Insider im Gespräch über … Aaron Seydel (#22)

Ein gebürtiger Südhesse, der in Mainz das Kicken gelernt und der sich im hohen Norden seine ersten Sporen verdient hat. Das ist Aaron Seydel. Seit letzter Woche ist er fix zum SVD gewechselt. Bislang hat er sein Talent angedeutet, der richtige Durchbruch ist ihm aber weder in Mainz, noch in Kiel, noch zuletzt in Regensburg geglückt. Der inzwischen 24-Jährige hatte in seiner zweiten Saison in Kiel stark mit Verletzungen zu kämpfen, die sich bis in die vergangene Spielzeit erstreckten. Der Angreifer dürfte dementsprechend darauf setzen, endlich wieder fit durchstarten zu können. Seinen Coach Markus Anfang kennt er aus gemeinsamen Kieler Zeiten. Unter ihm erlebte der ehemalige Juniorennationalspieler zugleich seine bislang erfolgreichste Zeit im Profifußball. Um mehr über ihn zu erfahren, befragte ich zwei Interviewpartner. Zum einen – mal wieder – mit Pike vom Holstein-Podcast 1912fm. Zum anderen Tobias aus Regensburg, der das Buch „111 Gründe, den SSV Jahn Regensburg zu lieben“ geschrieben hat. Er betreibt auch einen Jahn-Blog, der derzeit allerdings pausiert.

Pike über Aaron Seydel bei der KSV Holstein Kiel (2017-2019):

Pike, schaut man sich die Leistungsdaten an, dann hatte Aaron Seydel unter Markus Anfang in Kiel seine bislang beste Karrierephase. Wie erinnerst Du dich an seine damaligen Leistungen?
Die Leistungen waren wechselhaft. Er war da noch sehr jung und musste sich erstmal in der 2. Liga zurecht finden. Er hat dann aber relativ schnell sein Platz und seine Stärken gefunden. Gerade auf der Außenbahn hat er durch sein Tempo und seine Dribblings für Gefahr gesorgt.

Er spielte fast immer, allerdings überwiegend als Joker in Form von Kurzeinsätzen. Was hat er dem Spiel als Einwechselspieler geben können? Konnte er noch etwas bewegen?
Dass er überwiegend nur zu Kurzeinsätzen kam, lag natürlich an unser damaligen, extrem starken Offensive mit Ducksch, Schindler, Lewerenz und Drexler. Wir hatten die beste Offensive der Liga, da war es für ein jungen Spieler wie Seydel schwer, auf sich aufmerksam zu machen. Als Joker hat er das aber gut gemacht und das Spiel definitiv nochmal belebt. Gerade aufgrund seiner Größe kann man ihn die letzten Minuten vorne reinstellen, auch wenn er nicht der kopfballstärkste Spieler ist.

Und wie hat er in den wenigen Spielen auf dich gewirkt, in denen er von Beginn an seine Chance erhalten hat?
Er bringt für seine Größe ein richtig gutes Tempo und eine richtig gute Technik mit. Es ist nicht üblich, dass ein Spieler mit einer Größe von 1,99 Meter so über die Flügel flitzt. Das fiel natürlich auf und ist irgendwie unterhaltsam anzusehen.

Er wurde laut transfermarkt.de in der Sturmspitze, aber auch als Linksaußen eingesetzt. Das Statistikportal whoscored sieht ihn als kopfballstarken Spieler, der aber auch gerne und durchaus erfolgreich dribbelt. Das deckt sich also durchaus mit Deinen Eindrücken, vom Kopfballspiel mal abgesehen.
Richtig. Als kopfballstark habe ich ihn wirklich nicht wahrgenommen. Von sein vier Toren für Holstein hat er zwar zwei per Kopf erzielt, aber sonst hat er sehr viele Kopfballduelle verloren oder Chancen vergeben. Ich sehe seine Stärken eher auf der Außenbahn. Tempo, Dribblings, in den 16er reinziehen, das sind seine Stärken.

Worin liegen für dich die Defizite in seinem Spiel?
Auch hier wieder: Für seine Größe verliert er mir zu viele Kopfballduelle. Er unterliegt auch oft in körperlichen Duellen. Da muss noch etwas mehr kommen.

Seine zweite Ausleihe zu euch stand unter keinem guten Stern. Er verpasste fast die gesamte Spielzeit mit einer Fersenverletzung. Wie kam es dazu und wieso hat sich das so lange hingezogen?
Nach dem Spiel gegen Magedburg, in dem er den 2:1-Siegtreffer erzielt hat, fiel er aus. Es muss also irgendwas beim oder nach dem Spiel passiert sein. Warum diese Fersenverletzung so lange anhielt, kann ich nicht sagen. Das wurde auch nicht kommuniziert. Der Klub hat sich sehr darauf konzentriert, ihn wieder fit zu kriegen, aber sein Körper hat da einfach nicht mitgespielt.
Wir hatten echt schon Bammel, dass irgendwann die Nachricht kommt, er müsse komplett mit dem Fußball aufhören, da es sich einfach nicht gebessert hat. Umso erleichterter war ich dann, als er endlich wieder fit war und zuletzt auch wieder für Regensburg gespielt hat.

Wie hat er sich abseits des Platzes präsentiert?
Da gibt es wirklich nicht viel zu erzählen. Er ist ein sehr zurückhaltender Spieler bei uns gewesen. Er kam mit allen klar, wirkte relativ umgänglich und hatte auch ein guten Stand bei den Fans.

Besten Dank, Pike.


Tobias über Aaron Seydel beim SSV Jahn Regensburg (Rückrunde 2019/20):

Tobi, Aaron Seydell lief in der Rückrunde für den Jahn auf. War seine Leihe überhaupt notwendig? Nominell hatte der Jahn genug Stürmer im Kader.
Tatsächlich waren wir in der Offensive bereits quantitativ gut aufgestellt, haben aber neben Seydel mit Makridis sogar noch einen zweiten Stürmer verpflichtet. Allerdings haben wohl einige Flügelspieler nicht so eingeschlagen, wie sich das die Vereinsführung vorgestellt hatte. Hier sollte offenbar mehr Druck aufgebaut werden. Und wenn sich Aaron Seydel schneller erholt hätte, hätte er wohl auch tatsächlich gespielt. Ich persönlich schätze, dass Seydel in erster Linie ein vorgegriffener Transfer für die nun kommende Spielzeit gewesen war. Er kam ja aus einer langen Verletzungspause zu uns und hat sich erst einmal akklimatisieren müssen. Das Ziel war vermutlich, ihn über die Saison hinaus zu verpflichten. Allerdings ist laut Vereinsführung ein anderer Zweitligist nun die bessere Alternative, um zu alter Stärke zurückzufinden.

Letztlich blieb es bei zwei Startelfeinsätzen und sieben Kurzeinsätzen. Warum kamen nicht mehr Einsatzminuten hinzu? Insbesondere nach dem Restart? Umso mehr, als Dauerbrenner Marco Grüttner auch seine Auszeiten bekam.
Schon in der Vorbereitung kam er nicht so zum Zug. Er hat wohl einfach länger gebraucht, um nach seiner hartnäckigen Verletzung wieder komplett fit zu werden. Das beinhaltet auch, dass sein Körper natürlich nicht von Anfang an so belastbar wie vorher war und ihn kleinere Verletzungen immer wieder zurückgeworfen haben. Auch die Bindung zur Mannschaft hat dementsprechend lange gefehlt. Er konnte im Gesamten leider bis zum Schluss nicht an das anknüpfen, was man von ihm kannte.

Bei seinem zweiten Startelfeinsatz verletzte er sich nach zwanzig Minuten. Der kicker tickerte „Für Seydel, der ordentlich Betrieb machte, geht es nicht weiter“. Wie hast Du Seydels Auftritte im Jahn-Trikot wahrgenommen?
Wir kannten Seydel ja bereits aus den Duellen mit Holstein Kiel. Davon hat er in Regensburg aber nicht wirklich viel zeigen können. Zu Beginn fehlte ihm noch die Bindung zu unserem Spiel, die Spielidee des SSV konnte er nicht so schnell umsetzen. Zudem hat man ihm angesehen, dass ihm die Spielpraxis fehlte. Er war bemüht, zweifellos, er wollte. Hier kann man ihm wirklich nichts andichten. Er hat seine Qualitäten auch das eine oder andere Mal aufblitzen lassen, mehr ist ihm aber aus den erwähnten Gründen einfach nicht gelungen.

Was zählt für dich zu seinen Stärken und wo hat er Dir nicht so gut gefallen?
Für seine Größe ist er technisch wirklich stark und sehr agil. Bei uns hat er das aus den genannten Gründen aber nicht häufig zeigen können. Zudem habe ich eine gewisse Lufthoheit durch seine Größe vermisst, beispielsweise bei Standards.

Wo ist er für dich folglich besser aufgehoben, auf dem Flügel oder im Zentrum?
Spannende Frage, die wir auch diskutiert haben. Mit seiner Größe ist er natürlich für das Zentrum prädestiniert, aber er hat eine gewisse Grundgeschwindigkeit, die ihm auf den Außen einige Vorteile bringt. Ich möchte mich hier nicht für eine Position entscheiden, zumal ich ihn im Jahn-Trikot nicht in seiner vollen Stärke sehen konnte. Wenn er aber wieder bei 100 Prozent ist, ist er auf beiden Positionen eine Waffe!

Tobi, vielen Dank für die Beantwortung meiner Fragen.


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