Benjamin Goller kommt leihweise zum SVD. Der 22-Jährige Flügelspieler kennt die 2. Bundesliga aufgrund seiner letztjährigen Spielzeit beim Karlsruher SC. Sein Stammverein ist allerdings Werder Bremen, der ihm einen weiteren Reifeprozess bei einem anderen Klub gönnen will. Der gebürtige Württemberger wurde bei den Stuttgarter Kickers und in der Schalker Knappenschmiede ausgebildet. Seinen zehn Bundesliga-Einsätzen für Werder fügte er in Karlsruhe 27 Partien im Unterhaus hinzu. Im Verlauf der letzten Saison durfte er bei den Badenern als Stammkraft gelten. Ich befrage Jörn zu Goller. Er ist jahrzehntelanger KSC-Fan und hat mehrere Jahre in der Medienabteilung des FC St. Pauli gearbeitet hat.
Jörn, der KSC hätte die Leihe mit Benjamin Goller gerne verlängert, nun kommt er nach Darmstadt. Als ich dich für unser Gespräch angefragt habe, hast Du gleich geschrieben „Guter Mann“. Was kann er einem Spiel geben?
Unruhe! Und das meine ich durchweg positiv. Mit und gegen den Ball sorgt er beim Gegner für Stress. Man könnte allerdings auch das Wort „Dynamik“ verwenden.
Gehen wir doch mal ins Detail: Goller ist Außenspieler. Die sollten schnell, durchsetzungsfähig, aber auch technisch versiert sein. Wie schneidet Goller für dich in diesen Kategorien ab?
Grundsätzlich sehr gut! Goller ist definitiv schnell und dribbelfreudig. Wenn er einmal im Flow ist, kann man ihn nur schwer stoppen.
KSC-Sportchef Oliver Kreuzer hob einmal Gollers Anlaufverhalten hervor. Du hast eingangs den Stress genannt, den er bei den Gegnern verursacht. Pressing kann er also?
Ja, da muss ich meinem Namensvetter absolut recht geben. Das Anlaufverhalten fand ich letzte Saison immer sehr gut. Das ging schon am ersten Spieltag in Hannover mit einem „Aha“-Erlebnis los. Unser KSC läuft den Gegner auswärts früh an. Wow. Das hatte ich schon länger nicht mehr erlebt. Bei der Defensivarbeit in der eigenen Hälfte hat er aber noch ein bisschen Luft nach oben.
Das Portal „whoscored“ vermerkt, dass Goller oft gefoult werde. Der KSC war in der letzten Saison stark bei Standards. Waren die Fouls an Goller häufiger Ausgangspunkt für aussichtsreiche Freistöße?
Definitiv. Und ich finde es schön, dass eine Statistik meinen subjektiven Eindruck bestätigt. Benni hat gefühlt in jedem Spiel eine Gelbe Karte bzw. Freistöße gezogen. Gut erinnere mich an den 19. Spieltag. Auswärtsspiel in Bochum. Da musste Maxim Leitsch schon nach 15 Minuten „hinlangen“ und hat den Gelben Karton gesehen. Generell fand ich es gut, dass Goller in den Spielen immer wieder das Dribbling gesucht hat, mutig geblieben ist. Das hat vielleicht in der einen oder anderen Situation nicht geklappt, aber sehr oft wussten sich die Gegenspieler dann nur mit Foul zu helfen.
Wo ist er dahingegen weniger gut?
Jetzt kommt ein Klassiker bei einem jungen Spieler: Generell würde ihm noch ein bisschen Abgeklärtheit guttun, aber die kommt ja automatisch mit der Erfahrung. Manchmal war er vor allem im Strafraum zu überhastet. Da hätte es bessere Lösungen gegeben. Außerdem müsste er vielleicht noch ein bisschen robuster werden, dann werden auch die Spiele weniger, in denen er gar nicht groß aufgefallen ist. Aber Leistungsschwankungen sind bei einem jungen Spieler völlig normal. Und an den Dingen, die ich hier anspreche, kann man gut arbeiten: Benni Goller ist sehr lernwillig und hat offensichtlich viel angenommen, was ihm Trainer Christian Eichner mitgegeben hat, gerade im Bezug auf seine mutige Spielweise. Er hat großes Potential, das er letzte Saison schon sehr oft zeigen konnte.
War Goller für dich somit ein wesentlicher Faktor für die alles in allem positive Saison beim KSC?
Voll! Grundsätzlich war aber bei uns die Mannschaft der Star bzw. das System. Und da hat Benni super reingepasst. Eiche hatte vor der letzten Saison gesagt, dass er vor allem über die Außenbahnen mehr Tempo haben wolle. Dieser Wunsch wurde ihm u.a. mit Goller erfüllt. Er hat super zu Eiches Philosophie beim Spiel gegen den Ball gepasst. Auch offensiv mit Ball hat man oft eine Idee gesehen. Hofmann hat sich viel tiefer ins Mittelfeld fallen lassen, den Innenverteidiger mitgezogen und dadurch Räume aufgemacht, die Goller nach Hofis Ablage mit seinem Speed oft nutzen konnte.
Wie bewertest Du es, dass Bremen Goller keine Chance gibt, sondern ihn zu einem weiteren Zweitligist und damit auch Ligakontrahenten verleiht?
Mich wundert vor allem der Zeitpunkt. An Markus Anfangs Stelle hätte ich mir Goller noch ein bisschen länger angeschaut, bevor ich ihn nochmal verleihe. Werder war da aber sehr klar. Vielleicht will man ihm wirklich möglichst viel Spielzeit gönnen, die er an der Weser wohl nicht unbedingt bekommen hätte.
Letzte Frage: Hast Du eine bestimmte Begebenheit vor Augen, wenn Du an Gollers letzte Saison beim KSC denkst?
Beim Heimspiel gegen Fürth war der KSC keineswegs die bessere Mannschaft. Trotzdem stand es zur Halbzeit 2:2, weil uns das Kleeblatt zwei Tore geschenkt hat. Einmal versprang Keeper Burchert der Ball, beim anderen Mal spielten die Fürther unseren Jungs die Kugel in die Beine. Beide Treffer hat Goller erzielt. Speziell bei diesem Spiel musste ich sehr an Thomas Müller denken. Goller hatte in beiden Situationen ein feines Näschen für die Situation und den Raum. Das kann man nicht lernen, das war purer Fußballinstinkt.
Sauber. Deine Ausführungen machen Lust auf unsere neue Nummer 7. Besten Dank, Jörn!
Insider-Interviews zu den bisherigen Verpflichtungen:
- Mit Robert Laul (Aftonbladet) über Innenverteidiger Thomas Isherwood* (Östersunds FK)
- Mit Anna (Football Radar) über Außenverteidiger Emir Karic (SCR Altach)
- Mit Alex (NurderFCM) über Keeper Morten Behrens (1. FC Magdeburg)
- Mit Jens (Sportjournalist) über Defensivspezialist Jannik Müller (DAC Dunajská Streda)
- Mit Sonja (Journalistin) über Angreifer Phillip Tietz (SV Wehen Wiesbaden)
- Mit Steffen (Journalist) über Außenverteidiger Frank Ronstadt (FC Kickers Würzburg)
- Mit Gerald (Dozent und Buchautor) über Coach Torsten Lieberknecht (vertragslos)
* Winter-Neuzugang, bisher überwiegend verletzt
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