#HSVD98: „Der HSV springt flach und hat oft Glück, den Balken nicht mitzureißen“

Hamburg war in den letzten Jahren ein gutes Pflaster für die Lilien. In den jüngsten Bundesligaspielzeiten gewannen die 98er beide Partien beim HSV. Und auch beim Stadtrivalen holte der SVD in zwei der letzten drei Gastspiele einen Dreier. In der Hinrunde traten die Lilien gegen die Rothosen am Bölle hingegen sehr ehrfürchtig auf und verloren folgerichtig mit 1:2. Am Samstag dürfte der Respekt nach dem jüngsten 3:2-Erfolg gegen Holstein Kiel nicht gar so groß ausfallen. Ob das allerdings reicht, um beim Aufstiegsaspiranten zu punkten? Immerhin ist die Stimmung beim HSV nach dem 4:0 bei St. Pauli ebenfalls bestens. Zudem gewann der Tabellenzweite sechs der letzten sieben Heimpartien, fünf davon mit 1:0.

In 98 Worten

Die Heimspielpremiere von Dimitrios Grammozis hielt für die Lilienfans eine rassige Partie bereit! Je länger die Begegnung dauerte, desto mehr pushten sich Fans und Team gegenseitig zu einem leidenschaftlichen 3:2-Erfolg gegen beeindruckend spielstarke Kieler. Der SVD überzeugte nicht nur im Spiel gegen den Ball, sondern vermehrt auch mit ihm. Wenn möglich kombinierte er sich mit Flachpässen von hinten heraus. Das Offensivspiel prägte der sehr auffällige Marvin Mehlem und auch die Standards funktionierten an diesem Nachmittag endlich wieder. Nun heißt es vor der Länderspielpause beim HSV zu bestehen. Goalgetter Serdar Dursun visiert in seiner Heimatstadt sein zehntes Saisontor an.


Der Kontrahent hat das Wort

Es ist immer wieder eine Freude, Sascha als Inputgeber gewinnen zu können. Der HSV-Fan wirkt nach langen Jahren Podcast-Soloprojekt seit Saisonbeginn beim Podcast-Urgestein „Nur der HSV“ mit. Am Montagabend erschien die 531. (!) Folge.

Sascha, toll wieder mit Dir als Experte über Deinen Herzensverein zu fachsimpeln.
Moin! Vielen Dank für die Blumen. Und wenn ich einen Strauß zurückgeben darf: Projekte wie dieses Blog hier bringen mich dazu, Vereine wie Darmstadt 98 zu mögen. Deswegen ist es auch mir eine große Freude, hier dabei sein zu dürfen. Lieben Dank!

Eieiei, jetzt aber genug der Komplimente. Das 4:0 im Stadtderby bei St. Pauli war mal eine deutliche Ansage. In eurer jüngsten Podcastaufnahme war gut herauszuhören, dass die Partie für dich und Hoobs mehr als nur eines von 34 Spielen auf dem Weg zurück in die Bundesliga war.
Natürlich ist diese Partie gegen St. Pauli eine besondere gewesen. Mehr als acht Jahre lang mussten wir uns „Derbysieger“-Tweets und jede Menge Hohn und Spott gefallen lassen – und das vollkommen zu Recht. Nun haben wir leidgeplagten Fans die Möglichkeit, zurückzuballern, wenn wir denn mögen. Ohne zu überheblich wirken zu wollen: Die Verhältnisse sind wieder gerade gerückt. Doch obwohl der Spielverlauf und letztlich das Ergebnis Balsam auf unsere Wunden sind, darf man das Ganze jetzt nicht glorifizieren. Am Ende gibt’s auch für einen Derbysieg nur drei Punkte, und wir brauchen noch einige Zähler, damit es zum eventuellen Aufstieg reicht. Die Konkurrenz liefert gut ab.

Wie fühlt sich für dich vor dem letzten Saisonviertel der unfreiwillige Aufenthalt in der 2. Bundesliga an?
Im Großen und Ganzen bin ich gern in der Zweiten Liga gewesen; oh Gott, ich rede schon in der Vergangenheit! Es ist jedenfalls deutlich schöner, Siege zu sehen als Niederlagen. Das tut sehr gut. Und die Geschichten mit Freibier in Sandhausen, mit Auswärtsbetten in Dresden – diese teilweise Herzlichkeit kennt man als HSV-Fan so ja nicht. Das war schon super. Was neben der finanziellen Lage ein wenig Sorge bereitet: Wir sind wahnsinnig schlecht ins Jahr 2019 gekommen, und eine rasante Entwicklung in Sachen Spielkultur habe ich unter Trainer Hannes Wolf auch noch nicht gesehen. Andererseits: Wir stehen immer noch mit oben – so what?

Würdest Du sagen, dass die 2. Bundesliga etwas mit dem Verein und der Fanszene gemacht hat? Macht sich vielleicht sogar eine Art Aufbruchsstimmung breit? Du hast es ja schon erwähnt, es ist schließlich super, wenn man nach Jahren des Darbens endlich wieder sehr oft gewinnt.
Ich würde sagen, der Moment, in dem der Abstieg im Grunde feststand, als am 34. Spieltag der letzten Bundesligasaison „Mein Hamburg lieb‘ ich sehr“ angestimmt wurde – der hat etwas mit dem Verein und der Fanszene gemacht. Da kriegt man heute noch Gänsehaut! Klar, die angesprochene Siegesserie sorgt natürlich für ein extrem positives Gefühl, gerade im Vergleich zu den Vorjahren.

Hat dich im Unterhaus etwas positiv überrascht?
Aus der Sicht eines Fans eines Vereins, der mit nicht vorhandenem Geld nur so um sich wirft, ist es erstaunlich, wie gut einige Teams, deren Marktwert deutlich unter dem des HSV oder der Kölner liegt, Fußball spielen. Kiel überrascht mich sehr, auch Dresden zeigte wahnsinnig gute Ansätze in der Hinrundenpartie gegen uns, und ja, auch Darmstadt zähle ich dazu. Wenn ich an die Schlussphase unseres ersten Saisonduells denke, wird mir immer noch übel.

Oh Gott, an dieses Spiel erinnere ich mich nur ungern. Wir waren bis zur von Dir angesprochenen Schlussphase das Kaninchen vor der Schlange. Damals stand noch Christian Titz an der Seitenlinie. Wie hat sich im Vergleich zu damals das Spiel des HSV unter Hannes Wolf verändert? Du hast vorhin davon gesprochen, dass es keine rasante Entwicklung gegeben habe.
Das ist eine gemeine Frage. Ich glaube, dass beide Trainer Wert auf Ballbesitz legen – ein seltenes Gut heutzutage. Wolf ist nach meinem Empfinden deutlich flexibler als Titz, der starr an einem System mit Keeper als Libero festhielt. Wolf schaut tatsächlich auch auf den Gegner: Wo sind dessen Schwachstellen, wie hebel ich diese aus? Was mit bei Wolf sehr gut gefällt, ist seine Idee mit den in die Mitte einrückenden Außenverteidigern bei Ballbesitz. Da haben wir dann gern mal ein Übergewicht in der Zentrale.

Nach den Klatschen gegen Kiel (0:3) und Regensburg (0:5) sammelte der HSV zuletzt vor eigenem Publikum zuverlässig Dreier. Springt das Team bei all den 1:0-Erfolgen nur so hoch wie es muss, oder wie bewertest Du die Ergebnisse?
Das ist etwas, was mich wirklich nervt: die schwache Torausbeute. Nee, der HSV springt flach und hat oft Glück, dass der Balken nicht mitgerissen wird, obwohl er touchiert wurde. Wir müssen in der Chancenauswertung viel effektiver werden. Hört sich nach einem 4:0-Sieg doof an, ist aber so. Übrigens haben wir auswärts mehr Punkte geholt als daheim. Insofern: Vorteil Darmstadt.

Nee, nee, nee. Die Favoritenrolle lassen wir uns nicht aufschwatzen. Nicht bei unseren kümmerlichen sechs Auswärtspünktchen. Welche Spieler sind für dich aus der HSV-Mannschaft derzeit nicht wegzudenken?
Mit großem Vorsprung Orel Mangala, aber auch Aaron Hunt und natürlich Pierre-Michel Lasogga. Sehr schade, dass Mangala zum VfB Stuttgart zurück muss, da entsteht eine große Lücke auf der Sechserposition. Wie wichtig Hunt ist, sieht man, wenn er fehlt. Das wird leider am Samstag verletzungsbedingt der Fall sein. Und „Lasso“: Meiner Meinung nach der vorbildlichste Profi, den der HSV in den letzten fünf Jahren im Kader hatte.

Seit drei Wochen trainiert Dimitrios Grammozis die Lilien. Wie hast Du ihn als HSV-Spieler in Erinnerung?
Hach, Grammozis! Ich mochte ihn gern, auch wenn er nicht lange da war. Ein wuchtiger Spieler, der seinen Körper gut einzusetzen wusste. Wenn er so spielen lässt, wie er selbst früher gespielt hat, stehen gegen unseren HSV elf Kampfsäue auf dem Feld.

Wie müsste der SVD am Samstag auftreten, um dem HSV das Leben so schwer wie möglich zu machen, oder ihm gar den Zahn zu ziehen?
Mutig! Was der HSV nicht gewohnt ist: Wenn er früh angegriffen wird. Die meisten Gegner igeln sich gewöhnlich ein. Vielleicht ist also Pressing das Stichwort. Und wenn es ganz blöd läuft, haben unsere Jungs den Derbysieg noch nicht aus dem Kopf gekriegt. Wenn Darmstadt nicht ernst genommen wird, weil man ja St. Pauli geschlagen hat, gibt’s eine herbe Klatsche, das weiß ich jetzt schon.

Da hätte ich natürlich nichts dagegen. Sascha, besten Dank, für die Einblicke zur aktuellen Situation beim HSV.


Auf die Ohren

Kai, Mike, Christian, ich – und zu verspäteter Stunde auch Daniel – rieben uns am Montagabend ob des Erfolgs gegen Holstein Kiel freudig die Augen. Logisch, dass wir alle voll des Lobes über die (spielerische) Leistung des SVD waren. Gleichwohl ermahnten wir uns auch, nicht gleich den Kopf zu hoch zu tragen. Daneben sprachen wir noch über die SpVgg Bayreuth, Kevin Großkreutz und Tankstellen-Biere bei Fürth: KLICK

Uuund: Tim hat wieder geliefert. Für „Hoch & extraweit“ sprach er in seiner 3. Folge mit Jürgen Pforr, der vor rund 40 Jahren vom Lilienfan zum Co-Trainer aufstieg. Lohnt sich: KLICK


Jung & …

Die U19 setzte ihre Rückkehr in den Punktspielbetrieb in den Sand. Mit 1:3 unterlagen die Jungs von Ramon Berndroth dem FV Biebrich 02. Mit nun bereits zehn Punkten Rückstand auf Klassenprimus Kickers Offenbach hat die U19 auf Rang 4 de facto nichts mehr mit dem Aufstieg in die Bundesliga zu tun. Am Samstag kommt Tabellennachbar TSG Wieseck ans NLZ. Die U17 bezwang die SG Rot-Weiß Walldorf mit 4:1, stellte den Erfolg allerdings erst in der Nachspielzeit sicher. Da die Nachfolger patzten, führt die Mannschaft ihre Hessenliga souverän mit neun Punkten Vorsprung an. Am Sonntag geht’s zu Rot-Weiss Frankfurt. Die U15 feierte derweil in der Regionalliga Süd einen 1:0-Erfolg bei Schlusslicht TSG Wieseck. Mit dem VfB Stuttgart wartet am kommenden Sonntag dann ein ganz anderes Kaliber auf die Junglilien, die derzeit auf einem starken 4. Tabellenplatz stehen.

… verliehen

Wie schon in der Vorwoche verlief die englische Woche für die in die 3. Liga verliehenen Lilienspieler wenig ereignisreich. Julian von Haacke arbeitet sich nach seinem Bänderriss erst wieder zurück und verpasste somit den 1:0-Erfolg seiner Meppener bei der Spielvereinigung Unterhaching und das 1:1 gegen die Würzburger Kickers. 1860 München verzichtete beim 1:0-Sieg in Wehen und beim 1:0-Erfolg über Unterhaching erneut auf komplett auf Romuald Lacazette. Dahingegen kam Orrin McKinze Gaines II für den FSV Zwickau sowohl gegen Osnabrück (0:3), als auch Uerdingen (2:0) zum Einsatz. Zunächst als Einwechselspieler und gegen Uerdingen erstmals sogar als Startelfspieler, bevor er nach einer Stunde ausgewechselt wurde. Silas Zehnder suchte man in der Regionalliga Bayern beim 2:0-Erfolg von Viktoria Aschaffenburg über Wacker Burghausen vergebens auf dem Spielberichtsbogen. Patrick Banggaard verteidigte dagegen wie gewohnt über die volle Spielzeit und blieb dabei mit seinem AE Pafos ohne Gegentor. Mit dem 0:0 bei Doxa Katokopias bleibt Pafos in der Abstiegsrunde der Eliteklasse Zyperns oberhalb des Strichs.