#D98FCM: „Aktuell spielt vorrangig der Drittligakader“

Der DFB-Pokal ist Geschichte und ab sofort liegt der Fokus wieder ausschließlich auf dem Tagesgeschäft. Die Lilien können mit einem Sieg gegen Aufsteiger Magdeburg den Abstand auf den Tabellenkeller vergrößern. Die folgenden Partien ließen sich folglich beruhigter angehen. Im Gegensatz zum naßkalten Wetter am Dienstagabend soll am Samstag die Sonne scheinen, was jeden Heiner dazu animieren sollte, sein Team am Bölle lautstark zu unterstützen. Die Gäste werden jedenfalls zahlreiche Fans mitbringen.

In 98 Worten

Unzufrieden dürfte am Dienstagabend kaum ein Lilienfan das Böllenfalltor verlassen haben, schließlich zeigte der SVD im DFB-Pokal eine ansprechende Leistung. Im ersten Spielabschnitt hielt er die formstarke Hertha in Schach. Als der Erstligist nach der Pause das Tempo anzog, kippte das Spiel. Kaum auf dem Feld, erzielte Routinier Vedad Ibisevic den entscheidenden Führungstreffer. Die 98er traten weiter leidenschaftlich auf, blieben im Offensivspiel aber zu wenig durchschlagskräftig. Das positive Gefühl nach dem 2:0 gegen Fürth hat weiterhin Bestand. Eine Niederlage gegen Magdeburg würde das ändern. Die Erwartungshaltung an das Team ist deshalb, die Partie gegen den FCM entschlossen anzugehen.


Der Kontrahent hat das Wort

Alex hat am Samstag eine kürzere Anfahrt zum Auswärtsspiel seines FCM, als wenn er ein Heimspiel besuchen würde. Alex lebt mittlerweile in Hessen, er lässt aber natürlich weiterhin nichts auf das fußballerische Aushängeschild seiner Heimatstadt kommen. Seinen Blog über den „großartigsten Klub der Welt“ flankiert er mit einem Podcast. Daneben zählt er zur Redaktion von 120 Minuten. Die Seite gibt spannenden fußballbezogenen Themen einen großen Raum. Absolute Leseempfehlung!

Alex, nach elf Spieltagen steht Platz 15. Offen gestanden hätte ich euch nach einer starken Drittligasaison und entsprechender Aufstiegseuphorie viel weiter vorne erwartet. Du auch?
Um ganz ehrlich zu sein: Nein. Wir haben in der vergangenen Spielzeit in der 3. Liga im Prinzip eine fast perfekte Saison gespielt, hatten zu den richtigen Zeitpunkten kleine (und größere) Serien und haben uns halt in den so genannten Schlüsselspielen durchgesetzt. Da entstanden ein Flow und eine gewisse Selbstverständlichkeit, die uns dann zum Staffelsieg geführt haben. Dass das in der 2. Liga so nicht reproduzierbar sein würde, war klar. Hinzu kommt, dass uns in der Sommerpause mit Tobias Schwede (nach Paderborn) und Marius Sowislo (langjähriger Kapitän, Karriereende) zwei Spieler verlassen haben, die ich durchaus als Schlüsselspieler für das funktionierende Kollektiv bezeichnen würde. Genau dieses Kollektiv war auch unsere Stärke und es sieht im Moment schwer danach aus, dass „nur“ das Kollektiv in der 2. Liga eben nicht genug ist. Insofern kommt der Tabellenplatz nicht überraschend; ich hatte mich tatsächlich auf Abstiegskampf eingestellt.

Wer Deine Beiträge liest, der stolpert immer wieder darüber, dass das Team im Spielaufbau zu fehlerhaft agiert, dass die Offensive noch zu harmlos ist, dass das Team während eines Spiels zu oft zwei Gesichter zeigt. Das kennen wir so ähnlich auch von den Lilien. Sind das tatsächlich die Hauptgründe für euren schwerfälligen Saisonstart und erwiesen sich die Neuzugänge nicht als die erhofften Verstärkungen?
Du hast recht, die Mannschaft offenbart insbesondere in der Offensive Schwächen, die mittlerweile nicht mehr nur mit der notwendigen Anpassung an die neue Spielklasse zu erklären sind. Ich schaue da insbesondere auf die Themen „Passgenauigkeit“, „Entscheidungsfindung“ und „Ruhe am Ball in engen Spielsituationen“.
Schaut man sich die letzte Aufstellung gegen den HSV an, dann standen mit Marius Bülter und Romain Brégerie, den ihr auch noch ganz gut kennen dürftet, lediglich zwei Spieler in der Anfangself, die vor oder während der Saison neu hinzugekommen sind. Insofern ist die Frage nach den Zugängen als erhoffte Verstärkungen sicher nicht ganz unberechtigt. Manfred Osei Kwadwo hat jetzt gegen den HSV ein paar Minuten bekommen; Joel Abu Hanna hat viel Verletzungspech; bei Mergim Berisha schwanken wohl die Trainingsleistungen extrem, zudem ist er derzeit ohnehin verletzt; Rico Preißinger, der aus meiner Sicht einen guten Saisonstart hatte, steht derzeit ebenfalls verletzt nicht zur Verfügung und Jasmin Fejzic wurde relativ rasch nach Saisonbeginn von Alexander Brunst als Nummer 1 abgelöst. Viele Namen, die jetzt für Deine Leser*innen vielleicht nicht so spannend sind, die aber zeigen: Aktuell spielt vorrangig der Drittligakader, der – so ehrlich muss man sein – mit der 2. Liga noch so seine Probleme zu haben scheint.
Ebenso interessant, wie für mich positiv, ist aber, dass man trotzdem auch druckvolle Halbzeiten spielen kann. Wie etwa gegen Dresden und in Heidenheim, allerdings mit unterschiedlichem Erfolg. Insofern bleibt abzuwarten, welches Gesicht der FCM am Samstag am Böllenfalltor zeigen wird. Eins ist indes klar: An Unterstützung für die Mannschaft wird es nicht mangeln, wenngleich die kritischen Stimmen im Umfeld natürlich lauter werden.

Heißt das, Jens Härtel wird schon angezählt? Schließlich haben alle hinter euch stehenden Teams bereits den Trainer gewechselt.
Im Umfeld gibt es diese Stimmen. Aber wir wissen ja alle, dass das bei ausbleibendem Erfolg im Fußball wohl leider unvermeidlich ist. Die Vereinsführung allerdings, so macht es jedenfalls den Eindruck, steht weiterhin hinter dem Trainer, und ich persönlich finde das richtig. Allerdings – Achtung, Phrase – ist Fußball auch ein schnelllebiges Geschäft und es wäre für Jens Härtel (und uns alle) sicher nicht von Nachteil, bald Erfolgserlebnisse zu feiern.

Du hast Romain Brégerie schon einmal erwähnt. Bei uns hat er sich in der Regel als Stabilisator in der Defensive erwiesen. Wie hat er sich bei euch eingeführt?
Ganz gut eigentlich – sofern er in einer Dreier-Abwehrkette nicht den Abwehrchef geben muss. Im 3-4-3 spielt er in der Regel auf der rechten Position, jetzt gegen den HSV hat er innen in der Viererkette gespielt. Er hat hier und da einen kleinen Wackler drin, aber wer hat den nicht? Er wirkt auf mich ansonsten auf jeden Fall routiniert und im Großen und Ganzen sicher. Also ja, ich würde ihn auch eher als Stabilisator sehen.

Die Lilien präferieren ein 4-2-3-1, ihr ebenfalls. Wie schickt Jens Härtel sein Team für gewöhnlich in eine Auswärtspartie? Spricht: Worauf dürfen sich die Lilienfans einstellen?
Puh, das ist eine ganz schwierige Frage. Eigentlich präferiert Jens Härtel das 3-4-3. Das hat uns auch letzte Saison zum Aufstieg geführt. Gegen Dresden und in Heidenheim hat er in der 2. Hälfte aber auf das von Dir angesprochene 4-2-3-1 umgestellt und das hat nach meinem Dafürhalten sehr gut funktioniert. Zumindest gab es dann mehr Torchancen und gegen Dresden zwei Treffer. Gegen den HSV hat er notgedrungen, weil zwei Verteidiger gesperrt waren, im 4-2-3-1 beginnen lassen und wir hatten im gesamten Spiel nicht eine wirklich vielversprechende Torchance. Insofern ist der Club von der Grundordnung her derzeit so ein bisschen eine Wundertüte. Wünschen würde ich mir, dass Jens Härtel im 4-2-3-1 bleibt, ich vermute aber, dass er erstmal wieder auf das 3-4-3 zurückgeht, weil die Mannschaft da offenbar insbesondere in der Defensive besser mit klarkommt.

Welche Spieler würdest Du in eurem Spiel hervorheben?
Marcel Costly und Marius Bülter auf den Außenbahnen, die beide für ordentlich Alarm sorgen können. Costly kommt über das Tempo, Bülter hat irgendwie immer eine gute Idee und ist trotz seiner Größe ziemlich ballsicher.

1.500 FCM-Fans waren in Sandhausen, um den ersten und bislang einzigen Zweitligaerfolg zu feiern. Ist mit einer ähnlich stattlichen Anzahl am Böllenfalltor zu rechnen?
Ich denke, ja. Einerseits begleiten den Club eigentlich immer mindestens 1.000 Leute, andererseits ist das Böllenfalltor ein interessantes Stadion, das sicher viele werden mitnehmen wollen. Geh’ also mal davon aus, dass der Gästeblock ordentlich voll und ordentlich laut sein wird.

Abschließend noch zwei Fragen, die nichts mit dem aktuellen Spielbetrieb zu tun haben. Vor unserem Pokalspiel bei euch gab es große Irritationen über das merkwürdige Eingreifen einer Polizeieinheit aus Thüringen gegenüber Lilienfans. Wie wurde das in der FCM-Fanszene diskutiert?
Diskutiert wurde das Verhalten der Polizei gegenüber den Lilienfans auf jeden Fall kritisch, zumal es eine ganze Reihe Fragen aufwarf, die Ihr ja bei Euch unmittelbar danach im „Hoch und weit“-Podcast besprochen habt. Selbstverständlich kann auch in Magdeburg keiner wollen, dass mit Gästefans so umgegangen wird. Schon allein, weil wir 17-mal im Jahr ebenfalls irgendwo zu Gast sind. Zu Problemen war es vorher schon rund um unsere Zweitliga-Premiere gegen den FC St. Pauli gekommen; insgesamt hat Magdeburg also kein sonderlich gutes Gastgeber-Bild abgegeben.
Inzwischen hat sich da ein bisschen was zum Positiven getan, was aus meiner Sicht insbesondere dem großen Engagement der Fanhilfe Magdeburg zu verdanken ist. So wurde zum Beispiel beim hoch brisanten Spiel gegen die SG Dynamo Dresden von der Fanhilfe eine parlamentarische Beobachterin eingeladen, um die Gästesituation zu beurteilen. Daniel George von MDR Sachsen-Anhalt hat dazu einen schönen Text geschrieben.
Inzwischen gibt es übrigens einen Bus-Shuttle für Gästefans vom Bahnhof Herrenkrug zum Stadion. An vielen anderen Orten ist das selbstverständlich, in Magdeburg tatsächlich lange nur ein Diskussionsthema und nun endlich umgesetzt.

Vor eurem letzten Heimspiel gegen den HSV wurde in einer Choreo an den aus einem fahrenden Zug gestürtzten FCM-Fan erinnert, der dabei verstarb. Was hat sich in dieser Angelegenheit getan?
Gar nichts, leider. Hannes hat 2016 im Zuge einer Auseinandersetzung mit Anhängern des Halleschen FC sein Leben verloren. Die Ermittlungen wurden irgendwann eingestellt. Diejenigen, die in besagtem Zug, aus dem er dann fiel, dabei waren, schweigen bis heute und decken sich gegenseitig. Niemand will etwas gesehen haben. Im Vorfeld der Partie gegen den HSV veröffentlichte der Verein einen Brief von Hannes’ Bruder Christoph, den man gern durchlesen und auf sich wirken lassen kann.

Alex, herzlichen Dank für die reichhaltigen Einblicke, die Du geben konntest!


Auf die Ohren

Am Montag nahmen Kai, Mike und ich unsere Folge Nummer 95 auf. Natürlich wollte der 2:0-Erfolg gegen Fürth gebührend gelobt und das Pokalspiel gegen die Hertha in den Blick genommen werden. Dabei vergaßen wir das Spiel gegen Magdeburg nicht und waren uns bewusst, wie wichtig ein Dreier ist. Daneben berichtete Mike von einer sehr harmonischen Jahreshauptversammlung der 98er. Hört rein: KLICK


Jung & …

Seit dem Hertha-Vorbericht gab es kein weiteres Spiel der ältesten Nachwuchsjahrgänge der Lilien. Die U19 rangiert weiterhin auf Platz 2 in der Hessenliga. Die U17 führt diese Spielklasse in ihrem Altersbereich an und die U15 steht im Mittelfeld der Regionalliga Süd.

… verliehen

Von den verliehenen Spielern waren unter der Woche nur Jamie Maclarens Hibs aus Edinburgh gefordert. Die Grün-Weißen mussten am Mittwochabend zum Stadtderby bei den Hearts antreten und trotzten dem Tabellenführer einen Punkt ab. Dem Angreifer blieb allerdings ein (Kurz)Einsatz verwehrt. Da sein Sturmkollege Florian Kamberi vom Platz gestellt wurde, dürften die Chancen des Australiers gewachsen sein, am kommenden Wochenende gegen St. Johnstone zu spielen.