Legionäre in Europa – die Statistiken 2020 (II)

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Nachdem gestern der erste Statistikteil zu den Legionären in den europäischen Topligen live ging, folgt heute Teil 2. Dabei liegt das Hauptaugenmerk darauf, wie sich die Legionäre auf die jeweiligen europäischen Topligen verteilen. Wer holt also gerne wen? Und wen zieht es bevorzugt wohin?

Welche Liga setzt auf welche Legionäre? Dieser Frage war ich schon in meiner ersten Erhebung dieser Art im Frühjahr 2014 nachgegangen. Im Vergleich zu damals hat die Popularität der französischen Fußballprofis im europäischen Ausland nochmals deutlich zugenommen. In der Premier League stellen sie wie schon vor knapp sieben Spielzeiten das Gros der Legionäre. In der Bundesliga waren sie dahingegen 2014 noch gar nicht in den Top 10 vertreten. Heute kicken 30 französische Profis hierzulande. Auch in Italien und Spanien sind deutlich mehr von ihnen vertreten als seinerzeit. Erst recht in der Schweiz, wo sie die Spitzenposition von den albanischen Spielern übernommen haben. Diese sind dort heute übrigens kaum noch vertreten. Stattdessen schlug sich die zwischenzeitliche Aufnahme des Kosovo in die UEFA nieder. Kosovarische Spieler stellen das zweitgrößte Legionärskontingent in der Schweiz, wobei zwölf der 14 Kicker in der Schweiz zur Welt kamen oder dort aufgewachsen sind. Sie zählen damit zu den von mir so bezeichneten einheimischen Legionären (s. Teil 1). Die meistgefragten ausländischen Profis in der Bundesliga kommen übrigens nicht mehr aus der Schweiz, sondern aus Österreich. Ihr Wert hat sich mehr als verdoppelt (2014: 13, 2020: 31). Weniger gefragt sind hingegen im Vergleich zu 2014 Tschechen, Polen, Türken und Bosnier. Zugelegt haben Spieler aus den Niederlanden, Belgien, Spanien, Dänemark und den USA.

Wer holt wen?
Ein Blick in die europäischen Eliteklassen zeigt, dass deutsche Profis in den Niederlanden und Österreich die größten Legionärsgruppe stellen. Etwas, was vor sieben Jahren nirgendwo vorgekommen war. In Belgien, Dänemark und der Schweiz sind sie unter den Top 5 zu finden. Unverändert Spitze sind die Argentinier in Spanien und Griechenland. In Kroatien sind weiterhin Spieler aus Bosnien am beliebtesten, in Tschechien wird der kleine Grenzverkehr zur Slowakei groß geschrieben. Auf Zypern katapultierten sich die Griechen von Rang 4 (13 Spieler in 2014) an die Spitze (25 Spieler) und verdrängten die Brasilianer, die die Führung auch in Rumänien und Russland abgeben mussten, sie dafür aber in Frankreich eroberten. Wie gestern schon erwähnt, lässt die Anzahl der brasilianischen Legionäre in Portugal aufhorchen. Unglaubliche 142 Spieler stehen bei den dortigen Erstligisten unter Vertrag.

Auf einen solchen Wert kommt kein anderes Land auch nur annähernd. Wenngleich sich 57 Schotten in der englischen Premier League ebenfalls beeindruckend lesen. Schotten wie Engländer besitzen aber immerhin beide einen britischen Pass. Blickt man darauf, zu welchen Topligen sich bestimmte Länder besonders hingezogen fühlen, dann fällt auf, dass Profis aus Österreich und der Schweiz bevorzugt in die Bundesliga wechseln. Und auch Kicker aus Tschechien sowie den USA zieht es in keine andere Liga so häufig. Die Premier League scheint für Spanier, Portugiesen, Niederländer und Schotten oftmals das erste Ziel darzustellen.

Wen zieht es wohin?
Wenig überraschend wechseln skandinavische Spieler gerne in andere skandinavische Ligen. Während die belgische Jupiler Pro League (und in etwas geringerer Form die türkische Süper Lig) eine gewisse Sogwirkung auf Spieler aus Subsahara-Afrika ausübt und auch aus der Ukraine und Japan (warum das so ist, folgt weiter unten). Frankreichs Ligue 1 ist erste Wahl für viele Spieler aus den ehemaligen afrikanischen Kolonien. Bei ihnen handelt es sich jedoch häufig um die bereits erwähnten einheimischen Legionäre. Die unten folgende Statistik führt zudem vor Augen, dass auch die zypriotische Liga für viele Nationen ein lohnenswertes Ziel darstellt. Wohingegen es türkische Spieler nicht so oft ins Ausland zieht, wenn, dann aber in die starken Ligen in Frankreich, Deutschland, Italien, die Niederlande, England und Spanien. Das ist zum einen ebenfalls den im Ausland geborenen Auswandererkindern zu verdanken, zum anderen aber auch einigen starken jungen Spielern, die den Schritt nach England und Italien gewagt haben.

So manche Vorliebe für bestimmte Legionäre lässt sich ganz einfach erklären
Wer genauer hinter einige Zahlen blickt, der erkennt gewisse Auffälligkeiten. Über das Faible portugiesischer Vereine für Profis aus Brasilien hatten wir es ja schon. Alleine Portimonense SC setzt auf 16 Brasilianer, diverse andere auf zehn oder elf. Neun Portugiesen stehen wiederum bei den Wolverhampton Wanderers unter Vertrag. Sieben von ihnen haben bei ein und denselben Berater (Jorge Mendes), der bei den chinesischen Investoren des Klubs offenbar wohl gelitten ist. Der Einstieg japanischer Investoren beim belgischen Erstligisten VV Sint-Truiden erklärt die Anwesenheit von fünf der insgesamt sechs japanischen Legionäre in Belgiens Eliteklasse. Beim FC Nordsjaelland spielen sechs der sieben ghanaischen Profis der dänischen Superligaen. Alle wechselten von Right to Dream dorthin. Zufall? Mitnichten. Der Gründer der ghanaischen Akademie, die sich der Förderung von Talenten verschreibt, erwarb den FC Nordsjaelland im Januar 2016 mithilfe von Investoren. In Griechenland beweist Asteras Tripolis eine außergewöhnliche Vorliebe für spanische (10) und argentinische (7) Profis. In Kroatien entfällt die Hälfte der albanischen Legionäre auf Lokomotive Zagreb. HNK Sibenik verpflichtete drei der vier in der Liga spielenden Kolumbianer leihweise aus Cali. Während NK Istra sechs der zehn in der Liga spielenden Spanier vor der Saison per Leihe von Deportivo Alaves holte. Sechs der acht englischen Spieler in Schwedens Allsvenskan heuerten in Östersunds an, während die drei einzigen Südafrikaner allesamt bei Varbergs BoIS untergekommen sind. Und in Rumänien sorgten bei Dinamo Bukarest mit Cosmin Contra der inzwischen geschasste Trainer (selber mit Spanien-Erfahrung als Spieler und Trainer), sowie ein spanischer Sportdirektor dafür, dass sechs der 16 Spanier in der Liga auf ihrem Lohnzettel stehen. Und die Verflechtung des OSC Lille mit dem belgischen Erstligisten Royal Excel Mouscron trägt dazu bei, dass Letzterer zwölf Leihspieler vom französischen Klub holte, die die Legionärsquote der Liga um satte vier Prozent nach oben schraubten. Man lernt einfach nie aus, wenn man sich ein wenig in die Legionärsstatistiken einarbeitet.

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