Insider im Gespräch über … Patric Pfeiffer (#5)

Patric Pfeiffer heißt Sommerneuzugang Nummer 7 beim SVD. Der beim Hamburger Sportverein ausgebildete Innenverteidiger ist erst 19 Jahre, stellt mit 1,96 m und 91 kg aber schon eine ordentliche Kante dar. Carsten Wehlmann, Sportlicher Leiter bei den 98ern, beschreibt den mehrfachen Juniorennationalspieler als hochtalentiert, er solle sich bei den Lilien aber noch weiterentwickeln und verbessern. Jörg, HSV-Fan und intensiver Beobachter des U21-Teams, kann einschätzen, wie sich Pfeiffer in der vergangenen Saison in der Regionalliga-Mannschaft der Rothosen geschlagen hat. Zudem bloggt er über den HSV und den Fußball im Norden. Zuletzt hat er zudem ein Podcast-Projekt gestartet.

Jörg, der HSV gibt ein weiteres Talent ab. Ärgert es dich ein wenig, dass Patric Pfeiffer im letzten Jahr keine Chance erhalten hat, sich bei den Profis in der 2. Bundesliga zu beweisen, und dass er jetzt sogar geht?
Nein, es ärgert mich nicht, dass er in der abgelaufenen Saison keine Chance bekommen hat. Er hat sich aus meiner Sicht nicht derart in den Vordergrund gespielt und aufgedrängt. Die Konkurrenz mit David Bates, Rick van Drongelen, Leo Lacroix und dann Gideon Jung sowie dem jungen Jonas David als Alternative hatte da die Nase vorn.

Und selbst die waren – aus der Ferne betrachtet – alles andere als sattelfest.
Patric stagnierte jedenfalls ein wenig in seiner Entwicklung, was allerdings auf eigentlich alle Spieler in der diesjährigen U21 zutraf. Leider. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Diese hier explizit aufzuführen, würde den Rahmen unseres Insidergesprächs sprengen. Daher nur so viel: Die Personalpolitik zu Beginn der Saison unter Trainer Titz (Training bei den Profis, Einsätze in der Zwoten, Gefühl der Degradierung, Leere, Motivationsprobleme) gepaart mit einem unerfahrenen U21-Trainer Weiß, der teilweise nicht einmal elf Spieler zum Training hatte und der die so entstandene Gemengelage nicht adäquat sowie erfolgreich moderieren konnte, war „unglücklich“. Entsprechend schlecht waren über weite Strecken der Saison Stimmung, Leistungen und Ergebnisse der Zweitvertretung.

Der HSV hat sich bei Patric Pfeiffer immerhin eine Rückkaufoption gesichert. Das bedeutet, er wird ihn weiter im Auge behalten und traut ihm den Durchbruch im Profifußball zu. Teilst Du meine Interpretation?
Jein. Die Rückkaufoption ist eine Option, die sich der HSV seit Jonas Boldt bei allen abzugebenden ‚Talenten‘, also Nachwuchsspielern mit Lizenzspielerverträgen, sichert. Inwieweit man diese Spieler künftig weiter im Auge behalten wird, zu nennen wäre neben Pfeiffer noch Keeper Morten Behrens, der zum FCM gewechselt ist, weiß ich nicht. Bisher hat man dies beim HSV noch nicht einmal mit verliehenen Spielern hinbekommen, so dass ich da meine grundsätzlichen Zweifel habe. Sollten die Spieler aber einschlagen und signifikante Marktwertsteigerungen erfahren, wird man ganz sicher hellhörig werden. Ausgeschlossen ist das ja nicht.
Grundsätzlich hat man einem Patric Pfeiffer den Durchbruch zugetraut, sonst hätte man ihm keinen Profivertrag gegeben. Durchbruch und erfolgreiche Nachwuchsarbeit bedeutet im Endeffekt: Einsatz im bezahlten Profifußball. Mit anderen Worten, die 3. Liga ist bereits ein Erfolg und zugleich in der Regel Endstation für das Gros der Talente.

Du hast Boldt eben schon angesprochen. Glaubst Du, dass bei dem Transfer von Pfeiffer der Wechsel von Becker und Wolf hin zu Boldt und Hecking eine Rolle gespielt haben dürfte?
Ja, der Wechsel in der sportlichen Führung bedeutet auch einen klaren Kurswechsel. Zumindest nach allem was bisher verlautbart wurde. Dazu zählen die geplante drastische Verkleinerung der Trainingsgruppe auf 20 Feldspieler und 3 Torhüter sowie die Verpflichtung älterer und gestandener Spieler plus diverse Veränderungen im Nachwuchsbereich. All dies schmälert künftig die Einsatzchancen für die Nachwuchsspieler, so dass sich viele Spieler entscheiden, ihr Glück in anderen Vereinen zu suchen.

Dann lass uns doch konkret über Patric Pfeiffer sprechen: Was kommt Dir als erstes in den Sinn, wenn Du an seine Leistungen im Regionalligateam denkst?
Ganz spontan und nicht endgültig bewertend: Kapitale Böcke, die zu Gegentreffern und Niederlagen führten. Wobei Patric Pfeiffer das beim HSV in der letzten Saison nicht exklusiv hatte.

Aber war er für dich dennoch ein Leistungsträger?
Ja, trotz der gelegentlichen Böcke, darf und muss man Pfeiffer als Leistungsträger in der letztjährigen U21 bezeichnen. In seinem ersten Jahr im Männerfußball (in der Vorsaison hatte er als U19-Spieler bereits einen Einsatz in der Regionalliga und eine weitere Kadernominierung) ist Patric von Anfang an Stammspieler und auf der Position des linken Innenverteidigers quasi konkurrenzlos gewesen. Er hat insgesamt 22 Spiele absolviert, davon bis auf drei Spiele alle über die volle Distanz. Nach dem fünften Spieltag musste er aufgrund einer Schulterverletzung für – ich glaube – zehn Spiele pausieren, ein weiteres kam aufgrund eines Platzverweises hinzu.

Er hat auch zwei Tore erzielt. Liege ich richtig, wenn er diese nach Standards per Kopf erzielt hat?
Da liegst Du wohl richtig. Es ist in der Tat so, dass Patric bei Freistoßsituationen in Strafraumnähe sowie bei Eckbällen gerne mit nach vorne geht und dort auch immer für Gefahr sorgt.

Was zählst Du zu den Stärken in seinem Spiel und wo muss er noch dazulernen?
Wie eben erwähnt, die Stärke bei eigenen Standards. Sie hat natürlich auch eine Menge mit seiner Größe und seiner Physis zu tun. Ansonsten ist Patric natürlich ein junger Spieler, der sich noch in allen Bereichen verbessern muss, aber – und das dürfte für euch besonders interessant sein – auch verbessern kann. Er wirkt bereits ziemlich abgeklärt, verfügt darüber hinaus über ein gutes Auge und eine ansprechende Antizipation. Von der Motorik wirkt es allerdings manchmal etwas schlaksig und staksig. Ein Vorteil – und damit natürlich eine Stärke – ist sicherlich seine Beidfüßigkeit.

Grammozis lässt gerne von hinten heraus kombinieren. Wie bewertest Du sein Aufbauspiel und generell sein Spiel mit dem Ball?
Wie gesagt, im Aufbauspiel gab es den einen oder anderen kapitalen Bock. Derartige Fehler sollten bei einer Mannschaft, die sich besser in den Räumen bewegt allerdings seltener ausfallen. Denn grundsätzlich verfügt Patric über ein solides Kurzpassspiel im Aufbau. Kommt Gegnerdruck hinzu, dann ist das natürlich immer ein Problem, zumindest, wenn es über das einfache Anlaufen hinaus zum Doppeln oder Trippeln kommt. Seine langen Bälle, sowie das Spiel mit dem Ball sind okay. Patric verfügt über eine ordentliche Technik. Wenn man ihn noch als Talent bewertet, sogar über eine gute bis sehr gute. Aber er ist eben kein Dribbelkünstler.

Ist er ein schneller Verteidiger?
Tja, was das Tempo anbelangt … also ich würde ihn nicht als langsamen Verteidiger bezeichnen. Aber ein Sprinter ist er auch nicht wirklich. Gegen richtig schnelle Leute und bei Tempogegenstößen kann es durchaus mal Probleme geben. Aus einem derartigen Gegenstoß resultierte auch der oben angesprochene Platzverweis.

Mit Mathias Wittek und Immanuel Höhn haben wir derzeit zwei erfahrene Innenverteidiger. Pfeiffer ist also in der Angreiferrolle. Könnte er im Zweifel auch auf anderen Positionen aushelfen?
Bei der U21 des HSV hat Patric in meiner Erinnerung ausschließlich auf der Innenverteidigerposition agiert, in der Regel auf links. In der A-Junioren Bundesliga hat er allerdings auch häufiger als linker Verteidiger agiert und einige Spiele im linken Mittelfeld absolviert. Ja, ich denke deshalb, dass Pfeiffer durchaus flexibel einsetzbar ist.
Wie Du gesagt hast, ist er momentan in einer Herausfordererposition. Aus meiner Sicht ist seine Verpflichtung aber nicht unbedingt als Soforthilfe gedacht, sondern eher perspektivisch zu betrachten und da habt ihr euch einen interessanten Mann geangelt. Obschon ich die Einschätzung von Carsten Wehlmann mit ‚hochtalentiert‘ nicht ganz teile – für das oberste Regal reicht es aus meiner Sicht nicht -, kommt mit Patric Pfeiffer ein Mann mit Potenzial ans Böllenfalltor, der gerade bei Dimi Grammozis gut aufgehoben sein dürfte.

Das stimmt, schließlich haben es in Bochum drei seiner U19-Schützlinge schon im letzten Jahr zu Zweitligaspielern gebracht.
Ich denke, der Wechsel ist jetzt genau das richtige für Patric Pfeiffer. Ihr dürft euch auf einen zwar introvertierten – denn er könnte gerne ein wenig mehr aus sich herausgehen und auf dem Platz lauter werden -, aber klar denkenden und handelnden Sportsmann freuen. Das abgedroschene ‚charakterlich einwandfreier Typ‘ muss ich somit gar nicht gebrauchen. So bleibt mir nur, ihm und euch viel Erfolg und Glück zu wünschen. Würde mich für beide sehr freuen.

Sehr schön. Herzlichen Dank, Jörg, für Deine Einschätzungen zu Patric Pfeiffer.
Sehr gerne. Danke auch für die Einladung zum Gespräch 😉


Bisherige Insider-Interviews zu den Sommerneuzugängen: