Insider im Gespräch über … Sören Bertram (#23)

Die gestrigen Schlagzeilen bestimmte eindeutig Aytac Sulu. Der Leader, der sechs Jahre das Lilientrikot trug, gab vollkommen überraschend seinen Abschied vom Böllenfalltor bekannt. Bei diesem Paukenschlag geriet die Verpflichtung von Sören Bertram zur Randnotiz. Der gebürtige Norddeutsche soll für Belebung im Offensivspiel der 98er sorgen. Er kommt von Ligakonkurrent Aue, für den er in den letzten zweieinhalb Jahre spielte. Zuvor sammelte er beim Halleschen FC reichlich Spielpraxis in Liga 3. Der 27-Jährige unterschrieb einen Vertrag bis Sommer 2020. Mir gegenüber schätzt FCE-Fan Jens den Neuzugang ein.

Gude Jens, im Mai war Sören Bertram mit drei Toren noch der Relegationsheld, nun legt der Klub keinen gesteigerten Wert mehr auf seine Dienste. Zuletzt zählte er nicht mal mehr zum Aufgebot. Was ist passiert? Bekam ihm der Trainerwechsel nicht?
Glück Auf Matthias. Nach seinen drei Toren in der Relegation gegen den Karlsruher SC und dem Abgang von Pascal Köpke zu Hertha BSC ruhten viele Hoffnungen auf Sören Bertram. Mit der Verpflichtung von Pascal Testroet musste er sich erneut einer Konkurrenzsituation stellen. Zu Beginn liefen beide, in unterschiedlichen Formationen, noch nebeneinander auf. Als Florian Krüger immer besser wurde und unser Coach Daniel Meyer seine Stammformation mit zwei Spitzen gefunden hatte, wurde es noch schwerer für Sören. Da merkte man schon, dass er mit der Situation unzufrieden ist. Am Trainerwechsel lag es definitiv nicht, es gab zuletzt einfach keinen Grund, am System mit Testroet und Krüger etwas zu ändern.

Bertrams Vertrag lief im Sommer aus. Es war nun also die letzte Möglichkeit für Aue, Geld für ihn einzunehmen. Da aber von einer Vertragsauflösung geschrieben wurde, dürfte das nicht einmal der Fall gewesen sein. Lag sein Abschied dennoch auf der Hand?
Richtig, ich bin mir nicht sicher, ob überhaupt Geld geflossen ist. Ein Abschied lag insofern auf der Hand, da Sören natürlich spielen wollte und er mit der aktuellen Situation nicht besonders glücklich war. Es war bekannt, dass er sich umschaut. Zum Rückrundentrainingsauftakt meinte er jedoch, sich noch einmal für die Startelf empfehlen zu wollen. Sein Wechsel zur Winterpause kommt daher für mich doch etwas überraschend, aber so ist das Geschäft. Für beide Seiten ist es aber sicherlich das Beste.

Wie steht die Fanszene zu seinem Weggang? Immerhin dürfte er sich mit dem Dreierpack in der Relegation zahlreiche Freunde gemacht haben.
Ich kann natürlich nicht für alle sprechen, aber wenn ein verdienter Spieler wechselt, dann finden es die meisten Fans, menschlich gesehen, schade. Ich definitiv. Man trennt sich ja auch nicht im Groll. Sörens Gründe sind rein sportlicher Natur und für alle nachvollziehbar. Seine drei Tore in der Relegation bleiben natürlich in Erinnerung.

In besagtem Relegationsspiel traf Bertram per Kopf, mit links von außerhalb des Strafraums und mit rechts nach schönem Laufweg aus zentraler Position. Ist er wirklich so vielseitig oder war das eher untypisch?
Was Sören an diesem Tag für den Auer Fußball geleistet hat, ist sicher außergewöhnlich. Der Kopfball war eigentlich untypisch für ihn, er ist primär ein Linksfuß. Den Einsatzwillen konnte man ihm nie absprechen, jedoch wirkte er beispielsweise in 1:1-Situationen manchmal etwas unglücklich.

Wo wurde Sören Bertram bei euch vorwiegend eingesetzt und auf welcher Position hat er Dir am besten gefallen?
Eingesetzt wurde Sören als Linksaußen, ich bin mir nicht einmal sicher, ob er bei uns überhaupt jemals eine andere Position gespielt hat.

Das heißt, er ist ziemlich festgelegt auf diese Position. Du dürftest die Lilien ja noch von der Partie vor Weihnachten vor Augen haben. Damit wäre er ein Kontrahent von Joevin Jones.
So wie ich das sehe, spielt Darmstadt zumeist nur mit einer echten Spitze. Als Dursun-Ersatz kommt Sören meiner Meinung nach nicht infrage. Vermutlich soll er als Linksaußen eine weitere taktische Möglichkeit darstellen. Wenngleich die Art, wie Jones die Position ausfüllt, sie mir etwas defensiver angelegt zu sein scheint, als sie Sören hauptsächlich spielt. Ich glaube, er wäre eine bessere zweite Spitze, die aber über links kommt.

Eine Position, die es so im System Schuster leider nicht gibt. Sofern nichts Überraschendes passiert, dann dürfte er also da sein, um Jones Druck zu machen oder bei Rückstand eine offensivere Alternative zu sein. Wo siehst Du Schwächen in Sören Bertrams Spiel?
In den 1:1-Situationen. Sören hat Probleme, mit dem Ball am Fuß am Gegenspieler vorbeizukommen. Zudem ist seine Torausbeute nicht wirklich gut. Er hat in 45 Spielen für uns lediglich sieben Tore erzielt, darunter waren aber natürlich drei ganz wichtige Tore, mit denen er sich einen Platz in der Auer Hall of Fame verdient hat.

Jens, wie immer besten Dank.
Gerne. Viele Grüße nach Darmstadt.


Weitere Insider-Interviews zur Rückrunde:
  • Victor Pálsson mit FC Zürich-Fan Silvan Lerch (u.a. Redakteur bei „zwölf“)