#MSVD98: „Klar ist jedenfalls, hier ist Land unter“

Ja Wahnsinn. Die Lilien drehten am Dienstagabend gegen den FC St. Pauli erstmals seit Neunzehnhundertnochwas wieder ein Spiel. Okay, selbst wenn der letzte Turnaround „erst“ 17 Monate zurückliegt, so war er doch überfällig. Der kurz vor Schluss gesicherte Dreier sorgte für mächtig Jubel am Böllenfalltor, das ohne Gegengerade doch ein wenig gerupft daher kommt. Nun geht es zum Tabellenletzten nach Duisburg, der in dieser Spielzeit zuhause erst einmal einen Sieg bejubeln durfte. An der Wedau gilt es folglich für den SVD, den Sieg von Dienstagabend zu veredeln. Derweil hat Angreifer Jamie Maclaren (zuletzt an die Hibs aus Edinburgh verliehen) die Lilien verlassen, um in seine australische Heimat zurückzukehren.

In 98 Worten

Die 98er waren gegen St. Pauli das aktivere und spielbestimmende Team, agierten aber lange nicht zwingend genug. Im Mittelfeld deutete Königstransfer Victor Pálsson an, dass er ein prägender Akteur im Lilienspiel werden kann. Und als man schon nicht mehr dran glauben wollte, erzielte tatsächlich der weitgehend schwache Marcel Heller den Ausgleich. Acht Minuten später traf Serdar Dursun nach feiner Vorlage des eingewechselten Felix Platte. Ob man es nicht doch endlich mal von Anfang an mit einer Doppelspitze probieren sollte?! Derweil sammelten die Lilien unter der Woche fleißig Spieler: Nach Patrick Herrmann kamen noch Mathias Wittek und Christoph Moritz.


Die Neuen (Interviews)

Wie immer sprach ich mit Insidern der abgebenden Vereine über die Neuzugänge. Bislang über:


Der Kontrahent hat das Wort

Das Herz von Trainer Baade schlägt bekanntermaßen für den MSV. Sein Verein macht es ihm derzeit nun wirklich nicht leicht und entsprechend ist seine Laune.

Trainer, der MSV hielt sich in der letzten Saison als Aufsteiger vornehm raus aus dem Abstiegskampf. In dieser Spielzeit hingen die Zebras von Anfang an hinten drin. Du hast zuletzt in ein paar Tweets wenig Zuversicht verbreitet. Welche Rolle spielte in der schlechten Hinrunde die – von außen betrachtet – nicht so geglückte Transferpolitik?
Das stimmt ja nun leider überhaupt nicht. Also dass der MSV in der letzten Saison nichts mit dem Abstiegskampf zu tun gehabt hätte. Die Tabellenlage war lange so eng, dass man auch am vorletzten Spieltag noch hätte absteigen können, aber dann eben mit einem 4:1 über Jahn Regensburg den Klassenerhalt sicherte. Dass der MSV zwischenzeitlich mal Vierter war und mit einem Sieg in Kiel sogar um die Aufstiegsrelegation hätte mitspielen können, war nur Sand in die Augen vieler Fans. Standesgemäß verlor man dieses Spiel dann auch 0:5. Oder rede ich gerade über die vorletzte Saison? Nee, über die Saison kann ich ja nicht reden, da waren wir ja noch in der 3. Liga. Und das vergessen mir viel zu viele hier rund um den MSV. Wir sind eigentlich immer noch ein Aufsteiger, der um die Klasse kämpfen muss und mehr nicht.
Was die Transfers angeht, hat sich das Glücksrad offensichtlich diesmal gegen den MSV entschieden. Während Sportchef Ivica Grlic in der letzten Saison mit Souza, Stoppelkamp, Fröde und so weiter etliche Treffer landete, die sofort einschlugen, blieb ihm diesmal dieses Glück verwehrt. Dass allerdings dann in dem Team Auflösungserscheinungen auftraten, tja, weiß man nicht, ob man das Ivica Grlic vorwerfen kann.

Torsten Lieberknecht löste Anfang Oktober Ilia Gruev, den Erfolgstrainer der Vorjahre, ab. Er ließ gleich mit einem Sieg beim 1. FC Köln aufhorchen. Wie stehst Du zu der Personalie?
„Erfolgstrainer“ Ilia Gruev. Weiß ich nicht. Ich sehe das immer auch mit dem Budget, das der MSV hat und mit dem Ruf. Er ist immerhin noch einer von 36 Bundesligaklubs. Aber taktisch hat Gruev überhaupt nichts gemacht. Immer dieselbe Formation, immer dieselben Wechsel in der 70. Minute. Ich war zwar von ihm angetan, aber das eher aus der Identifikation heraus. Eigentlich war er kein guter Trainer und ob er überhaupt ein Trainer war, weiß man nicht.
Diesen Zweifel hab ich bei Lieberknecht nicht. Er weiß sehr genau, was er will und wie er dahinkommt. Für mich – und wieder in Anbetracht des Budgets, das wir haben – die perfekte Lösung.

Im Winter habt ihr den Kader ein wenig aufgefrischt. Keeper Felix Wiedwald kam von der Eintracht und mit Verteidiger Joseph Baffoe sowie Angreifer Havard Nielsen holte Lieberknecht zwei seiner Ex-Spieler zum MSV. Hellen diese Neuzugänge Deine Stimmung etwas auf?
Nein. Der Torwart war nicht die Position, an der wir Nachhilfe brauchten. Mesenhöler war zwar unkonventionell und manchmal auch unsicher, aber Wiedwald sehe ich jetzt nicht so, dass er da eine Stufe weiter ist. Vielleicht ist es aber so, dass er die Abwehr verbal aufräumt, das weiß man ja nie so als Außenstehender. Dass er mehr „Erfahrung“ hat, ist sicher so, allerdings halte ich das für einen marginalen Wert. Der Ball darf halt nicht ins Netz. Die anderen beiden kenne ich null. Wenn Nielsen trifft, soll es gut sein, davon aus gehe ich nicht für den Preis.

Bei unserem Interview vor anderthalb Jahren hast Du davon berichtet, dass die Stimmung im Stadion wirklich gut geworden sei. Wie sah das zuletzt aus?
Sehr schlecht. Stimmung ist da nicht mehr. Ich würde mir da mehr Identikation wünschen. Mein Gott, wir sind vor fünf Jahren nicht umsonst abgestiegen. Aber die Leute vergessen halt schnell.

Auswärts scheint sich das Team unter Lieberknecht einigermaßen wohl zu fühlen, zuhause allerdings nach wie vor nicht. Auch wenn Lieberknecht überwiegend starke Gegner hatte, warum will der Knopf zuhause mit nur drei Punkten partout nicht aufgehen?
Das mag jetzt einfach Zufall sein, dass sie das nicht gebacken kriegen. Ich denke auch nicht, dass alles falsch ist. Immerhin hat man ja einen Spielaufbau. Aber vorne ist es so grottenschlecht. Ich weiß nicht, was da schief läuft.
Wer ist jetzt der Schuldige? Grlic, den viele schon im Forum grillen? Nee. Gruev? Nee, kann er auch nix für. Lieberknecht? Weiß man nicht, vielleicht kriegt er es noch hin. Klar ist jedenfalls, hier ist Land unter und genauso klar ist, na, zwei Siege, dann geht es wieder besser. Aber dahin müssen wir erstmal kommen.

Am Freitagabend heißt es gegen die Lilien sicherlich zu punkten, am besten dreifach. Was glaubst Du, wie das Team das Spiel angehen wird?
Keine Ahnung. Zu Hause haben wir immer verloren, das ist auch im Moment schlimm. Ihr könnt auch hier hinkommen und einfach die Punkte einsammeln. Also noch schlimmer als im Moment geht es nicht.

Würden wir natürlich gerne annehmen, aber in 90 Minuten kann immer viel passieren. Danke, Trainer.


Auf die Ohren

Wir nutzten den Rückenwind des Sieges gegen St. Pauli, um am Mittwoch aus einem geplanten Quickie dann doch wieder eine einstündige Aufnahme über die aktuelle Situation zu machen. Was lässt sich aus dem ersten Spiel ableiten, wie überzeugten die Neuzugänge und wer würde eigentlich noch kommen? (KLICK)


Jung & …

Alle Nachwuchsmannschaften bereiten sich derzeit auf die Rückrunde vor und bestreiten fleißig Testspiele. In der Winterpause stellt sich die Situation bei den höchstklassigen Teams wie folgt dar: Die U19 hat in der Hessenliga bereits den Kontakt zur Tabellenspitze etwas abreißen lassen. Die U17 führt die Konkurrenz in ihrer Hessenliga sourvän an und die U15 mischt in der höchstmöglichen Spielklasse, der Regionalliga Süd, ordentlich mit und belegt einen Platz im Tabellenmittelfeld.

… verliehen

Nach Patrick Banggaard (AE Pafos/Zypern), Julian von Haacke (SV Meppen), Romuald Lacazette (1860 München) und Silas Zehnder (Viktoria Aschaffenburg), haben die Lilien seit dieser Woche mit Orrin McKinze Gaines II einen weiteren Spieler aus dem aktuellen Kader verliehen. Der 20-Jährige läuft in den kommenden Monaten für den FSV Zwickau auf. Hoffen wir, dass er bei den von seinem Landsmann Joe Enochs trainierten Sachsen endlich ein paar Einsätze sammeln kann.