Die Qualifikation zur Europameisterschaft 2016 hat mit dem Abpfiff der letzten Play-offs in diesen Minuten ihr Ende gefunden. Was war in den vergangenen 15 Monaten bemerkenswert? Und was fällt beim Teilnehmerfeld auf?
Die Novizen
Bei der deutlichen Erhöhung des Teilnehmerfeldes von 16 auf 24 Teams war es absehbar, dass erstmals Nationen zur Endrunde einer EURO fahren würden. Island, Wales, die Slowakei, Nordirland und Albanien haben die Chance entschlossen beim Schopf gepackt. Österreicher wie Ukrainer waren zwar schon mal EM-Gastgeber, qualifizierten sich aber nun ebenfalls erstmals sportlich für eine EURO.
Die Eingeschlafenen
Dänemark hätte eigentlich nur noch durch die bereits offene Türe gehen müssen. Doch Anfang September spielte das damals zweitplatzierte Team zuhause gegen Albanien nur 0:0. Wenige Tage später reichte es in Armenien ebenfalls nur zu einem Punkt. Es folgte eine Niederlage in Portugal, so dass die Albaner am letzten Spieltag tatsächlich noch an den spielfreien Dänen vorbeizogen. Schließlich gab es für den Europameister von 1992 in den Play-offs gegen Zlatan Ibrahimovics Schweden nichts mehr zu holen. Erst als die Schweden in Summe bereits mit 4:1 führten, wachten die Dänen auf und erzielten noch zwei Treffer. Dennoch zu wenig.
Die Spätzünder
Die Türkei startete denkbar schlecht in die Qualifikation. Einem 0:3 in Island folgte eine Heimniederlage gegen Tschechien. Ein Remis gegen Lettland später grüßten die Südeuropäer immer noch vom letzten Tabellenplatz. Doch dann blies das Team von Fatih Terim zur Aufholjagd und holte 17 Punkte aus den restlichen sieben Partien. Der Lohn: Als bester Tabellendritter die direkte Qualifikation! Dank eines Treffers in der vorletzten Minute des letzten Gruppenspiels!
Die Rückkehrer
Seit 1972 tauchten die Ungarn nicht mehr bei einer Europameisterschaft auf. Damals holten sie den vierten Platz. 1986 machten die Magyaren noch einmal bei einer WM auf sich aufmerksam, seither ist das ehemalige Fußball-Schwergewicht zu einem kleinen Licht im internationalen Spielbetrieb geworden. 2016 werden sie auf die europäische Bühne zurückkehren.
Belgien musste 32 Jahre warten, bis sich seine Nationalelf wieder einmal sportlich für eine EM qualifizieren konnte. Prompt verspricht das Team ein heißer Anwärter auf den Titelgewinn zu sein. 1980 standen sie schon einmal kurz vor der Meisterschaft, doch Horst Hrubesch hielt seinen Schädel in eine Ecke von Karl-Heinz Rummenigge und degradierte die Belgier zum Vizeeuropameister.
Die Überflieger
Man höre und staune: England! Die Briten behielten als einziges Team eine blütenweise Weste. Das Geburtsland des Fußballs holte 30 von 30 möglichen Punkten und überraschte mit seiner souveränen Qualifikation. Das ist aller Ehren wert, selbst wenn die Schweiz, Slowenien, Estland, Litauen und San Marino nicht gerade furchteinflössende Kontrahenten waren. Hinter Polen (33) erzielten sie die meisten Tore aller Teams. Nur Rumänien (2) kassierte weniger. Als heißer Titelkandidat gelten die Briten dennoch nicht.
Die Mutterinsel(n)
Die britischen Inseln ließen bei der Qualifikation zur EURO 2016 aufhorchen. Nordirland, Wales und England nahmen den direkten Weg, Irland folgte in den Play-offs. Außer den Schotten nehmen somit alle Verbände der beiden Inseln an der kontinentalen Meisterschaft teil. Dahingegen enttäuschten die traditionell starken Teams aus Ex-Jugoslawien, von denen nur Kroatien zum 24er-Teilnehmerfeld zählt. Die Stärke der Teams aus dem Vereinigten Königreich und Irland liegt maßgeblich an der Renaissance des walisischen und nordirischen Fußballs. Beide spielten sich überzeugend nach Frankreich. Vier Nationen von den britischen Inseln bei der EURO stellen selbstredend ein Novum dar. Einen ähnlichen „Ausreißer“ in dieser Richtung hatte es 1958 schon einmal gegeben. Damals fuhren Wales, Schottland, Nordirland und England zur WM nach Schweden. Wobei die Waliser auf äußerst kuriose Weise zur Endrunde gelangten (LINK).
Die Abgestürzten
Natürlich muss hier in erster Linie die Niederlande genannt werden. Vom WM-Dritten zum EURO-Zuschauer in nur etwas mehr als 15 Monaten, das muss man erst einmal schaffen. Erst recht in Anbetracht des erweiterten Teilnehmerfeldes und der damit verbundenen einfacheren Qualifikation. Letztmals scheiterte mit der Türkei 2003 ein WM-Dritter in der EURO-Qualifikation. Damals gab Lettland in den Play-offs den Spielverderber. Aufgrund der Klasse der Niederländer ist die ausgebliebene Qualifikation beispiellos.
Griechenland hatte sich bei der WM in Brasilien in die K.o.-Runde gespielt. Im Achtelfinale behielt Costa Rica dann im Elfmeterschießen die besseren Nerven. Anschließend spielte Griechenland eine derart gruselige EM-Qualifikation, dass sie sogar hinter den Färöern nur auf dem letzten Tabellenplatz landeten. Der einzige Sieg gelang erst in der Abschlusspartie gegen Ungarn. Panagiotis Kone sicherte ihn in der 86. Minute.
Die Sitzengebliebenen
Kein Team rennt derart lange vergeblich einer Endrundenteilnahme hinterher wie Luxemburg. Seit der zweiten Auflage 1964 versucht sich das Großherzogtum für die Europameisterschaft zu qualifizieren. Geschafft haben sie es bislang nie. Auch Malta wollte 1964 erstmals zur Europameisterschaft fahren. Abgesehen von einer Nicht-Teilnahme 1968 scheiterten sie bislang ebenfalls immer in der Qualifikation. Finnland reiht sich in die Phalanx der Erfolglosen ein. Seit 1968 schafften sie es in 13 Anläufen nicht, sich zu einer Endrunde durchzuspielen. Die drei Länder gelten somit als die Dauerbrenner in puncto verpasster EM-Qualifikation. Doch es besteht Hoffnung: Wales, Nordirland, Island und Albanien mussten ebenfalls über 50 Jahre anrennen, bis es in diesem Jahr zum ersten Mal klappte.
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