Insider im Gespräch über … Johannes Wurtz (#9)

Die Lilien haben sich eine Woche vor Transferschluss nochmals verstärkt. Aus Bochum stößt Angreifer Johannes Wurtz zum SVD. Der gebürtige Saarländer (26) sammelte in Fürth, Paderborn und beim VfL reichlich Zweitligaerfahrung. In 125 Partien brachte er es auf 30 Torbeteiligungen. Heute Nachmittag unterzeichnete er bei den 98ern einen Vertrag bis 2021. Wie es ihm auf seiner letzten Station erging, darüber spreche ich mit Philipp. Er ist Sportjournalist aus Bochum und schreibt seit einigen Jahren für das Online-Fußball-Magazin Westline über den VfL.

Philipp, Johannes Wurtz verstärkt die Lilien. Einer starken ersten Saison mit zahlreichen Torbeteiligungen folgte im letzten Jahr eine schwache mit mehrheitlich Jokereinsätzen. War er ein Opfer der vielen Trainerwechsel?
Seine erste Saison beim VfL war zweifellos die bessere. Im letzten Jahr war es mit vier unterschiedlichen Trainern schwierig, nicht nur für ihn, sondern auch für viele seiner Teamkollegen. Bei Johannes Wurtz hat man gesehen, dass ihn Gertjan Verbeek sportlich wahrscheinlich am besten eingebunden hat. Er war oft als hängende Spitze, einer Mischung aus Mittelstürmer und Spielgestalter, unterwegs.

Wurtz trägt bei uns die Nummer 9. In einem System mit nur einer Spitze hat er Serdar Dursun, Terrence Boyd und Felix Platte als Konkurrenten. Wie siehst Du ihn im Vergleich mit diesen eher körperlichen Angreifern, und kann er noch eine andere Position ausfüllen?
Als alleinige Spitze sehe ich Johannes Wurtz eher nicht. Dafür fehlt ihm die Körperlichkeit. Ich kenne die Darmstädter Spielweise nicht genau genug, aber in einem 4-4-2 wäre es aus meiner Sicht leichter eine adäquate Rolle für ihn zu finden als im 4-2-3-1. Allerdings ist er auch kein wuseliger, versierter Techniker. Die Frage nach der richtigen Rolle wird euch vermutlich auch in Darmstadt noch beschäftigen.

Das Spiel der Lilien leidet immer noch an mangelnder Geschwindigkeit. Bringt er sie mit?
Jein. Er hat in der Saison 2016/17 bewiesen, dass er den Zug zum Tor mitbringt, auch in Temposituationen. Aber er ist – ohne seine genauen Laufdaten zu kennen – kein klassischer Sprinter, der an allen vorbeizieht. Sorgen bereiten mir da eher seine technischen Unzulänglichkeiten. Die muss er minimieren. Denn auch durch solche Szenen kann es passieren, dass die Geschwindigkeit im Angriffsspiel verloren geht.

Mit 1,82 Meter ist er der kleinste Angreifer der Lilien. Was zählst Du zu seinen Stärken und was zu seinen Schwächen?
Wenn Johannes Wurtz das Vertrauen des Trainers und der Fans genießt, wird er sicher seine Tore machen. Das hat er nicht nur in Bochum bewiesen. In der vergangenen Saison lief es vor dem gegnerischen Gehäuse nicht rund, aber grundsätzlich bringt er die notwendigen Fähigkeiten mit. Auch wenn er es selbst nicht gerne hören wird: Für mich ist er – auch aufgrund der nicht ganz klaren Spielposition – eher ein Jokertyp. Arbeiten muss er definitiv noch an seiner Technik. Die Arbeit mit dem Ball muss in einigen Situationen deutlich sauberer werden.

Kannst Du noch etwas dazu sagen, wie er charakterlich ist? Ist er ein Typ, der auch den Kontakt zu den Fans sucht? Oder anders gefragt: Wie groß ist sein Potenzial ein Publikumsliebling zu werden?
Johannes Wurtz ist ein tadelloser Sportsmann, klar im Kopf, sehr freundlich, bodenständig, keiner, der in den sozialen Netzwerken die Selbstvermarktung anstrebt. Als Journalist kann ich sagen, dass er immer ein angenehmer Gesprächspartner war. Ob er als Publikumsliebling taugt, das lass ich mal offen. Das ist schließlich immer sehr abhängig von den sportlichen Leistungen. In Bochum ist er zuletzt in Ungnade gefallen, musste immer wieder Hohn und Spott ertragen, weil es sportlich nicht gut lief, er zu viele Chancen vergab und die Weiterentwicklung stockte. Auch wenn es die gleiche Liga ist, eine Luftveränderung tut manchmal gut.

Besten Dank, Philipp!