschied aus Stuttgart nicht im allerbesten Einvernehmen. Dennoch sprechen sie auch heute beim VfB und beim DFB, wo er zuletzt zwölfmal für die U17 auflief, von einem grandiosen Spieler mit tollen Anlagen. Der in Stuttgart geborene und in Weissach bei Böblingen aufgewachsene Flügelspieler gilt als enorm schnell, technisch versiert und torgefährlich. Mit seinen gerade einmal 173 Zentimetern Körpergröße erinnert er an die beiden ebenfalls noch jungen Flügelflitzer der Gunners Theo Walcott (Rechtsaußen, 175 cm, 23 Jahre) und Alex Oxlade-Chamberlain (Linksaußen, 180 cm, 19 Jahre). Beide sind derzeit verletzt, so dass es alles andere als abwegig wäre, wenn Gnabry morgen gegen Schalke tatsächlich einige Minuten eingesetzt werden würde.
Auf dem Weg in die Geschichtsbücher
Jeder an der Gruppenphase der Champions League teilnehmende Klub musste im Vorfeld der UEFA einen gesonderten Kader für die europäische Köngisklasse benennen. Gnabry rutschte etwas überraschend in diesen Kader, hatte er doch gerade erst seinen ersten Profivertrag unterschrieben und galt somit eigentlich nicht als Anwärter auf einen Champions-League-Platz. Doch Arsenal-Coach Wenger ist dafür bekannt jungen Talenten sein Vertrauen zu schenken. In der 20-jährigen Historie der Champions League liefen zwei der fünf jüngsten Torschützen für Arsenal auf. Zum einen der bereits erwähnte Fabregas, zum anderen Aaron Ramsey, die beide mit 17 Jahren trafen. Würde Gnabry tatsächlich noch in der Gruppenphase für Arsenal auflaufen und sogar treffen, wäre er der jüngste Champions-League-Torschütze überhaupt. Es sei denn, ihm käme Fabrice Olinga dazwischen. Der 16-jährige Kameruner (*12.05.1996!) stand in den ersten beiden Champions-League-Spielen für den FC Malaga immerhin in der Stammformation. Zwei ebenfalls noch 16-jährige Spieler von Dinamo Zagreb und dem FC Porto machen Gnabry zum vierjüngsten Spieler, der in diesem Jahr für die Champions League nominiert wurde. Der älteste, ManUnited-Legende Ryan Giggs, ist sage und schreibe 22 Jahre älter.
Gnabry Vorreiter einer jungen deutschen Garde in England
Gnabry ist für den Moment zweifelsohne der aufregendste junge deutsche Spieler im Ausland. Laut „deutschefussballerimAusland.blogspot.com“ lassen sich derzeit acht deutsche Junioren der Jahrgänge 1993 bis 1995 in England ausbilden. Thomas Eisfeld und Leander Siemann spielen bei den Gunners. Zwei verfolgen beim Stadtrivalen Fulham FC ihren Traum vom Profifußball, zwei weitere beim Liverpool FC, einer bei Leeds United und einer bei den Bolton Wanderers. Zehn deutsche Kicker stehen bereits bei verschiedenen Profisklubs der Premier League unter Vertrag. Neben Gnabry zählt mit Torjäger Samed Yesil (Liverpool FC, Jahrgang ’94) ein weiterer Youngster bereits zum erweiterten „Inventar“ eines englischen Erstligisten.
So manch junger Aufsteiger landet hart
Dass ein vielversprechender Karrierestart allerdings nicht immer in einer glanzvollen Profikarriere mündet, belegen zwei Beispiele. Erinnert sich noch jemand an Sergio Peter? Der gebürtige Mannheimer spielte 2006 und 2007 21-mal für die Blackburn Rovers in der Premier League und im UEFA-Cup. Mit 19 Jahren schien ihm die Fußballwelt offen zu stehen. Heute weiß noch nicht einmal http://www.transfermarkt.de, wo der mittlerweile 26-jährige spielt. In der Saison 2010/11 sind für ihn immerhin noch zwölf Spiele dokumentiert … allerdings bei der SpVgg Neckarelz in der Oberliga Baden-Württemberg! Ähnlich bergab ging es für Savio Nsereko, der im ersten Halbjahr 2009 als 19-jähriger elf Spiele für West Ham absolvierte und mittlerweile bei der SpVgg Unterhaching zwischen der 1. Mannschaft in der Dritten Liga und der 2. in der Bayernliga Süd pendelt. Serge Gnabry wäre zu wünschen, dass sein Weg im Profifußball dauerhaft nach oben führt. Vielleicht ja schon morgen über den FC Schalke 04.