Spieltag für Spieltag benotet der kicker die Leistung der über weite Strecken der Partien eingesetzten Spieler. Am Saisonende ergibt sich daraus für jeden Bundesliga-Klub ein Durchschnittswert. Klar, über Noten lässt sich trefflich streiten, und doch können sie ein Indikator dafür sein, welches Team bei seinen Auftritten über die gesamte Spielzeit eher überzeugte als andere. Noch aussagekräftiger wird das Ganze, wenn man den von mir so benannten Diskrepanzwert betrachtet, den ich erstmals vor vier Jahren aus der Taufe gehoben habe [2013/14, 2012/13, 2011/12, keine Erhebung für 2014/15]. Heraus kommen vier Teams, die deutlich besser abschnitten als es deren Leistungen nahelegten und ein hadernder Effzeh:
Legt man die Abschlusstabelle (in der Grafik links) neben die Tabelle, die aus dem kicker-Notenranking resultiert (in der Grafik rechts), dann liegen 2015/16 die meisten Teams (11 von 18) nicht mehr als zwei Plätze auseinander. Eine solch minimale Veränderung kann sich auch erst am letzten Spieltag ergeben. Deshalb finde ich es sinnvoller, den Diskrepanzwert zu betrachten, den ich für mich als Gradmesser entwickelt habe. Er ist aussagekräftiger dafür, ob die Leistungen im Saisonverlauf mit der Abschlussplatzierung übereinstimmen, besser oder eben schlechter waren.
Der Diskrepanzwert: ein Rechenbeispiel
Der Diskrepanzwert betrachtet dabei die Punktdifferenz zwischen der tatsächlich erreichten Punktzahl eines Teams A und der Punktzahl eines Teams B, das auf dem Platz rangiert, den Team A im kicker-Ranking einnimmt. Im aktuellen Fall benotete das Fachmagazin Bayer Leverkusen auf Rang 5, während der Klub in der Abschlusstabelle Dritter wurde. Leverkusen erzielte insgesamt 60 Punkte. Das fünftplatzierte Schalke 52. Das ergibt eine „Diskrepanz“ von acht Punkten, mithin von nahezu drei Siegen (16,6 %), was bei insgesamt 18 Bayer-Siegen durchaus nennenswert ist.
Der Effzeh am meisten unter Wert geschlagen
Die erst im letzten Saisonviertel stark auftrumpfenden Leverkusener dürften in den Augen der kicker-Auguren folglich nur in der Europa League antreten, während Borussia Mönchengladbach an seine Stelle treten würde und auch der 1. FSV Mainz 05 mit seinen Leistungen Champions-League-verdächtig auftrat. Die größte Diskrepanz zu seinen Ungunsten hat der 1. FC Köln zu beklagen. Der Effzeh beendete die Saison auf Rang 9 mit 43 Punkten. Laut kicker-Noten hätten die Leistungen Platz 6 hergegeben, den Mainz in der tatsächlichen Tabelle mit 50 Punkten einnimmt. So gesehen ergibt sich also eine Abweichung von sieben Zählern.
Auf Platz 9 treffen sich Schalke, Darmstadt und Hoffenheim
Während die Hertha in beiden Tabellen übereinstimmend Rang 7 einnimmt, wären beim kicker die – auch in meiner subjektiven Wahrnehmung – enttäuschenden Knappen aus Gelsenkirchen mit kicker-Position 9 doch recht deutlich aus den internationalen Plätzen gepurzelt. Neun Zähler stellen den größten Diskrepanzwert aller Klubs in der abgelaufenen Spielzeit dar. Obendrein teilen sich die Königsblauen ihren kicker-Rang mit den Lilien aus Darmstadt (fünf Diskrepanzpunkte zu ihren Ungunsten) und den „Nagelsmännern“ aus Hoffenheim (sechs Diskrepanzpunkte zu ihren Ungunsten), die beide erst am vorletzten Spieltag den Klassenerhalt sicherstellten.
Subjektive Betrachtungen dürften bei kicker-Noten einfließen
An S04 und den 98ern lässt sich meines Erachtens aber zugleich ablesen, dass die kicker-Redakteure vermutlich eine unterschiedliche Ausgangsbasis bei ihren Benotungen einfließen lassen. Hier das ebenso junge wie hoch veranlagte Schalke, das über die gesamte Saison gesehen sein Potential zu selten abrief. Dort die 98er, die als ausgemachter Absteiger Nummer 1 zwar keinen Schönheitspreis gewannen, aber im Rahmen Ihrer Möglichkeiten fast immer zu überzeugen wussten oder gar über sich hinauswuchsen. Gleichwohl spricht eine Statistik für die gute kicker-Benotung der Lilien. Satte 29 Punkte ließ der Aufsteiger noch nach einer Führung im Saisonverlauf liegen. Ohne zahlreiche Last-Minute-Gegentore, hätten die Südhessen mit Leichtigkeit in die vom kicker für möglich gehaltenen Regionen vorstoßen können.
Ein anderes Tabellenende
Krasse Ausreißer stellen bei der Gegenüberstellung beider Tabellen Wolfsburg und – traditionell – der Hamburger SV dar. Beide schnitten demnach deutlich zu gut ab. Die Wölfe finden sich bei den Redakteuren abgeschlagen auf Position 14 wieder. Ein Zeichen, dass der letztjährige Vizemeister allzu oft enttäuschte und obendrein eine haarsträubende Rückrunde spielte. Den HSV benotete das Fachmagazin gar auf den vorletzten Tabellenplatz. Dort beendete bekanntlich der VfB Stuttgart mit 33 Punkten die Runde. Der HSV hatte auf Platz zehn acht Punkte mehr eingeheimst, als ihm überspitzt gesagt zugestanden hätten. Stattdessen hätten sich die Schwaben laut kicker auf den Relegationsrang retten können, denkbar knapp hinter der Eintracht, die sich stattdessen heute und am Montag mit dem Club aus Nürnberg in der Relegation duellieren muss.
Im Endeffekt bleibt der Diskrepanzwert eine schöne Spielerei, die aber beim Blick auf die abgelaufene Spielzeit dennoch eine Ahnung (oder Bestätigung) davon gibt, wer unter Wert geschlagen wurde und wer deutlich über seiner gezeigten Leistung zugeschlagen hatte.
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Entweder schnitten die Teams deutlich zu gut ab ODER sie wurden deutlich zu schlecht bewertet.
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