Mit diesem Transfer musste man nicht unbedingt rechnen. Am Freitag gab der SVD die Verpflichtung von Christian Clemens bekannt. Der 29-Jährige kommt ablösefrei vom 1.FC Köln ans Bölle und soll die Lücke schließen, die Braydon Manu durch seine Leihe nach Halle hinterlassen hat. Der gestandene Bundesligaprofi hat lediglich einen Vertrag bis Sommer unterschrieben. Das dürfte daran liegen, dass er nach seinem Kreuzbandriss im April 2019 keinen Anschluss mehr ans Kölner Profiteam fand und zuletzt im Regionalligateam auflief. Die Verletzung hatte er sich damals ausgerechnet im Zweitliga-Spiel gegen die Lilien zugezogen. Ich befragte Arne von effzeh.com über die neue Nummer 20 der 98er.
Arne, der FC hat seit dem Wiederaufstieg vor anderthalb Jahren die Bundesliga nicht gerade im Sturm erobert. Unter Achim Beierlorzer war Christian Clemens aufgrund seines Kreuzbandrisses außen vor. Warum hat er aber als gestandener Profi unter Markus Gisdol überhaupt keine Rolle mehr gespielt?
Als Gisdol kam, erholte sich Clemens immer noch von seinem Kreuzbandriss. Er war daher die gesamte letzte Saison nicht im Einsatz, wenn wir von 15 Minuten im letzten Saisonspiel gegen Werder Bremen absehen. Ob Gisdol auf ihn gesetzt hätte, wenn er fit gewesen wäre, ist daher Spekulation. Auf jeden Fall hat Christian Clemens beim FC seit dem Wiederaufstieg keine Rolle mehr gespielt.
Der letzte Coach, unter dem Clemens Stammspieler war, war folglich Markus Anfang. Wie hast Du seine damaligen Leistungen in Erinnerung?
In der Zweitligasaison 2018/2019 war Clemens tatsächlich zum Auftakt Stammspieler, in den ersten fünf Spielen sammelte er damals sechs Scorerpunkte. Danach setzte ihn aber eine Syndesmose-Verletzung außer Gefecht. Später in der Saison konnte er an die starke Form von zu Beginn nicht mehr anknüpfen. Zu allem Überfluss kam dann noch der besagte Kreuzbandriss hinzu.
Traust Du ihm zu, unter Anfang wieder aufzublühen?
Ich weiß nicht, ob er nach seiner langen Ausfallzeit (nur acht Spiele in anderthalb Jahren) wieder zu einer Hilfe für Darmstadt werden kann, obwohl er mit Markus Anfang schon eher positive Erinnerungen verbinden wird.
Bei der Präsentation von Clemens betonte SVD-Sportdirektor Carsten Wehlmann, dass Clemens ein dynamischer, temporeicher Spieler sei. Stimmst Du zu?
Ja, schon. Mit Ball am Fuß auf dem Flügel fühlt er sich am wohlsten. Wie viel er mit der Zeit an Tempo eingebüßt hat, kann ich allerdings nicht beurteilen.
Was würdest Du ganz generell zu seinen Stärken zählen?
Gute Flanken, guter rechter Fuß, ziemliche Stringenz nach vorne und gute Abschlüsse – ist und bleibt er fit, wird er diese Stärken wohl auch in der zweiten Liga zeigen können.
Bei welchen Aktionen bist Du eher an ihm verzweifelt?
Er wirkt manchmal ein bisschen phlegmatisch und abwesend, auch im Spiel. Da hatte ich mehrfach das Gefühl, ihn aufwecken zu müssen.
Anfang betont zuletzt regelmäßig, dass sein Team nach Ballverlust schnell wieder nach hinten arbeiten muss. Klingt das nach einer Aufgabe, die Christian Clemens erfüllt?
Im modernen Fußball kann sich kein Fußballer darauf ausruhen, nur an offensiven Spielsituationen teilzunehmen. Clemens ist sich durchaus nicht zu schade dafür, in der Deckung Räume zu schließen und Zweikämpfe zu führen. Vielleicht ist es ein Vorteil, dass Clemens und Anfang sich schon kennen, da muss sich niemand mehr groß aneinander gewöhnen.
Clemens wird als nomineller Rechtsaußen eingestuft. Wenn ich nicht ganz falsch liege, dann ist er aber nicht auf diese Position festgenagelt, oder?
Ja, er hat auch auf der linken Seite gespielt, ich denke, diese beiden Positionen sind ihm am liebsten.
Wie gibt sich Clemens auf dem Platz. Hat er Leader-Qualitäten, oder ist er eher ein Spieler, der nicht sonderlich laut wird und eher „mitschwimmt“?
Hier kommt wieder ein wenig sein Phlegma ins Spiel, aber vielleicht hilft es ihm, wenn er jetzt in einem neuen Umfeld fit ist und um einen Kaderplatz kämpfen kann. In Köln hatte er es sich vielleicht zu sehr bequem gemacht.
Letzte Frage: Hast Du eine Anekdote, die Du persönlich mit Christian Clemens verbindest?
In seiner ersten FC-Zeit gelang ihm im Dezember 2011 das Tor des Monats mit einem direkt verwandelten Eckball – das war allgemein eine ganz nette Zeit mit Lukas Podolski, Milivoje Novakovic und Konsorten. Das zeigt auch auf, dass Clemens schon vor einem Jahrzehnt für den FC ein wichtiger Spieler war – in den letzten Jahren war er es allerdings nicht mehr.
Besten Dank, Arne.
Insider-Interview zum zweiten Winter-Neuzugang:
- Mit Robert Laul vom Aftonbladet über Thomas Isherwood (Östersunds FK)
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