Das große Wiedersehen geht weiter. Nach Sandro Wagner am Dienstag, treffen die Lilien am Samstag in Augsburg auf ihren langjährigen Erfolgscoach Dirk Schuster. Beide Teams punkteten unter der Woche und wollen am Samstag sicher nicht schon wieder damit aufhören. Wie die Situation sich beim FC Augsburg darstellt, erzählt mir Andy, der über den FCA unter rosenau-gazette.de (KLICK) bloggt.
So sieht’s aus:
Das war die richtige Reaktion! Der unterirdischen Vorstellung von Dortmund ließen die Lilien am Dienstag gegen Hoffenheim die beste Saisonleistung folgen. Das Team lief 16 Kilometer mehr als in Dortmund. Alleine dieser Fakt verdeutlicht, dass Leidenschaft, Einsatz und Wille wieder an Bord waren. Allesamt Grundvoraussetzungen für die 98er, um im Konzert der Großen bestehen zu können. Der verdiente Last-Minute-Ausgleich komplettierte den Wohlfühlfaktor am Dienstagabend unter Flutlicht.
Zu Beginn taten die Lilien gut daran, sich erst einmal auf das kompakte Verteidigen zu konzentrieren. Als die wenigen Hoffenheimer Chancen verpufften und die Gäste drei- bis viermal den Ball unbedrängt ins Seitenaus beförderten, gewann die mit acht Neuzugängen angetretene SVD-Elf zunehmend an Sicherheit. Noch vor der Pause war dann sogar ein Chancenplus für die Lilien zu verzeichnen. Nachdem die TSG in der 46. Minute das 1:0 erzielte, öffnete das Team von Norbert Meier endgültig das Visier und verwickelte die Gäste in einen offenen Schlagabtausch, den – laut Julian Nagelsmann – die Lilien einfach besser beherrschen. Denys Oliynyks Treffer ließ dann in der 92. Minute die Hütte beben.
Und was darf besser werden? Nun, der Spielaufbau der Lilien bestand oft im obligatorischen langen Schlag, der direkt beim Gegner landete. Mit Colak, Kleinheisler, Heller und Bezjak fehlte (auch aufgrund des fehlenden Gardemaßes) vorne jemand der die Kopfballduelle gewinnen kann. Die vereinzelt gewählte Option B, der flache Spielaufbau über die Innenverteidiger, wirkte noch extrem unsicher und fehleranfällig. Hier sollte in den nächsten Wochen mehr Sicherheit und Struktur rein.
Jetzt geht es also zu Dirk Schuster, dem Paten des schnörkellosen Darmstädter Spiels. Er dürfte am ehesten den Schalthebel kennen, mit dem ultradefensive Lilien zu knacken sind. Doch das meiste Personal, das am Samstag für den SVD auf dem Platz stehen wird, kennt auch er nicht mehr. So oder so, es bleibt die Hoffnung, dass Norbert Meier in Augsburg zuerst wieder Beton anrühren lässt, um dann die von Schuster propagierten Nadelstiche zu setzen. Vielleicht ist ja damit am Samstag die Kopie Meier, besser als das Original Schuster? Als neue Option steht Meier in Augsburg erstmals Offensivakteur Victor Obinna zur Verfügung, der vom MSV Duisburg ans Bölle wechselte. Über ihn und seine Qualitäten hatte ich mich Anfang August mit MSV-Fan und Blogger-Urgestein Trainer Baade unterhalten: KLICK
Der Kontrahent hat das Wort:
Andy, bloggt über den FCA unter rosenau-gazette.de
Andy, beim letzten Duell im März spielten die Lilien eine starke erste Hälfte und führten zur Pause 2:0. Danach stellte der SVD für mich völlig unbegreiflicherweise das Spielen ein. Der FCA holte so auf den letzten Drücker einen immens wichtigen Punkt, denn sonst wäre er auf den Relegationsplatz abgerutscht. Wie hast Du das Spiel in Erinnerung?
Ich muss gestehen, dass ich mich an das Spiel gegen Darmstadt nicht sehr gut erinnern kann. Viel deutlicher ist mir das Spiel in der Vorwoche gegen Bayer 04 Leverkusen in Erinnerung geblieben, bei dem wir selbst einen 3-Tore-Vorsprung noch abgegeben hatten. Das war dramatisch. Entsprechend war der Punktgewinn in Darmstadt vor allem psychologisch enorm wichtig, um direkt wieder ein Erfolgserlebnis zu feiern. Die Punkte hätten wir im Zweifel aber bei anderer Gelegenheit verschenkt. Und ob damals Darmstadt das Spielen eingestellt oder Augsburg vielleicht selbst einfach mehr das Kommando übernommen hat, werden wir wohl abschließend nicht geklärt bekommen. Die Moral der Mannschaft und der Glaube an den Ausgleich haben sich am Ende aber insgesamt ausgezahlt.
Dass Markus Weinzierl euch verlässt war absehbar. Wie nahmen es Du und andere Fans auf, dass Stefan Reuter ausgerechnet Dirk Schuster von den leidenschaftlichen Spaßbremsen aus Darmstadt als Nachfolger holt?
Wir Augsburger sind ja insgesamt doch recht bodenständig geblieben, obwohl es jetzt ein paar Jahre richtig gut lief. Die meisten erwarten nun kein Offensivspektakel, wenn sie ins Stadion gehen. Zumindest nicht von der eigenen Mannschaft. So ist bei mir auch das Arbeitszeugnis von Dirk Schuster ausschlaggebend gewesen. Er hat mit wenigen Mitteln in Darmstadt viel erreicht. Die Ergebnisse sprechen für sich. Das passt grundsätzlich gut zu uns. Was mir Sorgen bereitet hat, war die „Gelbe-Karten-Affäre“. Aber im Zweifel vertraue ich ohne Beweise vorerst darauf, dass es sich dabei grundsätzlich nicht um eine abgesprochene Aktion gehandelt hat.
Ich muss zugeben, dass wir in unserem Lilien-Podcast immer noch ein wenig mit Norbert Meier fremdeln. Dirk Schusters Schatten ist immens groß, so wie bei euch der von Weinzierl. Wie groß ist das Zu- und Vertrauen in der FCA-Fanszene in Dirk Schuster?
Ich finde es ganz normal, dass man sich Vertrauen erarbeiten muss. Allerdings bekommt Dirk Schuster einen ordentlichen Vertrauensvorschuss. Auch Markus Weinzierl hat ein halbes Jahr gebraucht, bis sein System Wirkung gezeigt hat. Ich wäre froh, wenn wir diesmal mehr als 9 Punkte in der Vorrunde holen würden. Aber Automatismen greifen eben erst nach einer Weile. Auch wenn der Anspruch in Augsburg seit Weinzierls Einstand etwas gestiegen ist, wird Schuster seine Zeit bekommen. Noch ist nichts passiert, was hier zu Zweifeln geführt hat.
Welchen Eindruck hat er bei Dir bislang hinterlassen? Beispielsweise bei seinen öffentlichen Statements.
Ich finde ihn bisher recht zurückhaltend. In Darmstadt hatte ich immer wieder seine kernigen Statements geschätzt. Auch, dass er mal ungewöhnliche Teambuilding-Aktionen organisiert hat, fand ich gut. Er scheint insgesamt ein Kerl mit Kante zu sein, nicht immer zu 100% angepasst. Davon würde ich gerne mehr sehen, auch wenn ich vielleicht nicht immer mit ihm einer Meinung bin.
Wenn ich mir eure Spiele anschaue, dann erkenne ich Altbekanntes: Schuster vertraut seiner Startelf, er wechselt spät. Zudem fielen schon einige Tore nach Standards. Ist seine Handschrift darüber hinaus schon erkennbar, oder führt er auf dem Rasen bislang doch eher das Erbe Weinzierls fort?
Er hat von Weinzierl ein über Jahre gewachsenes und funktionierendes Team übernommen. Auch in der Mannschaft gibt es eine klare Struktur. Er hätte wohl viele Spieler vor den Kopf stoßen können, wenn er davon sofort alles über den Haufen geworfen hätte. Außerdem gibt es Ähnlichkeiten zwischen Weinzierl und Schuster. Auch Weinzierl hat auf eine Stammelf vertraut und eher spät gewechselt, sich zudem in der letzten Saison zur defensiven Stabilität zurückorientiert. Das mit den Standards ist nach vier Spieltagen für mich noch nicht aussagekräftig. Der Unterschied zwischen Weinzierl und Schuster liegt für mich vor allem im Offensivspiel. Dabei klappt das schnelle Umschalten bisher noch nicht. Die Gegenstöße nach Ballbesitzwechsel sind für Schusters Geschmack sicher noch zu behäbig. Das führt bei Ballverlusten auch zu Lücken in der eigenen Defensive. Hier stimmt die Mischung noch nicht. Ansätze sind schon zu sehen, funktionieren tut es bisher leider nur selten.
Vor der Saison verließ uns Publikumsliebling ‚Toni‘ Sailer. Tobi Werner hatte bei euch einen ähnlichen Stellenwert. Er ging auf den letzten Drücker nach Stuttgart. War das sportlich nachvollziehbar?
Caiuby hatte Tobi Werner in der letzten Saison seinen Stammplatz auf Linksaußen abgenommen. Zudem hatte man mit Usami einen weiteren Spieler für die Position verpflichtet. Von der Anzahl der Kaderplätze her betrachtet, war der Wechsel daher nachvollziehbar. Usami ist bisher kein Upgrade gegenüber Tobi Werner und wirkt eher lethargisch. Jetzt wo Caiuby sich verletzt hat und Jos Luhukay, der größte Fürsprecher von Tobi Werner, in Stuttgart gegangen ist, scheint dieser Wechsel doch ein rechter Schnellschuss gewesen zu sein. Tobi Werner ist während seiner Zeit in Augsburg immer wieder zurückgekommen und hat noch eine Schippe draufgelegt. Jetzt wäre wieder ein passender Moment dafür. Ihn in Augsburg sportlich abzuschreiben, würde seiner gesamten Laufbahn nicht gerecht. Ich hätte auch jetzt wieder vollstes Vertrauen darin, dass er uns nach vorne bringt. Leider ist das nicht mehr möglich.
Mit Caiuby und Kohr fallen zwei Stammspieler lange verletzt aus. Zudem wechselte Stammkraft Ragnar Klavan im Juli nach Liverpool. Was bedeuten diese Verluste für euer Spiel?
Alle dieser drei Spieler haben Eigenschaften, die sich nur schwer ersetzen lassen. Klavan war über Jahre der Kopf unserer Abwehr. Internationale Klasse, sehr konstant und mit vielen Aktionen im Spielaufbau. In dieser Kombination können wir uns einen Innenverteidiger seiner Klasse auf dem Transfermarkt nicht leisten. Caiuby hat in der letzten Saison einen Sprung gemacht, ist vorne enorm wichtig, um lange Bälle durch sein Kopfballspiel fest zu machen und kann auch selbst abschließen. Kohr ist ein Aggressiv-Leader. Körperlich sehr präsent und auch bereit über die Schmerzgrenze zu gehen, wird er im Spiel gegen den Ball fehlen. Die Sorgen wären allerdings vor ein paar Jahren noch größer gewesen. Mittlerweile ist unser Kader tief genug, als das wir Ausfälle abfangen können. Nicht passgenau, aber doch ohne die ganz großen Sorgen. Trotzdem reicht es jetzt dann mit den Verletzungen langsam.
Ihr seid zuhause genauso sieglos wie die Lilien auswärts. Was erwartest Du von der Partie am Samstag?
Es wird ein interessantes Spiel. Keines der beiden Teams wird scharf darauf sein, das Spiel zu machen. Deswegen ist Darmstadt auch so gefährlich für uns. Wir müssen geduldig bleiben. Ich bin mir recht sicher, dass unsere Heimschwäche nicht dauerhaft anhält und hoffe das Dirk Schuster zumindest genügend Insiderinfos mitgebracht hat, die uns zu einem knappen Sieg verhelfen.
Andy, besten Dank für Deine Ausführungen.
An diesem Wochenende vor vier Jahren:
Schien es so, als hätten die Lilien mit Jürgen Seeberger auf dem Trainerstuhl den richtigen Griff getan. Im zweiten Spiel unter seiner Regie folgten die Punkte zwei, drei und vier. Der VfB Stuttgart II erwies sich beim 3:1-Erfolg der 98er bis zur Schlussviertelstunde als hartnäckiger Gegner, ehe ein Doppelschlag von Andreas Gaebler per Foulelfmeter und Hanno Behrens für Ruhe sorgte. Darmstadt 98 verließ mit dem zweiten Saisonsieg im zehnten Spiel endlich wieder die Abstiegsplätze der 3. Liga, während die Gäste im vorderen Mittelfeld verweilten.
Die Lilien-Mannschaft beim 3:1 gegen den VfB II:
Zimmermann – Gaebler (1), Beisel, Islamoglu, Stegmayer – Zielinsky (Schnier), Latza, Behrens (1), Hesse (1) (Maas) – Tatara (da Costa), Steegmann
Zuschauer: 4.500
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