Schuster, Meier, Frings: So spiel(t)en die Lilien

Wer den SV Darmstadt 98 unter Torsten Frings erlebt, dem kommen ein paar Dinge vertraut vor. Allen voran die harmlose Offensive. Doch er erkennt auch eine auf Bundesliga-Niveau bislang ungewohnte Spielfreude. Blicken wir einmal genauer auf ein paar markante Spielwerte unter Dirk Schuster, Norbert Meier und Torsten Frings. Die drei Begegnungen unter Interimstrainer Ramon Berndroth bleiben außer Acht.

Wofür es eigentlich keiner Auswertung bedurft hätte, ist die eklatante Offensivschwäche. 17 Treffer nach 25 Spieltagen sind kein Ruhmesblatt. Die Lilien ballerten letztes Jahr auch nicht gerade aus allen Rohren, aber sie waren einfach effizienter. Damals war jede vierte Chance ein Tor. In dieser Spielzeit bislang nur jede sechste. Wenn man dann über 90 Minuten im Schnitt einen Schuss weniger abgibt (der noch nicht einmal das Tor treffen muss) und insgesamt nur drei Chancen kreiert, dann tritt das ganze (Abstiegs-)Dilemma offen zutage. Zudem lassen die 98er in der aktuellen Spielzeit mehr Chancen des Gegner zu. Vorne wie hinten lesen sich die Quoten unter Norbert Meier und Torsten Frings im Übrigen identisch. Kein Fortschritt also in dieser Hinsicht. Ließe man das herausragende Spiel gegen den BVB nicht in die Statistik einfließen, wäre der SVD unter Frings sogar deutlich harmloser als unter Meier. Dann läge der Schnitt bei lediglich 2,3 Chancen pro Partie für den SVD.


Was vielleicht am deutlichsten aufzeigt, wie stark die Lilien unter Dirk Schuster agierten, ist die Statistik des Chancenübergewichts in allen Partien. In den 34 Begegnungen unter Schuster wiesen die 98er in elf Spielen mehr Torchancen als ihre Kontrahenten auf, in 18 weniger. In den 22 Partien unter Frings und Meier erarbeitete sich der SVD nur viermal ein Chancenplus, in 17 Aufeinandertreffen lag dies auf Seiten des Gegners. Sieben verursachte Elfmeter zeigen obendrein, dass in dieser Saison mehr Unruhe in der Defensive herrscht. Kein Wunder, dass die kicker-Benotung der Spieler unter Frings und Meier hinter der Schuster-Ära liegt.

Lauf- und passintensiveres Spiel, aber kaum Chancen
Dass Torsten Frings den Lilien jedoch einen völlig neuen Spielstil verpasst hat, belegen mehrere Rubriken. Das Team läuft pro Partie im Schnitt dreieinhalb bis vier Kilometer mehr. Das mag daran liegen, dass die Blau-Weißen mittlerweile das Fußballspielen für sich entdeckt haben. Sie spielen inzwischen nicht nur einhundert Pässe pro Partie mehr als in der vorangegangenen Saison, von diesen kommen auch deutlich mehr an. Die Passquote erhöhte sich von kärglichen 55 Prozent auf über 70. Der Ballbesitz liegt zehn Prozentpunkte höher als unter Schuster. Die Lilien bauen inzwischen das Spiel von hinten auf, wodurch sich der Ballbesitz erhöht und viele Bälle innerhalb der Viererkette zirkulieren. Zudem kamen mit Hamit Altintop und Sidney Sam zwei ball- und passsichere Spieler hinzu. Mehr passen bedeutet zugleich mehr laufen, da sich die Spieler immer wieder dem Passgeber anbieten müssen. Das Problem dabei, die 98er kombinieren sich zu selten bis in den Strafraum oder bringen dort einen Angreifer in eine vielversprechende Abschlussposition. Letztes Jahr hingegen – und phasenweise auch unter Norbert Meier – war der lange Ball in die Spitze das Mittel der Wahl. So war der Ball aus der Gefahrenzone und vorne zogen Sandro Wagner oder ein nachrückender Außenspieler beziehungsweise Jerome Gondorf immer wieder Fouls, woraus oft genug ein Treffer resultierte.
[Nachtrag zum Ursprungstext: Die Lilien gingen in der vergangenen Saison 16-mal mit 1:0 in Führung. Sie waren also oftmals gar nicht gefordert, das Spiel zu machen. Und wenn, hätte es kaum nach Kombinationsfußball ausgesehen. 2016/17 führten sie erst in sieben Partien mit 1:0.]

Lässt man Ben-Hatiras direkt verwandelten Freistoß gegen Wolfsburg  und den nachfolgenden Kleinheisler-Treffer, der nach einem abgewehrten Freistoß fiel, außen vor, dann erzielten die Lilien in der laufenden Saison erst am 24. Spieltag ihr erstes Tor nach einem ruhenden Ball. Aytac Sulu köpfte gegen Mainz nach einer Ecke zum 1:0. Apropos Kopfbälle: Dies war 2016/17 zugleich der erste Kopfball, der seinen Weg ins Ziel fand. 2015/16 trafen alleine Sulu und Sandro Wagner 16-mal per Kopf. Das zeigt, solange es vorne klingelt, können die Pass- und Laufquoten noch so mager sein. Was zählt sind Tore.

Man kann also bilanzieren: Unter Frings spielen die Lilien deutlich ansehnlicher, allerdings bislang keineswegs zwingender. Schade eigentlich …

5 Gedanken zu “Schuster, Meier, Frings: So spiel(t)en die Lilien

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  2. Hmmm, interessant.
    Mit Frings steigen wir also fußballerisch „schöner“ ab und fühlen uns dabei irgendwie besser als unter Meier?

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