Wiedersehen macht Freude … eventuell, vielleicht. Wenn am Freitagabend tausende Lilienfans im Fritz-Walter-Stadion sein werden, dann dürften sie Norbert Meier nicht sonderlich freundlich empfangen. Zu sehr fremdelten Trainer und Fans in seinem halben Jahr am Bölle und dann stimmten letztlich auch die Ergebnisse nicht. Klarer Fall von „zur falschen Zeit am falschen Ort“. Die Fans der 98er werden sich aber schnell auf das Geschehen auf dem Platz konzentrieren, denn man darf gespannt sein, wie sich der SVD beim ersten Auswärtsspiel der Saison präsentiert.
So sieht’s aus:
Nun ja, das beste am Auftaktspiel gegen die Spielvereinigung Greuther Fürth war zweifellos das Ergebnis. Freistoß Kempe, Abnehmer Sulu, Tor. Fertig war der 1:0-Erfolg. Das letzte Jahr so schmerzlich vermisste Standardtor, da war es wieder. Abgesehen davon war im Spiel des SVD noch mächtig Sand im Getriebe. Automatismen müssen jedenfalls erst noch gefunden werden. Das durfte im Endeffekt nicht verwundern, hatten beispielsweise die Startelfspieler Hamit Altintop und Artur Sobiech gerade einmal eine Woche mit dem neuformierten Team trainiert. Dennoch überraschte es schon, wie viele Stockfehler selbst erfahrenen Spielern wie Kevin Großkreutz oder sogar Altintop unterliefen. Die Abstände zwischen den Mannschaftsteilen waren ebenfalls alles andere als ideal. Der Spielaufbau verlief in aller Regel von hinten heraus im Kurzpassspiel, um dann gegen pressende Fürther doch in einem langen Ball zu münden. Warum? Weil das Mittelfeld einfach an der Mittellinie wartete, ohne sich tiefer fallen zu lassen. Keeper Daniel Heuer Fernandes gab den mitspielenden Torwart und präsentierte sich dabei sicher. Dass er allerdings am Ende der SVD-Spieler mit den meisten gespielten Pässen sein würde (51), das war so nicht zu erwarten. In vorderster Front rieb sich Sobiech in zahlreichen Kopfballduellen auf, die wenig Zählbares einbrachten, da ihm zudem die Unterstützung fehlte.
Was man der Elf nicht ankreiden kann, war die Einstellung. Sie stimmte zweifellos. Die Zweikämpfe wurden ebenfalls angenommen und mehrheitlich gewonnen. Dennoch machte es sich die Mannschaft durch Abspielfehler immer wieder unnötig schwer. Ein Lichtblick war die Leistung des erst 19-Jährigen Marvin Mehlem. Sobald er den Ball erhält, gewinnt das Spiel an Struktur und Überraschungsmomenten. Seine Technik sticht heraus, seine Ideen erreichen nicht immer seine Mitspieler, aber oft genug.
Nun geht es auf den Betze. Erst zum vierten Mal gastiert der SVD in einem Ligaspiel in dem für seine Stimmung berüchtigten Stadion. Man darf gespannt sein, mit welcher Taktik die 98er ins Spiel gehen. Torsten Frings legt seinen Fokus auf Ballbesitz- und Kombinationsspiel. Ob dies auch auswärts in der Konsequenz versucht wird, wie zuhause? Ob die Lilien ein Pressing praktizieren werden, oder eher den Gegner kommen lassen, um dann zügig umzuschalten? Am Freitag sind wir schlauer! Gleich werden wir immerhin erfahren, wie die Stimmung bei den Pfälzern nach der deutlichen Auftaktniederlage in Nürnberg ist. Flo kann es uns beantworten …
Der Kontrahent hat das Wort:
Flo studiert Sportjournalismus, schreibt seit kurzem für „Der Betze brennt“ (LINK) und war in den Monaten davor für den kicker tätig. Dabei berichtete er unter anderem über die Lilien.
Flo, reden wir nicht lange um den heißen Brei herum: Wie zufrieden bist Du mit Norbert Meier?
Ich glaube, das kann man erst nach den ersten Saisonspielen beantworten. Meiner Meinung nach macht er das Beste aus den gegebenen Möglichkeiten und den Umständen. Letzte Saison musste er eine Mannschaft übernehmen, die nicht von ihm zusammengestellt wurde. Ich denke, das ist für jeden Trainer ein Problem. Das erste Spiel in Nürnberg war aber natürlich gleich wieder katastrophal. Jetzt warten wir einfach mal ab.
Du schreibst für „Der Betze brennt“. Wenn man die Reaktionen rund um das Nürnberg-Spiel ein wenig mitverfolgt hat, dann bekam man den Eindruck es brennt tatsächlich, allerdings nicht im positiven Sinne: Die Transparent-Aktion gegen die aus Leipzig geholten Spieler, das schwache Auftreten des Teams und dann ist da noch der vakante Posten des Sportvorstands. Wie schlecht ist die Stimmung wirklich?
Man kann es eigentlich so sagen: Die Vorfreude auf die neue Saison – und die gibt es ja immer irgendwie – hat genau 13 Minuten angehalten. Vor dem Spiel war ich verwundert über das Spruchband. Das hat dann gleich im Internet Kreise gezogen und die FCK-Fangemeinde mal wieder gespalten, wie man an den Diskussionen jetzt sieht. So etwas kann der Verein in dieser Situation überhaupt nicht brauchen. Für eine solche Aktion war das der absolut falsche Zeitpunkt.
Das Spiel hat dann sein Übriges getan. Das war eine ganz schwache Leistung gegen einen Gegner, der auch nicht überragend war. Gleichwohl ist es wieder eine komplett neue Mannschaft, der man Zeit geben muss. Das Auftaktprogramm ist knallhart und schon am Freitag kommt es zum Charaktertest gegen die Lilien. Ich bin gespannt.
Die Geschichte mit dem Sportdirektor war natürlich eine Posse, die im Sommer niemand wirklich brauchte. Ich hoffe, dass da jetzt mal Ruhe einkehrt. Zum Glück war der Verein handlungsfähig und der Kader war vor dem Saisonstart nahezu komplett.
Hast Du aktuell Bedenken, dass es für Lautern primär um den Klassenerhalt geht? Bis vor drei Jahren war Lautern immer im Aufstiegskampf, damals unter anderem gegen die Lilien. Seither lässt der FCK im Unterhaus ein wenig abreißen.
Es ist natürlich noch viel zu früh, das so konkret zu sagen. Nur: Wenn ich nach dem Auftritt in Nürnberg sagen würde, am Ende steht die Mannschaft auf Platz 8, da würden mich die Leute sicher erstmal auslachen. Momentan ist für mich jeder gewonnene Punkt zuerst ein Punkt gegen den Abstieg.
Generell wird mit jedem Jahr in der zweiten Liga natürlich das Geld weniger, es kommen weniger Zuschauer ins Stadion. Dann hat der FCK noch diesen Klotz namens Fritz Walter-Stadion am Bein, für das eine überhöhte Miete gezahlt werden muss. Entsprechend sinkt dann auch die Qualität im Kader.
Sprechen wir noch einmal über die letzten Wochen. Wie zufrieden bist Du mit der Transferperiode? Welche Abgänge tun weh und wer sind die neuen Hoffnungsträger?
Aus der letzten Saison habe ich gelernt: Nur nicht zu früh loben. Namen sind eh Schall und Rauch. Trotzdem scheint der kommissarische „Sportdirektor“ Boris Notzon mehr auf den Charakter der Spieler geschaut zu haben. Mit Baris Atik haben wir endlich wieder einen Spielmacher, der letzte Saison auch schon gute Spiele gezeigt hat. Die Stürmer Spalvis und Kastaneer machen Hoffnung und hoffentlich sind sie bald richtig fit. Für die beschränkten finanziellen Möglichkeiten sind Marcel Correia und Mads Albaek gute Verpflichtungen. Aber nochmal: Man muss da echt abwarten.
Bei den Abgängen tut ein bisschen Julian Pollersbeck weh, aber wenn ein Bundesligist über drei Millionen Ablöse zahlt, dann musst du das natürlich machen. Auch der Brasilianer Ewerton war ein überragender Spieler, aber eine feste Verpflichtung war für den FCK letztendlich wohl nicht machbar.
Du sprachst vorhin schon die Niederlage in Nürnberg an. Was führte zu diesem Resultat?
Bis zum 0:1 war es ganz okay, danach hatte man nie das Gefühl, dass ein Punkt oder mehr drin ist. Ich habe wieder mindestens sieben Totalausfälle gesehen. Speziell die sogenannten Führungsspieler Daniel Halfar und Christoph Moritz haben erneut enttäuscht und gelinde gesagt hatte unser Torhüter auch nicht seinen besten Tag.
Welches Auftreten erwartest Du am Freitagabend? Eher verunsichert oder eher Trotzreaktion?
Vergangene Saison waren wir zuhause echt stark, dort haben wir den Klassenerhalt gesichert. Ich lasse mich selbst überraschen. Es wird spannend sein zu sehen, wie unsere junge Mannschaft mit der großen Kulisse umgehen wird, ob die Westkurve hinter Marius Müller steht und ob der FCK initiativ spielen wird oder erstmal den Darmstädtern den Ball überlässt. Ich hoffe, dass die Mannschaft es schafft, die Zuschauer auf ihre Seite zu ziehen, dann wird es für jede Gastmannschaft schwer, gerade unter Flutlicht.
Du hast während Deiner Zeit beim kicker auch über die Lilien berichtet. Wie hast Du den Klub, die Spieler und die Verantwortlichen erlebt?
Ich muss sagen, ich war sehr beeindruckt. Die Arbeitsbedingungen für Journalisten sind noch echt „Old School“, der Pressekonferenzraum ist ein umgebauter Aufenthaltsraum. Das hat einen gewissen Charme. Auch wie man mit dem Abstieg umgegangen ist, war echt gut. Beim Trainingsauftakt war eine gewisse Aufbruchsstimmung zu spüren. Der Klub weiß, wo er herkommt und das spürt man auch. Es gibt jetzt nicht so den Druck, gleich wieder aufsteigen zu müssen. Dann habe ich das Video gesehen, wie man Hamit Altintop beim Stadionfest präsentiert hat. Genau so setzt man vor dem Saisonauftakt nochmal einen Reiz bei den Fans und im Umfeld. Das ist typisch Darmstadt.
Viele sehen die Lilien nach der Verpflichtung von Sobiech und der Verlängerung von Altintop als Aufstiegsanwärter. Du auch?
Ja, total. Der Kader war schon vorher gut. Jetzt hat man natürlich nochmal zwei Spieler von guter Qualität, die den Unterschied ausmachen können. Altintop vielleicht nicht unbedingt mit Toren, aber er wird aufgrund seiner Erfahrung unheimlich wertvoll sein, vor allem in dieser Liga.
Herzlichen Dank, Flo.
Auf die Ohren: Der aktuelle Lilien-Podcast
Natürlich besprachen wir unsere Eindrücke aus dem Fürth-Spiel und blickten schon ein wenig erregt auf das Wiedersehen mit Norbert Meier. Mit Joevin Jones, seines Zeichens Nationalspieler aus Trinidad & Tobago, besprachen wir den nächsten Neuzugang, der zur Winterpause von Seattle Sounders FC zu den Lilien stoßen wird. Da kratzten wir doch prompt sämtliche Infokrümel zusammen, die wir über ihn kriegen konnten. Und dann befassten wir uns noch mit Ruibao Hu, der tatsächlich im Verdacht steht, länger am Böllenfalltor zu bleiben. (LINK)
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