Insider im Gespräch über … Mandela Egbo (#2)

Die erste Personalie, die auf das Duo Dimitrios Grammozis/Carsten Wehlmann zurückzuführen ist, ist seit Dienstag fix. Der 21-jährige Engländer Mandela Egbo heuert zur kommenden Saison nach vier Jahren in Mönchengladbach beim SVD an. Dem ehemaligen englischen Juniorennationalspieler blieb bei den Rheinländern der Durchbruch im Profikader verwehrt, weshalb er reichlich Erfahrung in der Regionalliga West sammelte. Sein Sprung zu den Lilien beschert ihm nun immerhin einen Kaderplatz bei einem Zweitligisten. Wie der Außenverteidiger einzuschätzen ist, das frage ich gleich zwei Gladbach-Fans mit Podcaster- und Blogger-Background: Yvonne von FRÜF und Jonas von schwarzweissgruen.de kennen sich bei der zweiten Mannschaft der Fohlen aus.

Yvonne und Jonas, Mandela Egbo kam 2015 als noch nicht ganz 18-Jähriger aus London nach Gladbach. Vier Jahre später hat er einige Kadernominierungen und einen Kurzeinsatz für das Bundesligateam vorzuweisen. Ansonsten war die Regionalliga West sein zuhause. Sagen wir es einmal so: Wenn ein junger Kicker vier Jahre von der Borussia gehalten wird, dann bringt er eine gewisse Qualität mit. Richtig?
Jonas: Richtig. Er ist ein offensiv-denkender Rechtsverteidiger, der in diesem Bereich viele Qualitäten mitbringt.
Yvonne: Ich sehe es auch so, dass man bei ihm von einer gewissen Qualität sprechen kann. Egbo wurde immerhin 2014 Europameister mit Englands U17 und hat bereits mit 15 in der U18 von Crystal Palace debütiert. 2017/18 gehörte er immerhin achtmal zum Kader der Gladbacher Profis – auch wenn er da nur das von Dir erwähnte eine Mal zum Einsatz kam. In der Regionalliga spielte er sehr regelmäßig und kam dort auf drei Tore und fünf Assists.

Warum hat es dann mit einem Sprung zu den Profis nicht geklappt?
Yvonne:
Die Konkurrenz ist schon seit einigen Jahren sehr groß und gerade defensiv hat Gladbach einige „große“ Namen auf dem Papier. Für einen jungen Spieler wie Egbo, der neu in die Bundesliga kommt, ist das ein ziemlich großer Schritt. Da machen sich dann auch seine Schwächen im Stellungsspiel etwas bemerkbar. 
Jonas:
Ein Außenverteidiger muss nun einmal auch verteidigen können. Ich durfte ihn einige Male in der Regionalliga spielen sehen. Es fehlt ihm meiner Meinung nach die notwendige Robustheit (vor allem in der Luft), das von Yvonne erwähnte Stellungsspiel, und die Ruhe am Ball, um Situationen stets souverän klären zu können.

Wisst ihr, ob er immer mal wieder mit den Profis trainiert hat? Auch und gerade in der vergangenen Saison oder im Trainingslager?
Jonas: Er hat schon häufiger mit den Profis mittrainiert, vor allem als die Personallage in der vergangenen Saison kritischer war. Im Sommer 2018 war er im Trainingslager mit dabei.
Yvonne: Wenn ich in der letzten Saison beim Training war, habe ich ihn bei den Profis nicht mittrainieren sehen. Allerdings hat er dort, gerade als er nach Gladbach kam, regelmäßig mitmachen dürfen.

Der Sprung von der Regionalliga in die 2. Bundesliga ist nicht gerade klein. Traut ihr ihm zu, sich auf diesem Niveau durchzusetzen?
Yvonne: Der Schritt in die 1. Bundesliga war für ihn vielleicht noch zu groß, aber die 2. Bundesliga ist der nächste logische Schritt. Ich traue ihm durchaus zu, dass er sich sehr schnell an die Spielweise anpasst und schon bald auf sich aufmerksam machen kann. Ich sehe bei ihm sehr viel Potenzial.
Jonas: Auch ich traue es ihm definitiv zu. Ich würde ihm aber eine gewisse Anlaufzeit geben, weil der Sprung dann doch relativ groß ist.

Die Lilien stellten ihn als Rechtsverteidiger vor. Das heißt er wird sich mit „unserem“ Patrick Herrmann messen müssen. Herrmann hat in der Defensive sein Stärken, wirkt phasenweise wie ein Terrier und packt auch schon mal die – zugegebenermaßen gut getimte – Grätsche aus. Nach vorne, im Passspiel und manchmal auch im Stellungsspiel hat er aber Defizite. Wo hat Egbo seine Stärken?
Jonas: Für mich könnte Mandela Egbo tatsächlich das Gegenstück zu Patrick Herrmann sein. Er kommt nämlich über die spielerische Komponente, geht gerne ins Tempo und sucht im Kurzpassspiel oder im Dribbling den Weg zum Tor. Seine Hereingaben in den Strafraum sind auch zumeist gefährlich.
Yvonne: Ich sehe vor allem seinen Vorteil in der Flexibilität. Meiner Meinung nach kann er auf beiden Seiten gleichermaßen gut verteidigen. Seine Fußballerkarriere startete Egbo als Stürmer und er sagt von sich selbst, dass er „noch immer das Auge eines Stürmers“ habe. Dadurch bringt er natürlich viele Offensivimpulse mit sich. Sein Antritt und seine Geschwindigkeit helfen ihm dabei natürlich sehr.

Ihr hattet vorhin schon einige Defizite erwähnt. Wo genau müsste er für euren Geschmack noch zulegen?
Jonas:Ich denke, er muss sich unbedingt in seinem Abwehrverhalten verbessern. In der Regionalliga konnte er sich oft physisch kaum gegen wuchtige Gegenspieler wehren. In der 2. Bundesliga wird aber denke ich genau so etwas erwartet.
Yvonne:
Was seine Robustheit anbetrifft, da sehe ich persönlich ihn gar nicht mal so schlecht. Aber da darf man natürlich geteilter Meinung sein. Zulegen darf er hingegen – wie schon gesagt – bei seinem Stellungsspiel. Auch im generellen Spielverständnis und bei der ein oder anderen Flanke zeigt er für mich hin und wieder ein paar Schwächen. Ich bin mir aber sicher, dass er diese Defizite sehr gut in den Griff kriegen wird, da er permanent an sich arbeitet.

Würdet ihr ihn als einen modernen Außenverteidiger bezeichnen?
Yvonne: Das hängt ja immer auch ein Stück weit davon ab, wie man „modern“ definiert. Was seine Offensivarbeit angeht, würde ich sagen auf jeden Fall. Er arbeitet sehr viel nach vorne, hat aber defensiv leichte Schwächen (z. B. das erwähnte Stellungsspiel). Beeindruckende Spieleröffnungen sind aufgrund der Defizite im Spielverständnis
von ihm deshalb (noch) nicht zu erwarten.
Jonas: In der Offensive schon. Es ist ihm anzumerken, dass er die englische Fußballschule durchlaufen hat, die zuletzt einige starke Talente hervorgebracht hat. Athletisch, antrittsstark, technisch und spielerisch auf einem hohen Niveau – aber es fehlt ihm eben die defensive Komponente.

Traut ihr ihm auch zu, auf einer anderen Position spielen zu können?
Jonas: Ich denke es hat sich bei mir bereits rauslesen lassen: Mandela Egbo könnte auch den Rechtsaußen geben.
Yvonne: Wie schon erwähnt, verteidigt er auf beiden Seiten gleichermaßen gut und hat das des Öfteren unter Beweis gestellt. Da Gladbach ja generell einen gewissen Wert auf Polyvalenz der Spieler legt, würde es mich bei Egbo auch nicht wundern, wenn er in absehbarer Zeit einen zuverlässigen Innenverteidiger abgeben würde. Aufgrund seiner Stürmervergangenheit gibt es da aber sicherlich auch noch andere Optionen. Beim Gladbacher Testspiel gegen Wegberg-Beeck zum Beispiel spielte er als vorgezogener Rechtsverteidiger im 3-5-2 System.

In einem Interview aus dem letzten Jahr in der Rheinischen Post konnte man den Eindruck kriegen, Egbo sei ein ehrgeiziger und wissbegieriger Spieler. Teilt ihr diesen Eindruck?
Yvonne: Auf jeden Fall! Als er nach Gladbach kam, riss er sich eine Sehne. Allerdings sagt er selbst, dass er seine Verletzung niemals als Ausrede für irgendwas gelten lassen würde, denn das wäre ihm zu einfach.
Jonas: Er wirkt auch in anderen Interviews ziemlich reflektiert, und er ist – untypisch für einen Engländer – ziemlich offen für das Abenteuer Deutschland. Ich hatte nie das Gefühl, dass er seine Situation über- oder unterschätzt. Er hat immer an sich gearbeitet und gehofft, dass er einmal den Durchbruch schafft. Jetzt ist er in die 2. Bundesliga gewechselt, und da wünsche ich ihm den größtmöglichen Erfolg.

Letzte Frage: Wie schätzt ihr seinen Charakter ein?
Yvonne: Mandela Egbo ist ein sehr bodenständiger Mensch, der sich und seine Situation immer sehr realistisch eingeschätzt hat und beim Team immer sehr beliebt war.
Jonas: Er ist ein offener, freundlicher und respektvoller Mensch. Er ist einfach nicht auf den Kopf gefallen, siehe seine Interviews. Wenn man ihm auf Instagram oder Twitter folgt, dann fällt schnell auf, dass er sich mit vielen (auch ehemaligen) Mannschaftskollegen sehr gut versteht. Mit seinem Abschied von Borussia hat er keine Sympathiepunkte verloren.

Yvonne, Jonas, herzlichen Dank euch beiden für eure individuellen Einschätzungen zu Mandela Egbo. Da dürfen wir uns wohl auf einen ehrgeizigen jungen Spieler mit Offensivdrang freuen.


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