Lucky, lucky, lucky. Trotz überschaubarer Leistung entführten die Lilien am Mittwoch einen Punkt aus Heidenheim. Wohl dem, der einen Tobias Kempe als Standardschützen und einen Aytac Sulu als kopfballstarken Abnehmer hat. Dank der beiden bleibt das Team von Torsten Frings in der Spitzengruppe. Zudem präsentiert sich das Team als Comeback-Spezialist. In vier der sieben Ligaspiele lagen sie bislang zurück, keines davon ging verloren. Am Sonntag gegen Dresden dürfen sie auf den obligatorischen Rückstand aber gerne verzichten.
So sieht’s aus:
Ohne den ebenso späten wie glücklichen 2:2-Ausgleich hätte man mit Fug und Recht behaupten dürfen, der SVD habe den Charaktertest in Heidenheim nicht bestanden. Insbesondere nach dem Pausentee boten die 98er reichlich Stückwerk. Im Spiel nach vorne fehlten die Impulse, ein Spielfluss kam nicht zustande und das Flügelspiel lahmte. Die zuletzt gezeigte Galligkeit und Durchschlagskraft war ganz offenbar im Bielefeld-Spiel vergessen worden. Eine zufriedenstellende Kollektivleistung wollte sich so nicht einstellen.
Die fehlende Balance im Spiel des SVD trat nach dem 2:1-Rückstand überdeutlich zutage. Ein ums andere Mal sah Torsten Frings‘ Elf gegen das schnelle Umschaltspiel der Heidenheimer schlecht aus. Mehrmals hatten die Gastgeber beste Einschusschancen, die sie schlampig vergeudeten. Und so hätten die Lilien schon längst das dritte und womöglich gar vierte Gegentor kassieren müssen, bevor kurz vor Schluss mal wieder die Kombination „Standard Kempe – Kopfball Sulu“ in einem Tor mündete. Und so stand am Ende ein schmeichelhafter Punktgewinn.
Torsten Frings wird das Remis bestimmt gerne mitgenommen haben, die Art und Weise wie es zustande kam, wird ihm aber ganz sicher nicht schmecken. Gegen Dresden wird er von seinen Spielern wieder eine durchweg konzentrierte und leidenschaftliche Einstellung einfordern. Zudem muss das Defensivverhalten der gesamten Mannschaft dringend wieder in die Spur kommen. Sechs Tore in den letzten drei Spielen sind definitiv zu viel. Fehlen wird aufgrund einer Gehirnerschütterung leider Felix Platte. Für ihn könnte Marvin Mehlem in die erste Elf zurückkehren. Vielleicht schenkt Torsten Frings aber auch dem in Heidenheim eingewechselten Julian von Haacke sein Vertrauen. Sollte er hingegen auf eine Doppelspitze bauen, könnte Jamie Maclaren zu seinem Startelfdebüt kommen. Was es vom Gegner aus Dresden zu berichten gibt, das weiß Anne.
Der Kontrahent hat das Wort:
Anne ist die Macherin hinter Welle1953.net. Der Podcast rund um die SGD ist auf coloRadio zu hören, einem lokalen Dresdner Radiosender.
Anne, in der vergangenen Saison beendete die SGD die Saison auf Platz 5. Das war die beste Platzierung seit dem Bundesligaabstieg 1995. Wie lautet die Zielsetzung für diese Spielzeit?
In dieser Saison ist das allererste Ziel der Klassenerhalt, sich also in Liga 2 festzusetzen. Einige Schlüsselspieler der vergangenen Saison haben Dynamo verlassen, die neue Mannschaft muss sich noch finden. Dazu kommt der im Unterschied zu anderen Zweitligavereinen geringe finanzielle Spielraum. Seit dem letzten Jahr ist Dynamo schuldenfrei, große Sprünge sind aber nicht zu machen. Alles Weitere ist Zugabe.
Alle bisherigen Saisonspiele waren vom Ergebnis her knapp, lediglich das 0:4 gegen Sandhausen sticht heraus. Wie bewertest Du den Saisonstart von Dynamo?
Durchwachsen trifft es wohl am besten. Zunächst ein guter Start, aber dann lief es nicht mehr ganz so rund. Gute Spiele brachten nicht unbedingt die richtigen Ergebnisse und umgekehrt. Beim ersten Auswärtssieg der Saison in Regensburg war die 1. Halbzeit schlecht, die 2. stark, am Ende stand der Sieg. Gestern gegen Bielefeld war es leider andersrum. Das Heimpublikum ist derzeit viel am Meckern.
Jedes Jahr gibt es ja die Rede von der stärksten Liga aller Zeiten. Diesmal ist noch kein klarer Favorit erkennbar. Gestern war z. B. für Dynamo vor dem Spiel zwischen dem 6. und dem 16. Platz alles drin. Solange Dynamo das Kämpfen nicht einstellt, wie es beim letzten Abstieg in die 3. Liga leider öfter der Fall war, ist das aber noch kein Grund für Depressionen.
Wie bewertest Du Euren Kader? Gibt es ein Prunkstück und bereitet Dir aktuell eine Position oder ein Mannschaftsteil immer mal wieder Sorgen?
Prunkstücke gibt es eine ganze Menge: ein paar Ältere wie Kapitän Marco Hartmann oder auch Lumpi Lambertz sind wichtig, Neuzugang Sören Gonther, der von St. Pauli kam, ist sicher mit seiner Erfahrung eine Stütze für die Verteidigung. Eines der größten Talente ist Niklas Hauptmann, der aus dem Dynamo-Nachwuchs kommt.
Die Neuzugänge stimmen mich überwiegend hoffnungsvoll, hier haben „Geschäftsführer Sport“ Ralf Minge und seine Scoutingabteilung in den letzten Jahren immer wieder ein gutes Händchen bewiesen. Diesmal kann bisher Haris Duljevic, der vom FK Sarajevo kam, besonders überzeugen, aber auch die österreichischen Neuzugänge Sascha Horvath und Patrick Möschl oder Rico Benatelli machen Freude. Einer der wichtigsten Spieler ist sicher Philip Heise, der leider aktuell verletzt ist.
Nun aber zu dem Mannschaftsteil, der die meisten Sorgen bereitet: die Abwehr ist zum einen personell dünn besetzt und dadurch bei eventuellen Sperren oder Verletzungen krisenanfällig. Zum anderen ist die Abwehr schon aufgrund der hohen Durchlässigkeit für gegnerische Mannschaften – schon zwölf Gegentore sagen alles – nicht das Prunkstück der Mannschaft. Das Spiel gegen Bielefeld verdeutlichte dieses Problem wieder in drastischer Form.
Wo Du schon die Defensive ansprichst, Keeper Marvin Schwäbe kommt aus dem benachbarten Dieburg. Für ihn ist die Partie am Böllenfalltor also nahezu ein Heimspiel. Wie siehst Du seine Leistungen?
Nicht alle können sich mit seiner Spielweise, die eines mitspielenden Torwarts, richtig anfreunden, aber er hat immer wieder gezeigt, warum er derzeit die Nummer 1 ist. Er ist ein super Tormann, der mit einigen seiner Aktionen öfter für Herzrasen bei den Dynamofans sorgt. Es ist gut, dass Dynamo ihn auf Leihbasis behalten konnte.
Dynamo hat Fans, die in Teilen immer wieder negativ auf sich aufmerksam machen. Wie wird in der eigenen Fanszene darüber diskutiert?
Wir sagen immer: besser ein schlechter Ruf als keiner! Dazu gibt es mehrere Aspekte. Einer ist sicher, dass sich die Medien auf Dynamo eingeschossen haben und oft skandalisieren. Auf der anderen Seite haben die Fans mit der Football Army Dynamo Dresden in Karlsruhe dem DFB den “Krieg” erklärt und dies kann im Nachhinein sicher als einer der Faktoren für den Beginn der jetzt stattfindenden vereinsübergreifenden Fanproteste gewertet werden.
Intern wird natürlich viel über “schlechte Presse” diskutiert, hier werden im Krisenfall unterschiedliche Wahrnehmungen zwischen aktiver Fanszene und der meist sitzenden Event-Klientel sichtbar. Dynamo hat eine große aktive Fanszene und im Unterschied zu anderen Vereinen wird es auswärts immer laut. Darmstadt kann sich also freuen!
Kaum zu glauben, aber wahr, Dynamo und die Lilien treffen erstmals überhaupt aufeinander!
Stimmt. Schön, dass es jetzt endlich mal ins Stadion am Böllenfalltor geht. Ein Traditionsverein, ein oldschool Stadion mit mehr Steh- als Sitzplätzen und eines der seltenen Beispiele für die Möglichkeit aus Spielklassen in Serie aufzusteigen.
Anne, besten Dank für Deine Antworten und: Willkommen am Bölle!
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