Auf diese Auswärtsfahrt freut sich jeder Lilien-Fan schon seit der Schlusspfiff im letzten Zweiligaspiel ertönte. Der kleine SVD spielt am Sonntag vor der gewaltigen Dortmunder Südtribüne, die die 11Freunde-Redaktion in ihrer aktuellen Ausgabe zum Mythos erklärt. Es ist gerade einmal zwei Jahre her, da spielten die Lilien im benachbarten Stadion „Rote Erde“ gegen den BVB II vor 1.812 Zuschauern. Am Sonntag dürften es 45-mal so viele sein. Ein absolutes Novum: Für die Lilien-Fans wie für die allermeisten Lilien-Spieler!
So sieht’s aus:
Starke Atmosphäre! Starke Leistung! Starker Sieg! Beim 2:1-Erfolg gegen Werder Bremen passte am Dienstagabend alles zusammen. Das sah nicht nur nach Fußball aus, was die Jungs in Blau und Weiß da auf dem Rasen ablieferten, das war Fußball! Von Anfang an zeigten sich die Lilien spielerisch verbessert und waren sofort in der Partie. Man spürte auch auf den Rängen, dass an diesem Abend etwas geht. Umso mehr, als Bremen verhalten in die Partie einstieg. So konnten die 98er dass Bällchen ungewohnt flüssig und selbstbewusst nach vorne zirkulieren. Hinzu kam die erwartbare Leidenschaft und das kämpferische Element. Und dennoch fingen sich die Lilien nach 19 Minuten mit dem ersten Werder-Angriff das Gegentor. Der SVD zeigte sich unbeeindruckt und drehte am Ende leidenschaftlich die Begegnung. Tobias Escher, einer der Gründer von http://www.spielverlagerung.de, twitterte nach dem Spiel ungläubig:
„Erstaunliches beim Darmstadt-Statistik-Watch: 46% Ballbesitz (!), 56% Passquote, „nur“ 26% lange Bälle.“
Journalist Marcus Bark, der unter anderem für die Sportschau arbeitet, relativierte jedoch in der jüngsten Rasenfunk-Ausgabe die Bedeutung, die immer wieder den Darmstädter Statistiken beigemessen wird:
„Wie kommt es denn, dass die weniger als 40% der Zweikämpfe gegen Werder Bremen gewinnen? Also die Zahl hat mich dann doch erstaunt. Und sie gewinnen trotzdem. Das zeigt mir nur, dass man auf diese Zahlen – die sollte man vielleicht angucken – aber keinen großen Wert drauf legen [sollte].“
Mitentscheid für den Erfolg war jedenfalls, dass Dirk Schuster den zur Einwechslung bereitstehenden Florian Jungwirth nicht brachte. Er hätte maßgeblich für den gelb-belasteten und ein wenig ausgepumpten Peter Niemeyer kommen sollen. Just in einer Phase, als nach der Hereinnahme von Zlatko Junuzovic und Claudio Pizarro mit einem Bremer Endspurt zu rechnen war. Doch stattdessen machten die Lilien den Deckel auf die Partie. Niemeyer erkämpft sich in der 84. Minute den Ball im Mittelfeld und schickte Marcel Heller auf die Reise. Der umspielte gekonnt den herausstürzenden Werder-Keeper Felix Wiedwald und flankte perfekt auf Sandro Wagner, der per Kopf den Siegtreffer erzielte und seine starke Leistung krönte.
Nun wartet am Sonntag die Offensiv-Maschine aus Dortmund, die unter der Woche in Hoffenheim unerwartet ins Stottern kam. Die allermeisten Kontrahenten zeigten sich bislang nicht in der Lage, dem Sturm und Drang der entfesselten Borussen effektiv zu begegnen. So dürfte es auch für die Defensivkünstler aus Darmstadt eine Herkules-Aufgabe werden, in Dortmund zu bestehen. Erst recht nach dem unerwarteten Remis der Borussen in Hoffenheim. Der BVB wird alles daran setzen, um diesen „Ausrutscher“ mit einem überzeugenden Sieg vergessen zu machen. Die Lilien werden ein immenses Laufpensum und den nötigen Kampfeswillen in die Waagschale werfen. Zudem spielt es sich mit neun Punkten auf der Habenseite total unbeschwert. Dirk Schuster und sein Team haben demzufolge vor der gelben Wand in Dortmund rein gar nichts zu verlieren. Unterstützt werden sie dabei von über 7.000 Lilien-Fans, die dem in Gelb und Schwarz getauchten Stadion einen deutlichen blauen Farbtupfer entgegensetzen werden. Und blau ist ja bekanntermaßen die dritte Lieblingsfarbe der Borussen.
Alte Bekannte:
Nicht zur Verfügung steht den Borussen Erik Durm. Der Außenverteidiger erholt sich derzeit von einer Knie-OP und muss weiterhin auf seine Saisonpremiere warten. Mainz-Rückkehrer Jonas Hofmann wirkte hingegen in den letzten fünf Ligapartien des BVB als Offensivkraft mit und erzielte am vergangenen Sonntag gegen Leverkusen den Führungstreffer. Durm und Hofmann kennen die Lilien bereits. Am 13. April 2013 traten sie für die kleine Borussia im Abstiegsduell der 3. Liga gegen Darmstadt an. Die beiden damals 20-jährigen trugen dazu bei, den 1:0-Sieg für ihre Farben zu erringen. Durm war sogar an der Entstehung des entscheidenden Treffers beteiligt. Anschließend verließ der BVB II die Abstiegsränge und sicherte sich später den Klassenerhalt. Die Lilien rettete bekanntermaßen erst nach Rundenende das riskante Geschäftsgebahren des Rivalen aus Offenbach.
Wir & Die & Die Bundesliga:
Der BVB und die Lilien haben zwei der packendsten Kapitel der Bundesliga-Geschichte geschrieben. Beide trugen sich in der Relegation zur Bundesliga zu und beide Klubs zeigten Comeback-Qualitäten. 1986 verlor Erstligist BVB zunächst bei Zweitligist Fortuna Köln mit 0:2. In Dortmund gingen die Kölner mit 1:0 in Führung. Als es auch zum Pausentee dabei blieb, durfte sich die Mehrzahl der 54.000 Zuschauer so langsam mit der Zweitklassigkeit auseinandersetzen. Doch Michael Zorc und Marcel Raducanu leiteten mit zwei Toren die Wende ein, die Jürgen Wegmann in allerletzter Sekunde mit dem Treffer zum 3:1 krönte. Aufgrund der nicht angewendeten Auswärtstorregel reichte das Resultat zum Entscheidungsspiel, das der BVB locker mit 8:0 gewann.
Die Lilien trieben nur zwei Jahre später die Dramatik im Relegationsduell gegen Waldhof Mannheim auf die Spitze. Zunächst lagen sie im Heimspiel mit 0:2 zurück, ehe Dieter Gutzler, Oliver Posniak und Guangming Gu die Partie zum 3:2-Sieg drehten. Im Rückspiel erzielte Mannheim in der 87. Minute das 2:0. Als die Waldhof-Fans bereits den Klassenerhalt besangen, brachte sie Lilien-Stürmer Uwe Kuhl mit seinem Anschlusstreffer zum Schweigen. Was dann folgte, war ein Entscheidungsspiel in Saarbrücken, das einfach keinen Sieger finden wollte. So ging selbst das Elfmeterschießen in die Verlängerung. In ihm blieb es SVD-Routinier Willibald Bernecker vorbehalten, als 14. Schütze anzutreten, den Ball allerdings über die Latte zu jagen. Die Lilien blieben zweitklassig.
Natürlich gab es schon direkte Bundesliga-Duelle der Lilien bei der Borussia. Während Darmstadts Keeper Dieter Rudolf 1979 ein torloses Remis sicherte, überfuhr der BVB am 17. Oktober 1981 den Aufsteiger aus Darmstadt mit 4:0. Bis zur Halbzeit hatten die Lilien das 0:0 gehalten, ehe Rolf Rüssmann, Manni Burgsmüller (2x) und Rüdiger Abramczik den Sieg herausschossen. Ein knappes Jahr später kam es zur Neuauflage im DFB-Pokal. Zur Pause führten die 98er überraschend mit 2:0. BVB-Coach Kalli Feldkamp warf dann Erdal Keser ins Spiel, der die Wende brachte. Erneut erzielte der BVB nach der Halbzeit vier Tore und gewann mit 4:2.
Ach ja, an diesem Wochenende vor fünf Jahren …
… kam der SC Freiburg II ans Bölle und entführte mit einem 5:2-Sieg alle drei Punkte. In Halbzeit 1 trugen sich zwei aktuelle Bundesliga-Spieler in die Torschützenliste ein: Jonathan Schmid (heute TSG 1899 Hoffenheim) erzielte das 1:0 für die Gäste, Oliver Sorg (heute Hannover 96) traf per Eigentor zum Ausgleich. Nach der Pause legten die Gäste zwei schnelle Tore nach, die Zülfikar Cosguner postwendend zum 2:3 beantwortete. Der anschließenden Drangphase der Lilien setzten die abgezockteren Breisgau-Bubis zwei erfolgreiche Konter entgegen, so dass die Messe nach etwas mehr als einer Stunde gesungen war.
Und die Junglilien?
Fühlen sich gerade wie im falschen Film. Die U19 hat – wie im Juniorenbereich üblich – eine ordentliche Fluktuation hinter sich. Aus der Aufstiegsmannschaft sind 15 Spieler ausgeschieden. 18 neue Spieler galt es zu einer Mannschaft zu formen. Doch die ist bislang noch gar nicht in der Bundesliga angekommen. Das 0:7 bei Greuther Fürth wurde selbst auf der 98er-Homepage äußerst schmallippig wiedergegeben. Jetzt kommt am Samstag Mitaufsteiger 1. FC Heidenheim, der mit fünf Punkten knapp über dem Strich steht. Der FCH zog sich bislang sehr achtbar aus der Affäre und verlor gegen die aktuellen Spitzenteams 1860, Hoffenheim und Mainz nie höher als 1:4. Gegen die schwächeren Teams aus Freiburg, Saarbrücken und Ingolstadt punkteten sie durchweg. Kein allzu gutes Omen für die U19 der Lilien. Doch wann wollen sie anfangen zu punkten, wenn nicht am siebten Spieltag vor heimischer Kulisse gegen Heidenheim?
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