#FCUD98: „Wir bestaunen vorläufig einfach, wie sich alles fügt“

Das letzte Gastspiel bei Union vor fast genau einem Jahr ließ die Lilienfans zwiegespalten zurück. Das 3:3 konnte den Abwärtstrend zwar ein wenig abbremsen, der Gegentreffer zum Ausgleich fiel aber erst durch ein Slapstick-Eigentor in allerletzter Sekunde. So hatte sich der SVD nur unzureichend für die engagierte Leistung in der zweiten Hälfte belohnt. Am Samstag treffen die Lilien bei ihrer Rückkehr auf eines der stärksten Heimteams der Liga und wären mit einem Punktgewinn sicher sehr einverstanden. Auf den Rängen wird derweil ein gemeinschaftlicher Stimmungsboykott ausgerufen. Es geht um fanfreundliche Anstoßzeiten und eine Absage an die Montagsspiele.

In 98 Worten

Obwohl mit Tobi Kempe gegen Köln ein wichtiges Puzzleteil im Aufbauspiel der Lilien gesperrt fehlte, ließ Dirk Schuster sein Team unerschrocken und engagiert auftreten. In den ersten 45 Minuten kam das Spitzenteam mit dem giftigen und lauffreudigen SVD so gar nicht zurecht. Die Lilien versäumten es allerdings, sich für ihren Aufwand zu belohnen und mit dem überraschenden 0:1 durch Simon Terodde kippte das Spiel nach 55 Minuten. In kurzer Folge nutzte Köln zwei weitere Chancen eiskalt, sodass sich die 98er frustriert dem Spielende entgegenhangelten. In vorderster Front wurde der angeschlagene Serdar Dursun als Zielspieler und Vollstrecker schmerzlich vermisst.


Der Kontrahent hat das Wort

Steffi zählt zum festen Stamm von Textilvergehen. Der prämierte Podcast zählt zu den Urgesteinen der Vereinspodcasts und kann bereits auf unfassbare 353 Folgen zurückblicken. Zuletzt stand auch noch das 10-Jährige Jubiläum an: Gratulation!

Steffi, wer sich in den letzten sieben Spielzeiten in der 2. Bundesliga zwischen Platz 4 und 9 platziert, der will endlich aufsteigen. Wenn da nur nicht der HSV und der 1. FC Köln wären, richtig?
Also mal grundsätzlich: Alle Vereine wollen das, und zwar in jeder Saison. Sonst bräuchten sie nicht am Wettbewerb teilnehmen. Dass das mal besser und mal schlechter funktioniert, hat Union in der letzten Saison sehr deutlich gespürt. Deshalb sind wir eher verhalten in die neue Spielzeit gegangen. Mit dem Wort Aufstieg sind wir sehr, sehr vorsichtig geworden. Urs Fischer hat allerdings ziemlich schnell gezeigt, dass er mehr kann als die Scherben des Vorjahres zusammenkehren, auch wenn Konsolidierung sicher seine erste und wichtigste Aufgabe war. Aber wir sind schon noch vorsichtig und bestaunen vorläufig einfach die schöne Mannschaft, die kluge Planung und wie sich alles fügt.

Nach 14 Spieltagen seid ihr immer noch ungeschlagen und ein fester Bestandteil der Spitzengruppe. Hättest Du dennoch von den neun Remis lieber die ein oder andere Niederlage in Kauf genommen, wenn ihr dafür häufiger gewonnen hättet?
Krass, oder? Ich habe tatsächlich das Hamburg-Spiel abgewartet, bevor ich diese Frage beantworten wollte. Und Du zeigst auch direkt auf´s Schlimme: Ungeschlagen ist prima, aber 9 von 14 Spielen endeten unentschieden. Gegen Hamburg und Köln geht das in Ordnung, das waren starke Spiele, aber torlos gegen Dresden, Paderborn, Sandhausen und 1:1 gegen das zu diesem Zeitpunkt wirklich ziemlich kaputte Duisburg, das bremst die Euphorie etwas. Was ich allerdings für eine große Qualität der aktuellen Union-Mannschaft halte: Dass sie nach Gegentoren nicht aufhört, Fußball zu spielen und sich immer wieder zurückkämpft. Und dann halt das Tor in der 90. Minute macht. Und so herum betrachtet ist die Ungeschlagen-Bilanz doch´n bißchen geil.

Du hast Coach Urs Fischer schon erwähnt. Der Schweizer kam vor der Saison als ziemlich unbeschriebenes Blatt auf den Trainerstuhl. Wie standest Du der Personalie gegenüber und welchen Eindruck hast Du von ihm gegen Ende der ersten Halbserie?
Unbeschrieben würde ich nicht sagen, Urs Fischer hat ja in der Schweiz extrem erfolgreich gearbeitet. Ich fand es plausibel, dass er für sich persönlich nach einer Steigerungsmöglichkeit sucht, und der Weg in die Bundesliga über die 2.Liga ist naheliegend. Allein das wirkt auf mich wohlüberlegt, wie auch Urs Fischer als Person einen sehr besonnenen und zielstrebigen Eindruck macht. Ich mag seine aufgeräumte Art, mochte ich von Anfang an. Und ich glaube, seine Karrierepläne passen ganz gut zu den Ambitionen von Union. Das, was von ihm als Trainer erwartet wurde, hat er schon längst mehr als erfüllt – nämlich diese ganzen tollen Einzelspieler wieder zu einer Mannschaft zu machen und die Lücken zu schließen.

Bei einem Torverhältnis von 21:10 ließe sich schlussfolgern: Bombensichere Abwehr, ausbaufähiger Angriff. Zumindest hattet ihr bei Textilvergehen auch schon mal einen Plan A in der Offensive angemahnt.
Das hat sich insofern verbessert, als seitdem Sebastian Polter, Joshua Mees und Suleiman Abdullahi wieder bzw. neu im Team sind, Union dort also besser aufgestellt ist, als das zu Beginn der Saison der Fall war. Denn Sebastian Andersson und Simon Hedlund sind ja auch immer noch da.

Mit Toni Leistner, Stephan Fürstner und Steven Skrzybski habt ihr drei sehr namhafte Kicker vor der Saison abgegeben. Florian Hübner, Manuel Schmiedebach und Sebastian Andersson haben deren Abgang aber schnell aufgefangen, oder trügt der Eindruck?
Auch das tat im Ergebnis weniger weh als zunächst vermutet. Okay – Stevie in Blau kommt mir immer noch nicht richtig vor, und in sehr vielen Momenten denke ich: Stevie hätte den bei uns gemacht. Das bleibt sicher noch eine ganze Weile so. Und trotzdem ist es unbestreitbar eine tolle Mannschaft geworden. Weil Marvin Friedrich mit seinen zarten 23 Jahren unglaublich abgeklärt ist. Weil Florian Hübner sehr humorlos verteidigt, bevor er in den Angriff übergeht. Weil Sebastian Andersson auch in einer Rotation funktioniert. Weil Manuel Schmiedebach nicht nur selber großartig ist, sondern auch seine Mitspieler besser macht. Du merkst schon, ich bin ganz hingerissen.

Das ist nicht zu überhören. Auch im Tor steht eine neue Nummer 1. Rafal Gikiewicz dürfte euer Problem auf der Torhüterposition behoben haben, und treffsicher ist er auch noch …
Ich fand eigentlich nicht, dass wir da ein Problem hatten. Jakob Busk und Daniel Mesenhöler sind sehr gute Zweitliga-Torhüter. Es ist eher so, dass Rafal Gikiewicz in die erste Liga gehört. Der ist in der Tat ein ganz erstaunlicher Typ.

Wen würdest Du als die Fixpunkte im Spiel von Union bezeichnen und was ist mit dem abgesetzten Mannschaftskapitän Felix Kroos?
Ich störe mich etwas an dem Wort abgesetzt. Ich halte Felix Kroos für einen technisch sehr feinen Spieler. Bei Urs Fischer wird auf den meisten Positionen rotiert, und Felix´ Position gehört dazu. Als Kapitän möchtest Du aber jemanden, der immer spielt. Christopher Trimmel als Kapitän halte ich für eine gute und pragmatische Lösung, die ich aber nicht als Herabstufung von Felix Kroos verstanden habe.
Schwer zu beantworten ist der erste Teil der Frage, denn aktuell gibt es bei uns nicht den einen Spieler, ohne den nichts geht. Torsten Mattuschka war so jemand. Der durfte nie nicht spielen. So sehr ich Tusche liebe, bin ich doch froh, dass das jetzt anders ist. Wenn Sebastian Polter nicht kann, kümmern sich Joshua Mees oder Sebastian Andersson um Tore, und wenn die alle unpässlich sind, erledigt´s Grischa Prömel aus der zweiten Reihe. Wenn Felix Kroos nicht spielt, ist Robert Zulj da, wenn Akaki Gogia raus muss, ist Platz für Marcel Hartel. Und wenn nichts mehr geht, zieht halt Micha Parensen sein Superheldencape an. Das Team ist extrem flexibel geworden. Darin liegt aktuell unsere größte Stärke.

Die Lilien dürften am Samstag gewohnt tief und kompakt stehen. Welche Taktik gibt Urs Fischer seinem Team gegen einen solchen Gegner für gewöhnlich mit auf den Weg, erst recht zuhause?
Das ist die einzige Frage, die ich lieber an Daniel von Eiserne Ketten weiterreichen möchte, der dafür ganz sicher Vorschläge hat. (Anm. d. Red.: Zum Taktikblog über den 1. FC Union geht’s hier lang: KLICK) Meine These ist: Gegen genau solche Gegner tun wir uns wahnsinnig schwer, das habe ich bisher noch kein einziges Mal funktionieren sehen. Kommt meistens ein 0:0 bei raus.

Das habe ich in unserem Podcast am Montag tatsächlich auch getippt, wobei da ein wenig der Wunsch der Vater des Gedanken ist. 😉 Abschließende Frage: Bei uns rollen demnächst die Bagger, um das Bölle auf Zweitliganiveau zu heben. Was machen die Ausbaupläne der Alten Försterei?
Bei uns dürfte es noch etwas länger dauern, der Zeithorizont geht Richtung 2020, und ich halte den immer noch für optimistisch. Das liegt vor allem daran, dass es dieses Mal nicht nur um den Stadionausbau an sich geht, darin sind wir ja praktisch Weltmeister. Aber die Infrastruktur um das Stadion herum ist ein Problem, das wir nicht aus eigener Kraft lösen können. Also Behördenbeteiligung, Öffentlichkeitsbeteiligung, Bahnbeteiligung multipliziert mit dem Faktor Berlin – … da können die Baggerfahrer sich erstmal noch paar Stullen schmieren.

Alright. Steffi, herzlichen Dank für Deine Antworten.


Auf die Ohren

Tusch, Trommelwirbel, Törööö: Am Montag gab’s in unserem kleinen Familien-Podcast etwas zu feiern. Wir brachten Folge Nummer 98 unter Dach und Fach. Dabei besprachen wir zunächst pflichtschuldig das Spiel gegen den 1. FC Köln. Noch viel wichtiger war allerdings, dass uns Lilien-Präsident Rüdiger Fritsch über eine Stunde lang Rede und Antwort stand. Und der gute Mann hatte so einiges zu erzählen. Hört rein: KLICK


Jung & …

Die U19 setzte sich in der Hessenliga am Sonntag gegen die TS Ober-Roden mit 2:0 durch. Nach dieser Pflichtaufgabe kam es am Mittwochabend zu einem fast schon vorentscheidenden Duell beim Tabellenführer Kickers Offenbach. Im Nachholspiel konnten die Junglilien ihrem Kontrahenten in 0:0 abtrotzen und wahrten so bei vier Punkten Rückstand ihre Aufstiegschancen. Am Samstag geht’s zum nächsten schweren Brocken: Die SVD-Jungs müssen zum punktgleichen Zweitplatzierten nach Wehen-Wiesbaden. Die U17 kehrte als Klassenprimus der Hessenliga mit einem Auswärtserfolg aus Gießen zurück. Der SVD machte es gegen den letztplatzierten FC allerdings unnötig spannend und siegte letztlich nur knapp mit 1:2. Am kommenden Wochenende muss die U17 zum Rückrundenauftakt erneut auswärts ran. Dann bei den Altersgenossen des FSV Frankfurt, die in der Hinrunde mit 5:2 besiegt werden konnten. Die U15 bestritt in der Regionalliga Süd bereits am vergangenen Wochenende das erste Spiel der Rückrunde. Gegen die Stuttgarter Kickers behielten die Junglilien mit 2:1 die Oberhand und überwintern auf einem guten 5. Tabellenplatz. Nach starkem Saisonauftakt und zwischenzeitlicher Flaute punktete die U15 in den letzten drei Partien gegen Freiburg, Hoffenheim und nun die Kickers aus Stuttgart wieder fleißig.

… verliehen

Jamie Maclaren lief nach der Rückkehr von der australischen Nationalmannschaft von Beginn an für die Hibs aus Edinburgh auf. Während seiner 59-minütigen Einsatzzeit erarbeitete er sich ein paar Chancen und traf auch, allerdings nicht regelkonform. Das 2:2 gegen den Tabellenletzten aus Dundee hilft dem Hauptstadtklub in der Liga nicht sonderlich weiter. Julian von Haacke bekleidete in Liga 3 für den SV Meppen wie gewohnt die Sechserposition. Dabei wirkte er wieder über die volle Spielzeit mit, konnte aber auch nicht mithelfen die 1:0-Führung in Zwickau über die Zeit zu retten. Am Ende stand es 1:1. Romuald Lacazette (1860 München) musste für die Partie beim Karlsruher SC passen. Der Franzose hatte sich am Samstag krank abgemeldet .

In der Regionalliga Bayern spielte Silas Zehnder bei der 2:3-Niederlage von Viktoria Aschaffenburg gegen das Schlusslicht aus Heimstetten durch. Dabei profitierte er von der Personalmisere der Unterfranken, die in der Defensive zahlreiche verletzte und gesperrte Spieler zu beklagen hatten. Die Niederlage vom Wochenende bedeutet, dass das Polster der Viktoria auf die Abstiegszone kleiner geworden ist. Im Kellerduell von Zyperns First Division empfing Patrick Banggaard mit AE Pafos den Gast aus Paralimni. Der Däne verteidigte in der Multikulti-Truppe wie üblich über 90 Minuten und half den wichtigen 1:0-Sieg zu sichern.

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