Spieltag 27 (#d98b04): „Das ständige Schöngerede nervt viele extrem“

Seit dem Wiederaufstieg der Lilien trat Bayer in den direkten Begegnungen nicht sonderlich überzeugend auf. Unvergessen die 0:1-Heimpleite gegen den SVD in der vergangenen Saison. Selbst beim 3:2 in der Hinrunde erfüllte das Spitzenteam seine Pflichtaufgabe wenig überzeugend. Vor Jahresfrist siegte die Bayer-Elf am Bölle erst auf der Zielgeraden äußerst schmeichelhaft. Und morgen? Bayer-Fan Sebastian spricht mit mir weiter unten über die verkorkste Spielzeit der Rheinländer.

So sieht’s aus:

Irgendwie deprimierend. An den Klassenerhalt glaubt ohnehin schon lange keiner mehr, der es gut mit den Lilien meint. Die anderen haben dies vermutlich ohnehin nie getan. Und dann kommt so ein 0:4 in Leipzig daher, das mal wieder die ganze Misere offenlegt. Hinten agierten die 98er alles andere als sattelfest, was anderen Teams gegen RB gleichwohl auch schon widerfahren ist. Die Leistung vor dem gegnerischen Tor ist allerdings das, was einen als Lilien-Fan zunehmend fassungslos zurücklässt. Das Auslassen der Chancen fahrlässig zu nennen, wäre fast noch geschönt. Leipzig konnte phasenweise noch so unsicher agieren, gegen die Lilien brennt selten etwas an.

Das Auftreten der beiden Abwehrreihen wirkte am Samstag jedenfalls phasenweise so, als handele es sich um den 34. Spieltag, an dem es beide schon nicht mehr richtig bierernst mit dem Verteidigen nehmen. Dass Leipzig daraus ebenfalls lange Zeit kein Kapital schlug, schlussendlich aber viermal einnetzte, während es die Lilien zum wiederholten Male nicht schafften auch nur einmal zu treffen, verdeutlicht den ganzen Klassenunterschied beider Teams.

Nach 26 Begegnungen steht die Torausbeute des SVD bei kümmerlichen 17 Treffern. Geht es in dem Maße weiter, dürfen sich die Lilienfans am Ende über 22 bis 23 Tore freuen. Eine so schlechte Bilanz hatte zumindest in den letzten 20 Bundesliga-Spielzeiten kein anderer Klub. Überflüssig zu erwähnen, dass nur alle Jubeljahre nicht das Team abgestiegen ist, das am wenigsten Tore bejubeln durfte.

Okay, Torsten Frings und sein Team schenken nach wie vor keine Spiele ab. Sie haben sich spielerisch deutlich verbessert. Die Quintessenz des Fußballspiels liegt aber nun einmal darin, Tore zu erzielen. Und das ist in dieser Saison nun wahrlich nicht die Stärke der 98er. So, genug Frust abgebaut! Immerhin gab es mit der Vertragsverlängerung von Sandro Sirigu am Wochenende wenigstens eine positive Nachricht.


Die aktuelle Prise Lilien-Podcast:

In der gestrigen Ausgabe haben wir uns mal den Luxus erlaubt, sehr ernsthaft über die aktuelle Situation zu sprechen. Als wir aber erkannten, dass der Malus-Faktor für das kommende Spiel eindeutig beim Gegner liegt, waren wir wieder erleichtert. Zum Schluss gab es dann noch eine gehörige Portion „Power of Love“: LINK


Der Kontrahent hat das Wort:

Sebastian ist Bayer-Fan und glaubt laut Twitter-Profil immer noch, dass die Werkself irgendwann den (Meister)Titel gewinnt.

Sebastian, am Mittwochabend sind 85 Minuten gespielt, es steht 0:0 und Bayer bekommt einen Strafstoß. Was geht Dir durch den Kopf?
Wie war die Handynummer von Hans-Jörg Butt nochmal?

Ist die absurde Elfmeterschwäche, Bayer verwandelte nur einen von sechs Elfmetern, sinnbildlich für die bislang so verkorkste Bundesliga-Saison?
Die Elfmeter sprechen eine klare Sprache. In der Truppe fehlt derzeit einfach das absolute Selbstvertrauen, das sich natürlich auch in solchen Bereichen wiederspiegelt.

Selbstvertrauen mag das eine sein. Warum kommt das Team aber schon die ganze Zeit nicht so recht aus dem Quark, sprich: Was sind die größten Defizite der Mannschaft?
Der Kader hat leider über die ganze Saison nicht richtig zusammengefunden. Es spielen hierbei viele Faktoren eine Rolle. Eventuell zu junge und unerfahrene Spieler sowie kein richtiger Leader. Trotz starken Potenzials fanden viele Spieler nicht zu ihrer gewohnten Form. Julian Brandt zum Beispiel lief lange seiner Form hinterher und die Verletzungen von Lars Bender und Karim Bellarabi haben auch nicht zur besseren Form beigetragen.

War für dich die Trennung von Roger Schmidt folgerichtig?
Hierbei gehen die Meinungen auch im eigenen Fanlager weit auseinander. Ich persönlich war am Anfang recht angetan von seinem Spielsystem und seinem Auftreten, aber mit der Zeit hätte eine Veränderung im System her gemusst, was leider nicht geschah. Des Weiteren glaube ich, war Roger Schmidt nicht – wie nach außen getragen – bei allen Mannschaftsteilen beliebt, was das Ganze noch schwieriger gestaltete. Viele Fans haben vor allem die abgedroschenen Phrasen geärgert. Und das ständige Schöngerede, das auch Herr Völler und Herr Schade konsequent durchziehen, nervt viele extrem. Leere Phrasen.

Ist es glücklich Tayfun Korkut (nur) als Zwischenlösung installiert zu haben? 
Das bezweifle ich ehrlich gesagt. Ich hätte mir direkt eine langfristige Lösung gewünscht, aber der Markt gibt dies anscheinend derzeit nicht her. Ein Kaliber wie Jupp Henyckes wäre das Absolute, aber so jemand musst du erstmal finden. Weiterhin im Raum steht ein Jürgen Klinsmann, aber inwiefern der das besser macht, weiß nur der liebe Gott. Abschließend muss man aber auch Tayfun in Schutz nehmen, er versucht die Karre aus dem Dreck zu ziehen. Mit ihm tauschen, möchte wohl derzeit keiner.

Seit geraumer Zeit wird im Tabellenkeller gepunktet als gäbe es kein Morgen mehr. Bayer befindet sich nur drei Punkte vor dem Relegationsplatz. Glaubst Du, Leverkusen kann den Worst Case vermeiden und sich aus dem Abstiegsrennen raushalten?
Im Fußball ist alles möglich und auch der Bayer kennt die Spiele gegen den Abstieg. Unvergessen damals Markus Münch mit seinem wichtigen Treffer gegen Lautern und einem danach weinenden Andi Brehme in den Armen von Rudi Völler. Der Fußball kann so schön sein und doch auch so brutal. Ich denke mit dem Abstieg werden wir nichts zu tun haben, weil einfach glücklicherweise immer noch ein paar Teams schlechter sind, was eigentlich fast schon nicht mehr geht. Aber Fakt ist, Europa ist ausgeträumt und allein das ist schon eine herbe Enttäuschung für den verwöhnten Bayer-Fan.

Was wird Dir durch den Kopf gehen, wenn Du Sidney Sam am Mittwochabend im Lilien-Trikot gegen die Werkself auflaufen siehst?
Ich muss eingestehen, ich fand Sidney früher echt super. Tempo, Abschluss und nicht berechenbar in seinen Aktionen. Der Wechsel zu Schalke war jedoch das Dümmste, was er machen konnte. Damit hat er sich selbst ins Abseits geschossen. In meinen Augen ist Sidney Sam immer noch ein Guter, wobei ich aber – ohne im zu Nahe treten zu wollen – glaube, dass es im Oberstübchen einfach nicht stimmt. Wäre er damals in Leverkusen geblieben, wäre er heute noch Nationalspieler, da bin ich mir sicher. Ungeachtet aller Kritik wünsche ich ihm trotzdem ein ansteigende Formkurve. Wäre nur schön, wenn er sich das für die Gegner nach uns aufhebt.

Wie geht es denn morgen aus?
Der Bayer ist momentan eine Wundertüte und von vielen Faktoren abhängig. Wenn Tayfun es schafft, die Köpfe frei zu bekommen und die richtige Startelf findet, dann traue ich uns sogar mal wieder drei Punkte zu. Aber Darmstadt macht es den Gegnern defensiv sehr schwer. Ich tippe auf ein ekliges 1:0 für uns.

Besten Dank für das Gespräch, Sebastian.


Vor vier Jahren spielten die Lilien:

In Spiel zehn unter Dirk Schuster kam Alemannia Aachen zum Drittliga-Abstiegsduell ans Bölle. Am Ende hatten die Lilien zum achten Mal keinen Gegentreffer kassiert. Allerdings stand auch vorne die Null. Das dritte 0:0 infolge und das insgesamte fünfte torlose Remis unter Schuster zeigte, dass sich die Lilien im Schneckenrennen um den Klassenerhalt nicht so recht Luft verschaffen konnten. Dabei wäre ein Sieg gegen den Tabellenletzten aus Aachen vor heimischem Publikum bitter nötig gewesen. Chancen gab es auf beiden Seiten mit einem kleinen Übergewicht für die 98er. Doch wie in der aktuellen Saison, so war auch vor vier Jahren die Offensive der wunde Punkt im SVD-Spiel. Immerhin bekamen die Lilien-Fans schon einmal einen Vorgeschmack auf Marcel Heller, der bei den Gästen einen besseren Eindruck hinterließ.

Das Lilien-Team vom 0:0 gegen Alemannia Aachen:
Zimmermann (C) – Ratei (46. Hickl), Sulu, Gorka, Stegmayer – Baier – Zielinsky (59. Hesse), Behrens (72. da Costa), Zimmerman – Latza, Borg
Zuschauer: 5.800

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