Einwurf: Der Kies bleibt außen vor … basta

Dieser Tage erlebt die mediale Debatte um die Nationalelfkarriere von Stefan Kießling einen neuen Höhepunkt. Durch die Verletzungen der beiden etatmäßigen Stürmer Miroslav Klose und Mario Gomez erschien es nur logisch den letztjährigen Torschützenkönig aus Leverkusen endlich einmal wieder für die Nationalelf zu nominieren. Doch DFB-Coach Joachim Löw bleibt hart und sich damit treu: Die Tür für den Kies genannten Goalgetter bleibt zu. Das mag man gut finden oder auch nicht, Löw hat für die Nichtnominierung jedoch gewichtige Gründe und die gilt es endlich zu akzeptieren.

Zugegeben, die Personalie Kießling ist nicht einfach und dennoch spricht alles dafür, dass er seinen sechs Länderspielen keine weiteren mehr hinzufügen wird. Und das, obwohl er sich in den vergangenen Jahren in der Bundesliga zu einer gewichtigen Größe entwickelt hat. 116 Tore in 287 Partien sprechen für die Qualitäten des Sturmführers von Bayer Leverkusen. Dort hat er sich in den vergangenen Jahren vom Sturmtalent zum unumstrittenen Führungsspieler entwickelt. Der durchaus sympathisch daherkommende 29-jährige zeichnet sich durch seine uneitle, laufintensive und kämpferische Spielweise aus. Zudem hat er sich im Umgang mit dem Ball in den vergangenen Jahren enorm verbessert. 2013 errang er schließlich die Torjägerkanone in der Bundesliga und hatte wesentlichen Anteil an Leverkusens dritten Rang und der damit verbundenen Champions-League-Qualifikation. Es ist also nachvollziehbar, dass Medien und Fans Kießling gerne in der Nationalelf sehen würden. Umso mehr als mit Klose und Gomez lediglich zwei lupenreine Stürmer zum Kader von Jogi Löw gehören. Einzig, Löw hat keine Verwendung für den Bayer-Stürmer. Das kommt so:

1. Diskrepanz zwischen nationalen und internationalen Auftritten
Auch wenn Kießling national überzeugt, international ist er bisher vieles schuldig geblieben. Zumindest sofern man die nackten Zahlen sprechen lässt. In 21 Spielen für Bayer in der Champions bzw. Europa League hat er bisher lediglich einen Treffer erzielt und zwei weitere aufgelegt. Mit Leverkusen bestreitet er aktuell erst seine zweite Champions-League-Kampagne. Vermutlich zu wenig, um sich an das internationale Top-Niveau zu gewöhnen und infolgedessen gegen die internationale Elite bestehen zu können. Auch in seinen sechs Einsätzen für den DFB hat er keinen Treffer erzielt, wenngleich er sich dabei nur einmal über die vollen 90 Minuten beweisen durfte. 2010 vor der WM gegen Malta. In diesem Match fehlten damals allerdings sämtliche Bayern-Spieler, also auch Klose und Gomez. Hinzu kommt, Kießling wäre bei der WM 2014 bestenfalls Stürmer Nummer 3. Sollte er dort zum Einsatz kommen, dann wohl nur als Joker, der in einem solchen Moment aber zwingend stechen muss und das traut Löw Kießling wohl nicht zu.

2. WM 2010
Kießling gehörte 2010 tatsächlich zum WM-Aufgebot von Jogi Löw. Die Teilnahme dürfte jedoch maßgeblich dazu beigetragen haben, Löws „Aversion“ gegen den Leverkusener zu festigen. Schließlich konnte er den Stürmer über Wochen hinweg intensiv kennenlernen. Kießling brachte es in Südafrika auf lediglich zwei Kurzeinsätze gegen England und Uruguay. In einem Fall war das Spiel bereits entschieden, die andere Partie war bedeutungslos. Neben Kießling mutierte das Turnier für weitere hoffnungsvolle Spieler zur Sackgasse. Serdar Tasci durfte einzig im Spiel um Platz 3 in der Nachspielzeit auf den Platz. Mehr als nur ein Fingerzeig, dass er nicht das Vertrauen des Nationaltrainers besaß. Piotr Trochowski – wie Kießling Jahrgang 1984 – sollte nach dem Halbfinale gegen Spanien kein weiteres Länderspiel mehr absolvieren. Marko Marin verbaute sich in Südafrika mit seinem überwiegend sinnfreien Kurzeinsatz gegen Serbien eine weitere Nationalelfkarriere. Seit November 2010 trug er nicht mehr den Adler auf der Brust. Sie alle wurden von den Spielern ausgebootet, die sich in Südafrika aufdrängten: Mesut Özil, Jerome Boateng, Toni Kroos und Thomas Müller. Seither etablierten sich noch weitere Talente, wie André Schürrle, Mats Hummels oder Mario Götze. Allesamt äußerst flexible Spieler, die sich Woche für Woche bei absoluten Topteams beweisen.

3. Das System Löw
Und damit wären wir beim dritten Grund. Löw setzt auf ein Spielsystem, das sich durch die Flexibilität und Passsicherheit aller Einzelspieler auszeichnet. Mit WM-Torschützenkönig Müller und Götze hat Löw zwei Spieler in der Hinterhand, die er problemlos in vorderster Front einsetzen kann und die sich dennoch ohne Weiteres in das Kombinationsspiel einbeziehen lassen ohne das Tor aus dem Blick zu verlieren. Zudem finden sie aufgrund der starken Bayern- und Dortmund-Blöcke in der Nationalelf ein gewohntes Umfeld vor. Auch Özil kann die mittlerweile inflationär zitierte „falsche Neun“ spielen. Stefan Kießling ist somit wohl oder übel entbehrlich. Ebenso wie im Übrigen sein Vereinskollege Gonzalo Castro. Doch über den spricht die Öffentlichkeit so gut wie gar nicht, obwohl er zuverlässig starke Leistungen zeigt. Das mag daran liegen, dass Kießling Stürmer ist und über seine Tore zwangsläufig auf sich aufmerksam macht. Dauerläufer, Lückenstopfer und Vorbereiter wie Castro fallen da schnell hinten runter. Ein Schicksal, das noch anderen Spielern drohen könnte, wie Lewis Holtby. Und das obwohl beide eigentlich dem Löwschen Anforderungsprofil entsprechen. Der Kies ist also mit seinem Schicksal nicht allein, es sprechen nur mehr darüber.

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